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Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle

Titel: Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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Zuhause?«
    »Natürlich. Ich vermisse meine Freunde und meine Familie. Und das Wetter. Wlachkis ist ein kaltes Land. Zumindest verglichen mit meiner Heimat.«
    »Ich werde Dyrien vielleicht bald selbst besuchen. Wenn mein Vater es erlaubt, werde ich die Trolle begleiten.«

    Artaynis’ Gesicht zeigte einen Moment Verwunderung und noch etwas anderes, was er nur schwer deuten konnte. Vielleicht ist sie froh, mich gehen zu sehen.
    Aber sie hatte sich sofort wieder unter Kontrolle und sagte nur: »Ihr werdet es dort gewiss angenehm finden, auch wenn ich mir nicht vorstellen kann, wie man in Colchas auf die Trolle reagieren wird. Wart Ihr schon einmal längere Zeit von hier fort?«
    Natiole schüttelte den Kopf. »Nein, nie. Auf längere Reisen hat mein Vater immer Ionnis geschickt. Der Thronfolger musste in der Nähe des Voivoden bleiben und lernen, wie man ein Land regiert. Das ist ihm sehr wichtig gewesen.«
    »Euer Vater ist ein weiser Mann, Natiole. Und die Leute lieben ihn. Gewiss war er Euch ein guter Lehrer.«
    Natürlich. Er war ja immer allen ein Vorbild. Natiole presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen. Was wusste die Dyrierin schon von Şten cal Dabrân, außer dem Unfug, den ihr Vater ihr erzählt haben mochte? Was kannte sie schon anderes als die Annehmlichkeiten, die das dekadente Imperium zu bieten hatte?
    »Es ist nicht immer leicht, der Sohn eines so … bedeutenden Vaters zu sein«, entgegnete er kühl. »Der Voivode hat hohe Ansprüche. Und es ist Ionnis immer leichter gefallen als mir, diese zu erfüllen. Aber vermutlich ist es für Euch schwer, sich solche Verpflichtungen vorzustellen.«
    Unerwartet stieß Artaynis ein wütendes Schnauben aus. »Glaubt Ihr, es wäre leicht, sein Leben lang nur ein politisches Unterpfand zu sein? Mein Wert bemisst sich für meinen Vater daran, wem er mich einmal zur Frau geben kann. Und das wird, frei gesprochen, der Höchstbietende sein. Bis dahin darf ich herumreisen und seine Macht und seinen Einfluss mehren – wie jetzt in Wlachkis.«
    Die junge Frau hatte die Worte so heftig hervorgestoßen, dass ihre Stimme dabei unwillkürlich lauter geworden war.
Die Küchenmagd legte erschreckt ihre Roste beiseite und starrte nun ihren Herrn und die Dyrierin an. Erst als Natiole ihren Blick nicht gerade freundlich erwiderte, nahm das Mädchen die Arbeit wieder auf.
    Er wollte Artaynis anschreien. Wollte ihr sagen, dass es ihm egal war, wen sie heiratete oder auch nicht. Aber als er sie ansah, erkannte er, dass das nicht stimmte. Sie hatte eine Hand vor den Mund geschlagen, als wolle sie die Worte wieder zurückdrängen, die sie so hastig ausgesprochen hatte.
    »Verzeiht mir«, murmelte sie. »Ich habe mich vergessen, Nemes.«
    Plötzlich fühlte Natiole die Müdigkeit bleischwer zurückkehren. Er hatte sie nicht verletzen wollen. »Es muss Euch nicht leidtun, Artaynis. Es war meine Schuld. Ich bin … ein schlechter Gesellschafter.«
    Ihr Lächeln kehrte zurück, und sie sah ihn kopfschüttelnd an.
    »Ich glaube, Ihr kennt Euren eigenen Wert nicht«, sagte sie. Dann stand sie auf. »Danke für das Nachtmahl.«
    Als Artaynis die Küche verlassen hatte, goss Natiole sich noch einen Becher Wein ein. Seine Gedanken waren verworren, und er konnte sie nur schwer ordnen. Vielleicht war Ionnis’ Wahl doch keine so schlechte.

21
    A ufbruch war fast zu einem heiligen Wort für Kerr geworden. In ihrer Heimat waren die Trolle immer unterwegs. Pausen und Ruhe gab es nur selten. Nahrung und Wasser konnten nur an wenigen Orten gefunden werden, und wenn ein Stamm hungriger Trolle eine Zeit lang in einem Gebiet gelebt hatte, musste er weiterziehen. Für Kerr bestand das Leben aus einer langen Reihe von Wanderungen, nur kurz unterbrochen von Zeiten des Ausruhens.
    Bei Andas Kindern war es nicht anders. Vielleicht war dieses Gefühl bei ihnen noch stärker, diese Rastlosigkeit, die ganz von einem Troll Besitz ergreifen konnte. Auch wenn Wrag den Keller als Bleibe angenommen und ihn nur noch zum Nötigsten verlassen hatte, war er doch durchdrungen gewesen von dem Wunsch, weiterzuziehen.
    Und jetzt war die Zeit des Aufbruchs gekommen, die sich im Herzschlag der Welt bemerkbar machte. Kerrs Finger kribbelten, und die anderen beiden Trolle wirkten aufgekratzt. Sogar als sie den schützenden Keller verließen und sich auf den Weg in den Hof machten, wo die Menschen sie schon erwarten würden.
    »Endlich wieder laufen«, brummte Wrag. »Meine Beine sind vom vielen Sitzen schon ganz

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