Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle
nicht allein, und derzeit waren eindrucksvolle Anlagen in Mode, in denen Gärtner allerlei exotische Pflanzen hegten. Je reicher der Besitzer, desto ausgefallener die Flora. Auch Tiere gehörten zu solchen Parks, deren Anzahl und Exotik ebenfalls nur vom Reichtum des Besitzers beschränkt wurde.
Nach diesen Gesichtspunkten betrachtet, musste Baryxes ungeheuer vermögend sein, denn in seinen Gärten tummelten sich Kreaturen aus allen Provinzen des Reiches und einige, die es nicht einmal im Imperium gab. Das passte zu allem, was Kamros über den Mann wusste, der außergewöhnlich geschäftstüchtig sein sollte. In seiner Zeit als Satrap hatte er die Provinzen gnadenlos ausgepresst; so sehr, dass es immer wieder Aufstände gab, die dann von den imperialen Armeen niedergeschlagen werden mussten. Doch anders als so manch anderer Satrap hatte Baryxes sich nicht auf seinen Lorbeeren ausgeruht, sondern auch nach seiner Rückkehr nach Colchas danach gestrebt, seinen Reichtum zu mehren. Nun gehörten ihm weite Teile der Stadt, und er besaß einige der ertragreichsten Länderein im Kernland Dyria. Ein Mann von erlesenem Geschmack und dem nötigen Reichtum, um diesem auch zu frönen.
Natürlich zeigte er seinen Besitz gern. Vermutlich war dies der Grund, warum die Bediensteten Kamros in der Sänfte durch den halben Garten schleppten und, wie der Beamte bemerkte, dabei keineswegs den kürzesten Weg
nahmen. Aber der Wunsch des Mannes, mit seinem Besitz zu prahlen, störte ihn nicht, denn er genoss den Anblick der fremdartigen, bunten Vögel, ihren schrillen Gesang und ihr aufgeregtes Geflatter mit den gestutzten Flügeln. Es gab seltene Raubkatzen aus dem Osten zu bestaunen, beinahe so groß wie Pferde, und eine gewiss mannsgroße Echse mit schillernden Schuppen, die jedoch nur faul in der Sonne lag. Die Blumen und Bäume waren nicht minder beeindruckend und von wahren Meistern der Gartenkunst angepflanzt und gepflegt worden. Ihre Farben ergänzten einander und bildeten den perfekten Hintergrund für das exotische Getier, das sich im Garten vergnügte.
Schließlich reichte Kamros die zur Schau gestellte Pracht aber doch. Glücklicherweise näherte sich die Sänfte ihrem Ziel. Auf einem sanft abschüssigen Hang hatte sich eine größere Gruppe Menschen versammelt. Einige Momente runzelte der dyrische Beamte die Stirn, da er eigentlich auf einen privaten Moment mit Baryxes gehofft hatte, aber dann erkannte er, dass es sich nur um Diener handelte. Gut zwei Dutzend von ihnen standen sorgfältig kalkuliert bereit, jeden Wunsch ihres Herrn sofort zu erfüllen.
Auch bei seiner Dienerschaft geizte der Hausherr nicht. Es waren Sklaven aus allen Enden der Welt darunter, in Stoffe gekleidet, die manchem Richter zu kostbar für die eigene Robe gewesen wären. Ein dunkelhäutiger Mann trug ein Tablett mit einer Karaffe und zwei Gläsern, und ein weiterer Sklave war nur dazu abgestellt, dem Getränk mit einem Sonnenschirm Schatten zu spenden.
Es gab auch Wachen in prächtiger Rüstung. Hauptsächlich Sylken, deren Verschwiegenheit und Loyalität sie als Leibwache sehr begehrt machten.
Vorsichtig stellten die Träger die Sänfte ab. Die kleinen Kiesel knirschten unter den vergoldeten Füßen der Sänfte, als sich Kamros aus den weichen Seidenkissen erhob.
Sein Gastgeber stand einige Schritt entfernt, von Dienern umgeben, die ihm an den Lippen hingen.
Das Protokoll in diesen Augenblicken war strikt, und Kamros war sich bewusst, dass er sich keinen Fehler erlauben durfte. Sieben Schritte von seinem Gastgeber entfernt blieb er stehen und wartete ab. Es wäre unhöflich gewesen, als Erster das Wort zu ergreifen, und da kein Diener ihn angekündigt hatte, galt es zu warten, bis man von ihm Notiz nahm.
Der Beamte nutzte die Zeit, um sich unauffällig umzusehen. Der Palast stand auf einem der Hügel, an deren Hängen Colchas errichtet worden war, und die Aussicht war grandios. Man blickte direkt den Hang hinab auf die prachtvollen Paläste anderer Würdenträger und dann in die Senke, wo das eigentliche Herz der Stadt steinern von der Macht des Imperiums kündete: der Tempel- und Palastbezirk, von dem aus die religiösen und weltlichen Belange eines Reiches gelenkt wurden, in dem es stets irgendwo Sommer war. Die mächtigen Kuppeln und Dächer dort strahlten gülden in der warmen Morgensonne. Im Laufe der Jahrhunderte war der Bezirk immer weiter gewachsen und hatte sowohl an Fläche als auch an Höhe gewonnen. Er war zu einem labyrinthartigen
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