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Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle

Titel: Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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begegneten ihnen zahlreiche Menschen, die ebenfalls durch die ängstlichen Rufe geweckt worden waren.
    Der Hof war bereits gefüllt mit Soldaten, Gästen und Burgbewohnern, die teilweise noch in ihren Nachtgewändern hier herausgeeilt waren. Die Menge verteilte sich in kleinen und größeren Gruppen, überall wurde aufgeregt über das Feuer geredet, man sah sich nach Hilfe um oder bot sie an.
    Sobald sie den Hof betrat, konnte Artaynis nun doch den Brand riechen. Die Luft war rauchgeschwängert, und der spätnächtliche Himmel erhellt von der Silhouette des großen Turms, aus dem helle Flammengarben schlugen.
    »Oh ihr Geister, steht uns bei!« Voica schlug eine Hand vor den Mund, als sie die verheerenden Auswirkungen des Feuers erkannte.
    Vor dem Eingang des Turmes bildeten sich allmählich Eimerketten, die Wasser zum Brandherd transportierten.
Die Dyrierin sah, dass sie vor allem auch die umliegenden Gebäude großzügig tränkten, um zu verhindern, dass das Feuer noch auf andere Teile der Burg übergriff. In der Reihe standen Soldaten und Bedienstete Seite an Seite. Sonst mochte es innerhalb der Burggemeinschaft Unterschiede in Rang und Ansehen geben, doch im Angesicht des Feuers wurden alle gleich. In ihrer Heimat wäre es nicht anders, grübelte Artaynis. Vielleicht verbindet die Menschen doch mehr, als sie trennt? Nun, zumindest in der Not. Dieser Gedanke führte sie dazu, dass auch sie helfen konnte. Sie ergriff Voicas Arm und zog sie zu einer Stelle in der Menschenkette, in der die Wassereimer noch eine weite Strecke überbrücken mussten. Wortlos reihte sie sich ein und nahm den ersten Kübel entgegen, der vom Brunnen aus zu ihr wanderte. Dann gab sie ihn an Voica weiter, die ihre Herrin staunend musterte, aber offenkundig zu aufgeregt war, um etwas zu sagen.
    Eine Weile lang arbeiteten sie schweigend. Das Wasser, das aus den Eimern tropfte, hatte bald ihr Kleid und ihre Schuhe durchnässt, aber durch die Anstrengung der Arbeit wurde Artaynis nicht kalt. Hat das Wasser überhaupt eine Wirkung?, fragte sie sich besorgt. Die Flammen schienen ihr mit unverminderter Stärke zu lodern.
    Ein Teil der Menschen brachte die Pferde aus dem hölzernen Stall an der Stirnseite des Hofes und trieb sie durch das große Tor; die Tiere, die das Feuer instinktiv fürchteten, wieherten in Panik, während sie über den Hof geführt wurden.
    Auch wenn sich Artaynis in diesen Dingen kaum auskannte, erschien es ihr sinnvoll, die Tiere in Sicherheit zu bringen. Das große Gebäude war verloren, das konnte selbst sie erkennen. Die Flammen schlugen bereits aus den Fenstern zweier Stockwerke, und auch aus den obersten drang Rauch in dicken Schwaden. Wie Wolken zog er dunkel über den Himmel. Hoffentlich konnten auch alle rechtzeitig fliehen, die in dem Turm geschlafen haben.

    Die Hektik um Artaynis herum ergriff nicht Besitz von der jungen Dyrierin, im Gegenteil, sie war überraschend ruhig und gefasst. Erst als Şten cal Dabrân aus dem brennenden Gebäude taumelte, gestützt von zwei Soldaten, beschleunigte sich ihr Herzschlag. Der Voivode sah furchtbar aus. Sein Gesicht war rußgeschwärzt, sein Haar versengt, und seine Kleidung wies stellenweise Brandlöcher auf. Im Hof brach er zusammen. Seine beiden Begleiter ließen ihn vorsichtig auf die Knie hinunter, augenscheinlich selbst erschöpft, und Şten krümmte sich unter schweren Hustenkrämpfen zusammen.
    Artaynis blickte sich um und übergab einem jungen Mann, der ratlos um sich blickend in ihrer Nähe stand, den nächsten gefüllten Eimer. »Mach du hier weiter«, ordnete sie an und lief zu dem Voivoden, der, noch bevor sein Husten sich gelegt hatte, mit schmerzverzerrten Zügen darum kämpfte, wieder auf die Füße zu kommen. Ohne nachzudenken, griff sie ihm unter die Arme und half ihm aufzustehen, indem sie ihn stützte. Şten schien sie kaum zu beachten. Er blickte zum Brand empor und sagte etwas zu den beiden Soldaten, die ihn begleitet hatten, worauf diese wieder zurück in das Gebäude liefen. All seine Aufmerksamkeit war auf die Flammen gerichtet, und die junge Dyrierin sah, wie sich sein Kiefer unablässig bewegte, als flüstere er wieder und wieder die gleiche Formel vor sich hin.
    »Geht es Euch gut?«, fragte sie leise. Einige Augenblicke lang glaubte sie, er würde nicht antworten, doch dann wandte er ihr widerwillig den Kopf zu.
    »Meine Söhne …«, sagte er mit einer Hilflosigkeit in der Stimme, die sie zutiefst erschreckte.
    Wieder blickte er hinauf. Eine

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