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Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle

Titel: Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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hilf! Wer immer einen neuen Krieg zwischen Wlachkis und Ardoly will, die Stunde könnte nun wohl nicht günstiger sein!
    Von ihrer Position aus konnte die Dyrierin sehen, wie Şten nach den Worten Baczais die Augen schloss. Riclea legte ihm einen Arm auf die Schulter, schwieg aber wie alle anderen. Der Voivode schwankte ganz leicht, bevor er seinen festen Stand zurückgewann. Dann hob er die linke Hand, die Finger so fest zur Faust geballt, dass die Knöchel weiß hervortraten.
    »Meine Schwester ist tot?«, fragte er. »Wo ist ihre Leiche?« Er blickte zu den Pferden und ihren Reitern, als erwartete er, dort einen festgebundenen Körper zu sehen.
    Baczai schüttelte niedergeschlagen den Kopf. »Es tut mir leid, Herr. Wir mussten sie an Ort und Stelle begraben. Es hat lange gedauert, bis wir sie fanden, und die wilden Tiere hatten …« Er ließ den Satz unvollendet.
    Oh, ihr Götter, dachte Artaynis. Der arme Mann. Sie dachte an den Sohn des Voivoden, der in seinem todesähnlichen Schlaf lag, und an den, der gerade mit gewaltigen, todbringenden Wesen nach Dyrien zog. Es gibt keine Hand, die ihn trösten könnte, erkannte sie. Er ist ganz allein.
    »Bringt die Pferde in die Ställe«, befahl der Voivode schließlich mit unmenschlich scheinender Ruhe. »Und dann, Baczai, seid Ihr und Eure Leute meine Gäste. Berichtet mir alles, was Ihr über Flores und Tamár wisst.« Er wandte sich von den Masriden ab und seinen Leuten zu.
Artaynis konnte erkennen, dass sein Gesicht ebenso weiß wie seine Faust geworden war.
    »Morgen Nacht werden wir auf meine Schwester trinken«, verkündete er. »Flores wird alle Ehren erhalten, die ihr als Wlachakin und als Bojarin zustehen. Und dann werde ich herausfinden, wer für ihren Tod verantwortlich ist. Und bei allen Geistern, wir werden ihn jagen und töten.«

23
    I n letzter Zeit hatten sich Natioles Augen daran ge wöhnt, dass er häufig in nur schwach erhellter Dunkelheit unterwegs war. Die Laternen, die an langen Stangen an den Karren befestigt waren, spendeten nur in wenigen Schritt Umkreis Licht, und wenn der Himmel wie heute Nacht etwas bewölkt war, blieb auch vom sonst so hellen Schein des Mondes wenig übrig, außer einem diffusen, schwer greifbaren Licht, das die Schatten eher noch vertiefte, ihnen lediglich Kontur gab, anstatt sie zu erhellen.
    Neben ihm stapfte Kerr über die breite Straße. Der Troll schien unermüdlich zu sein, und auch das fehlende Licht behinderte ihn nicht, sondern behagte ihm eher. Seine beiden Begleiter schwiegen zumeist, auch wenn Natiole vermutete, dass sie dies aus unterschiedlichen Gründen taten. Zran war genügsam, ein Troll weniger Worte, so dass jeder seiner Äußerungen Gewicht zukam. Auf der anderen Seite war Wrag mit nichts zufrieden, hasste jegliches Leben und hielt sich von Natiole fern, wo er nur konnte. Der Tiefentroll schwieg wütend, offenbar erzürnt über die Menschen, die Oberfläche, ja über die Gestirne selbst, die ihn mit ihrem Licht peinigten. Tagsüber mussten sie dem mächtigen Wesen Decken überwerfen, da seine dunkle und knorrige Haut von direktem Sonnenlicht geradezu verwundet wurde, sich heller verfärbte und offensichtlich schmerzte, auch wenn der Tiefentroll dies niemals zugab.
    Es fiel Natiole immer noch schwer, zu reiten. Nicht nur, dass sein Bein noch schmerzte, es war auch die Anwesenheit der Trolle, welche die Pferde nervös machte. Auch
wenn Arian sich inzwischen besser daran gewöhnt hatte, zuckten die Ohren des Hengstes oft unruhig, und er war schreckhaft und leichtfüßig.
    Immerhin war die Straße gut ausgebaut und breit genug für ihre Karren. Zwar wurde sie nur wenig genutzt, da ein großer Teil des Handels weiterhin über den Magy lief, aber der Voivode hatte schon vor Jahren ein Abkommen mit dem Marczeg der Masriden geschlossen, diese Verbindungsstraße zu erweitern und zu unterhalten. Sie führte zunächst parallel zum Magy von West nach Ost, allerdings weiter im Norden als der mächtige Strom, bog dann Richtung Nordost ab, überquerte den Iames bei Doleorman und führte von dort direkt auf den Erköl-Pass zu. Manchmal wurde die Straße von dyrischen Händlern benutzt, die in Turduj keine Zölle bezahlen oder das ohnehin geringe Entgelt der Burlai, der Treidler auf dem Magy, sparen wollten. Aber das kam nur noch selten vor, und so sah die kleine Gruppe kaum andere Reisende auf ihrer Strecke.
    Längst hatten sie den Iames überschritten und befanden sich somit nicht länger in Wlachkis, sondern in

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