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Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle

Titel: Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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des runden Gebäudes.
    Auch der Troll erreichte endlich das Dach und verschwand aus Artaynis’ Sichtfeld. Nervös wartete sie ab, die eigene Machtlosigkeit verfluchend.
    Die beiden Soldaten, die der Voivode in den Turm geschickt
hatte, kamen schwankend, aber unversehrt wieder heraus. Einer schüttelte den Kopf. »Drinnen ist niemand mehr.«
    Dann erschien Şten an der Dachkante und ließ einen Körper an einem Seil hinab in den Hof.
    »Holt Cornel«, rief er vom Dach und wies auf eine Soldatin: »Du! Hol Cornel!«
    Während Artaynis in Richtung des Liegenden lief, stieg der Voivode die Leiter wieder hinab. Kerr hingegen rutschte über die Kante, hing kurz an einem Arm über dem Boden und ließ sich einfach fallen. Er landete auf allen vieren. Seine mächtigen Beine federten seinen Aufprall ab, und er löste die Gestalt von seinem Rücken. Als Artaynis bei ihm ankam, sah sie, dass es Ionnis war, der offenbar mit einem Laken an den Troll gebunden gewesen war. Das mächtige Wesen schien ihr als Einziger auf dem Hof ruhig zu sein, wie ein Fels in einem reißenden Fluss, den die Strömung nicht kümmert.
    »Cornel!«, rief Şten erneut. Er war vom Dach hinuntergeklettert, auf die Knie gefallen und hielt nun Natioles Kopf in den Händen.
    »Was ist mit ihm?«, fragte die junge Dyrierin den Troll, der sich gerade neben Ionnis kauerte.
    »Ich weiß nicht. Er ist nicht wach. Und sein Kopf blutet.« Artaynis wünschte sich auf einmal mit aller Heftigkeit die Leibärzte ihres Vaters zur Stelle. Wer weiß, was man in diesem Land unter Medizin versteht. Agdele gib, dass sie nicht nur wissen, wie man einen Menschen tötet, sondern auch, wie man ihn heilen kann.
    Endlich erschien der Sonnenpriester bei ihnen, der sich durch die Menschen drängte, die sie umgaben. Er war wie stets in ein reinweißes Gewand gekleidet, ein fast schon unmöglicher Anblick in all dem Rauch, Ruß und Durcheinander des Hofes.
    »Cornel, meine Söhne. Hilf ihnen.« Die Stimme des Voivoden
klang flehentlich, und der Sonnenpriester sprang ihm sogleich zur Seite. Er beachtete den Schmutz nicht, in den er sich kniete, sondern legte Natiole eine Hand auf die Stirn. Suchend wanderten seine Finger über Natioles Kleidung. Artaynis sah die Blutflecken an den Hosenbeinen, den zerrissenen Stoff. Der junge Wlachake hustete schwach, doch seine Augen wanderten umher, ohne etwas zu sehen.
    »Das wird schmerzen«, flüsterte Cornel mit einem Hauch von Mitleid. Dann drückte er seine Finger auf die Wunde am linken Bein des jungen Mannes. Ein urtümlicher Schrei entrang sich Natioles Kehle, als für weniger als einen Lidschlag ein helles Licht zwischen den Fingern des Sonnenpriesters aufleuchtete. Als es verblasste, endete auch Natioles Schrei – er war in Ohnmacht gefallen.
    »Bewegt ihn wenig, und schafft ihn in ein Bett. Vorsichtig!«, befahl Cornel barsch, bevor er sich Ionnis zuwandte. Auch dessen Leib tastete er vorsichtig ab, doch diesmal erhob er sich, ohne seine Macht zu nutzen.
    Fragend blickte der Voivode, der zwischen seinen Kindern kniete, ihn an, aber Cornel schüttelte langsam den Kopf. »Ich kann nichts für ihn tun. Er hat viel Blut verloren, doch seine Wunde lässt sich mit meiner Kraft nicht heilen. Holt Ärzte, Şten cal Dabrân, und verschafft ihm Ruhe.«
    »Tut etwas, Priester«, befahl Şten gepresst.
    »Ich kann nicht«, erwiderte Cornel und rieb sich die Augen. »Ich bin nur ein einfacher Diener des Göttlichen Lichts. Die Wunde Eures Sohnes geht tief. Sein Kopf ist verletzt. Wenn ich versuche, sie zu schließen, verletze ich womöglich seinen Geist. Er braucht Ruhe und Wärme. Dann kann er vielleicht überleben. Doch das liegt weder in meiner noch in Eurer Hand.«
    Unschlüssig blickte Artaynis den Sonnenmagier an. Aber sie konnte keine Lüge in seinem Antlitz erkennen,
nur Erschöpfung. Auch Şten schien zu diesem Schluss gekommen zu sein, denn er wies Leute an, seine Söhne in Sicherheit zu bringen. Dann erhob er sich unsicher und stand einen Augenblick verloren da, während sie auf Tragen aus dem Hof geschafft wurden.
    »Es wird gut werden«, brummte der Troll. »Sie leben. Sie haben dein Blut, Şten, sie sind stark. Ihr Geist ist stark.«
    Artaynis wollte den Worten Glauben schenken, aber sie sah, dass der Voivode mit den Tränen kämpfte. Und plötzlich, nach all der Anstrengung der Nacht, merkte sie, dass auch sie weinen wollte.

18
    B u einem Palast gehörte einfach ein ausgedehnter, wohlgepflegter Garten. Mit dieser Meinung war Kamros

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