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Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle

Titel: Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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eines alten Stammes erst recht nicht. Er verschwendete selten Gedanken daran; Kampf war natürlich, ebenso wie der Sieg. Aber jetzt fragte er sich, ob es daran lag, dass Jüngere seinem Beispiel folgten.
    Nicht einmal sich selbst hätte Azot erklären können, warum er den Weg immer wieder ging. An diesem Ort fand er Kraft, doch alle Kraft stammte aus ihm selbst und Anda. Es war, als ob sein innerstes Wesen um diesen Ort kreiste, an dem alles begonnen hatte, auch wenn er nicht einmal ahnen konnte, warum.

    Die Dunkelheit rief ihn. Das war es, was er wissen musste. Und es genügte ihm.
    Dort, im Zentrum, schlug das Herz des Landes, und eine Dunkelheit herrschte, die stärker war als an allen anderen Orten. Azot näherte sich ihr. Er konnte sie spüren, lange bevor er die Höhle erreichte. Es lag nicht nur in den Dreeg, im Atem der Welt und ihrem Herzschlag. Er wusste von dem Dunkelgeist, wie die Trolle das Herz nannten. Der Name kam von den Menschen, und er war ebenso schwach wie sie. Unwillig schüttelte Azot das Haupt, so dass seine langen, borstigen Haare über seinen Rücken kratzten. Das Herz war alles, und sein Schlag war das Leben der ursprünglichen Trolle und auch das von Andas Brut. Nur deshalb hatten die Trolle überlebt. Azot war dabei gewesen, einer der Ersten, die Anda zu sich gerufen hatte. Er hatte ihren Sturz gespürt, und selbst heute noch zollte er Pard für diesen Sieg Respekt. Aber noch mehr respektierte er die Stärke Kerrs, auch wenn der Troll weder groß noch ein mächtiger Krieger war. Kerr, damals ein junger Troll, war in die Dunkelheit getreten. Mehr noch, er hatte sie in sich aufgenommen, war weiter gegangen, als es selbst Anda gewagt hatte. Sein Herz hatte den Atem der Welt in sich aufgenommen, und die Echos waren immer noch in ihm zu vernehmen.
    In sich selbst konnte Azot die Macht und den Herzschlag ebenfalls spüren, aber Kerr war mehr als dies. Seine Kraft lag nicht in seinem Leib, sondern in seinem Geist, und Azot würdigte das. Gemeinsam hatten Pard und Kerr Anda besiegt, jeder auf seine Weise, und es war nun an Azot, daraus zu lernen. Als Kerr in den Tagen der Jagd allein hinabgestiegen war, hatte sich Azot seiner erinnert und die anderen aus Andas Brut daran gehindert, ihn zu töten. Kerrs Angst war deutlich zu riechen gewesen, aber er hatte über seine Furcht triumphiert und sein Leben in die Klauen seiner Feinde gelegt. Wieder war der junge Troll
stark gewesen. Und als sie ihn fanden, hatte sein Herz zu ihnen gesprochen und Azot recht gegeben.
    Vor dem Jäger öffnete sich der Gang zu einem senkrechten Schacht, der noch viel weiter in die Tiefe führte und andererseits bis an die Oberfläche reichte. Dort oben war ein Steinhaus der Menschen, wo Anda, Pard und Druan vor langer Zeit die verfluchten Lichtmagier getötet hatten, um das Herz des Landes aus ihrer Macht zu befreien. Die Luft trug einen fernen Geruch von Menschen zu Azot herab. Dort oben hausten wieder Menschen, und dieses Wissen machte ihn wütend. Aber er war nicht ihretwegen gekommen.
    Geschickt packte er die schmalen Vorsprünge, rammte seine Klauen in Spalten und kletterte an der Wand entlang. Es fiel ihm nicht schwer, die wenigen Trollschritt zu überwinden. Alle Trolle waren gute Kletterer, und Azot war keine Ausnahme.
    Unbewusst atmete er flacher, als er das letzte Stück seines Wegs betrat. Ein Dreeg fuhr durch die Welt, so laut und klar, dass Azot beinahe meinte, ihn mit den Ohren hören zu können. Das Herz schlug schneller, und als er in die Höhle trat, erkannte er die wirbelnde Finsternis, die sich aufgeregter als gewohnt bewegte. Bilder kratzten über sein Bewusstsein, Bilder von Krieg, Tod und Schmerz, aber der Troll ertrug sie regungslos. Das Herz sprach zu ihm, wie es vor vielen Dreeg zu Anda gesprochen hatte.
    Es war ein unterschwelliger Gesang von Schmerz und Leid, der keine klare Botschaft enthielt. Das Herz wusste nichts von der Welt, verstand sie nicht; zu sehr war es in seiner eigenen Pein gefangen. Obwohl er den Schmerz teilte, blieb Azot ruhig. Er konnte die Welt verstehen, denn sein Leben war Schmerz. Die ständige Jagd, die endlose Flucht, der ewige Krieg – all dies schwang im Schlag des Herzens mit und fand seinen Widerklang in den Trollen, und besonders in Andas Brut. Sie alle waren Kinder des
Landes, Geschöpfe seines Herzens, aber Anda hatte die ihren näher an den Ursprung von allem zurückgeführt. Sie hatten an Macht gewonnen, an Stärke und an Klarheit, aber sie hatten auch einen

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