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Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle

Titel: Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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Bett mit dem Verwundeten zuwandte. »Ich möchte die Fäden aus der Naht an seinem Kopf ziehen«, sagte sie, nicht unfreundlich. »Und am liebsten wäre es mir, dabei nicht gestört zu werden.«
    Artaynis verstand die Aufforderung und ging auf die Tür zu.
    »Könntet Ihr in der Küche Bescheid geben, dass man mir eine Schüssel heißes Wasser schickt?«, fragte die grauhaarige Frau noch, während die sich daranmachte, den Verband um Ionnis’ Kopf zu lösen.
    Ergeben nickte die junge Dyrierin und verließ fluchtartig das Zimmer.
    Als sie ihren Botengang erledigt hatte, strebte sie unentschlossen dem Hof zu, unsicher, was sie mit dem Rest des Tages anfangen sollte. Die Sonne schien ihr warm ins Gesicht, als sie aus dem Gebäude trat. Es war ein freundlicher Spätsommertag. Keine Wolke hatte sich vor die Sonne geschoben, ein lauer Wind fuhr in die Blätter der Bäume, die auf der anderen Hofseite standen.
    Auf dem Hof herrschte geschäftiges Treiben. Ein Steinmetz aus Teremi und seine Gehilfen hatten damit begonnen, eine Bauhütte zu errichten, in der sie die Steine für das neue Turmfundament in Passform schlagen konnten. Einen Moment sah sie den Handwerkern zu, die mit Hammer und Meißel schwere Steinblöcke bearbeiteten, doch dann zog es sie weiter.
    An das Hauptgebäude der Festung angeschmiegt, stand die Kapelle des Albus Sunaş, die das Feuer wie durch ein Wunder unbeschadet überstanden hatte. Vermutlich hält
der Priester dies für einen Beweis der Macht seines göttlichen Lichts, dachte Artaynis. Obwohl die flache Bauweise und die steinerne Kuppel vermutlich eher dafür gesorgt hatten, dass die Kapelle kein Raub der Flammen geworden war. Zögernd trat sie auf die Holztür zu und legte eine Hand auf den Griff. Sie war noch nie in einer Andachtsstätte der Lichtpriester gewesen. Schließlich siegte ihre Neugier, und sie drückte vorsichtig den Griff hinunter. Die Tür war nicht verschlossen.
    Der Anblick des Inneren der Kapelle ließ Artaynis vor Überraschung scharf die Luft einziehen. Der Glaube an das göttliche Licht war ihr stets streng und hart erschienen, aber die Kapelle war unbestreitbar ein heiterer, heller Ort. Die Wände und die Decke waren aus reinem, weißem Stein gestaltet, und durch ein Loch in der Mitte der Kuppel fielen Sonnenstrahlen, die das Weiß in einen beinahe übernatürlichen Glanz hüllten. Ein guter Ort, um zu beten, dachte sie und hoffte dabei, dass Agdele ihr verzeihen würde, dass sie andächtig in einem fremden Tempel stand.
    »Sucht Ihr die göttliche Erleuchtung oder doch eher nur mich?«, fragte eine spöttische Stimme hinter ihr, und Artaynis fuhr herum. Von ihr unbemerkt war der Priester, Cornel, hinter einem Vorhang, der wohl einen dahinterliegenden Raum abteilte , hervorgetreten.
    »Ich … suche weder das eine noch das andere«, gab sie offen zu. »Ich war nur neugierig.«
    »Neugierig auf den Albus Sunaş? Den berühmten Orden von Verrätern, die beinahe eine Katastrophe heraufbeschworen hätten?«, erkundigte er sich mit ätzender Schärfe.
    »Seid Ihr Gästen gegenüber immer so zuvorkommend?«, wollte Artaynis mit gerunzelter Stirn wissen. »Dann ist es kein Wunder, wenn Euer Glaube nicht mehr viele Anhänger in Wlachkis hat.«
    Überaschenderweise brachte ihre Erwiderung Cornel
zum Lächeln. »Damit mögt Ihr sogar recht haben. Verzeiht, ich wollte Euch nicht kränken. Aber in letzter Zeit sind mir einfach zu viele Leute über den Weg gelaufen, die meinem Orden die Schuld an jedem einzelnen Unglück geben, das in Wlachkis geschieht.«
    »So wie an dem Brand und dem Anschlag auf das Leben des Prinzen?«
    Er neigte bestätigend den Kopf. »So wie an dem Brand.«
    Artaynis musterte den Mann, der vor ihr stand. Sein hageres, entschlossenes Gesicht, die weiße Kutte, die stolze, aufrechte Haltung. Sie glaubte nicht daran, dass Cornell, der Brandstifter war. Nicht, dass ich es ihm nicht zutrauen würde. Aber er würde es nicht leugnen, wenn er es gewesen wäre.
    »Und was ist Eurer Meinung nach in dieser Nacht geschehen?«, fragte sie ruhig.
    Der Priester rieb sich das Kinn und betrachtete sie prüfend. Dann schien er sich zu einer Antwort durchzuringen. »Ich weiß es nicht. Aber auch ich glaube nicht, dass das Feuer von einer unachtsamen Küchenmagd verursacht wurde und der Prinz unglücklich gestürzt ist. Ich vermute, dass es die Absicht des wahren Schuldigen war, dass der Albus Sunaş unter Verdacht gerät.«
    »Wer könnte daran ein Interesse haben?«, entgegnete sie

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