Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Zorn Des Skorpions

Der Zorn Des Skorpions

Titel: Der Zorn Des Skorpions Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
aus.
    Alvarez stellte sich vor, wie er wartete. Geduldig. Geräuschlos. Den Finger am Abzug.
    Ihr war innerlich kälter als die aufziehende Nacht.
    Wie hatte der Mörder nur erfahren, dass Pescoli wie eine Besessene über diesen Pass brettern würde? Von Pescolis Ex-Mann? Von ihren Kindern? Oder hatte Pescolis Entführer sich irgendwie in ihr Handy gehackt und hörte ihre Anrufe ab?
    Oder hatte das perverse Schwein einfach Glück gehabt?
    War das möglich?
    Alvarez schniefte heftig, den Blick immer noch auf den Bergrücken gerichtet, obwohl der Gipfel in der Dunkelheit verschwand. Sie versuchte, sich vorzustellen, wie der Täter im Schneewetter wartete. Er
musste
irgendwie gewusst haben, dass sie die Straße befahren würde. Niemand, nicht mal ein durch und durch Verrückter, würde hier draußen stunden-, vielleicht tagelang bei Minustemperaturen warten.
    Vergiss nicht: Dieser Mann ist
echt
verrückt. Er verfolgt ein Ziel, er ist ein Getriebener. Er musste Monate, wenn nicht Jahre damit verbracht haben, die richtigen Opfer für seinen Plan aufzuspüren. Womöglich gab es ihm einen Kick, bei diesem Wetter draußen auf der Lauer zu liegen.
    Vor ihrem inneren Auge sah sie den Mörder im Schnee ausgestreckt liegen, vielleicht auch auf einer Unterlage, die ihn vor der Kälte schützte, sein Gewehr auf einen umgestürzten Baumstamm oder -stumpf oder Felsbrocken gestützt, vielleicht auch auf ein Stativ, auf irgendetwas, das den Lauf stabilisierte, den er mit stahlharter Entschlossenheit auf die Straße weiter unten richtete.
    Er war ein Jäger, ein Mörder mit der tödlichen Sicherheit eines Scharfschützen.
    Sie verzog den Mund, kniff die Augen zusammen und fragte sich, wie zum Geier es der Täter schaffte, einen so perfekten Schuss abzugeben, dass dieser ein Fahrzeug von der Straße trieb und in die Schlucht katapultierte.
    Sie blies in ihre Hände, ihr Blick folgte ihren eigenen Atemwölkchen.
    Wie intim hatte er seine Opfer vor seinen Überfällen gekannt?
    Und worauf wollte er hinaus? Es ging ihm nicht um sexuelle Befriedigung. Jedenfalls nicht in Form von Geschlechtsverkehr. Keine einzige der Leichen trug Hinweise auf kürzlichen sexuellen Missbrauch oder Verkehr. Die Leichen wiesen keine Samenspuren auf, Brüste und Vaginalbereich waren stets unverletzt. Im Gegenteil, die Autopsie bewies jeweils, dass die Verletzungen der Opfer zu heilen begonnen hatten, bevor der Mann augenscheinlich genug von seinem Spielchen hatte und die Frauen brutal und gewissenlos in abgelegenen Gebieten an Bäume fesselte und sie skrupellos dem Tod durch Erfrieren überließ.
    Im Büro des Sheriffs von Pinewood County hatten sie penibel jede nur erdenkliche Datenbank nach den Namen von erfahrenen Scharfschützen durchsucht, die zu einer solchen Meisterleistung fähig waren, von früheren Militär-Assen und Söldnern bis zu regierungsfeindlichen Extremisten, Jägern, Polizisten und Gewinnern von Schießwettkämpfen. Nach jedem Einzelnen, der für seinen geschickten Umgang mit einem Gewehr bekannt war. Bisher hatten sie jedoch auf diese Weise noch keinen Verdächtigen gefunden.
    Bis auf die Frau in Spokane.
    Aber nein, es war schlicht ausgeschlossen, dass Pescolis Verschwinden auf ihre Kappe ging, denn schließlich konnte sie nicht gleichzeitig an zwei Orten sein. Pescoli war in Grizzly Falls gesehen worden und hatte von dort aus telefoniert, während die Verdächtige sich fast zweihundert Meilen entfernt in Spokane, Washington, aufhielt. Zwischen den Städten lagen der Zipfel von Idaho und das Gebirge.
    Also, wer war der Mörder mit der tödlichen Zielsicherheit?
    Mit Sicherheit jemand aus der Gegend, der das Terrain gut genug kannte, um genau die richtigen Stellen zu finden, jemand, der etwas gegen Frauen hatte. Bei dem Gedanken an die Männer, die ihr – einer Frau als Detective, nein, noch besser: einer Frau hispanischer Herkunft als Detective – das Leben schwergemacht hatten, als wäre sie eine Absonderlichkeit, jemand, den man peinigen musste, verhärteten sich ihre Gesichtszüge. Wer auch immer hinter den Überfällen steckte, der hasste Frauen aus tiefstem Herzen. Offenbar alle Frauen, denn er machte eindeutig keinen Unterschied in Hautfarbe oder Herkunft. Und sein Schuss traf unter den widrigsten Umständen immer sein Ziel, woraufhin er die Frauen aus dem Autowrack »rettete« und sie an einen unbekannten Ort verschleppte.
    Den Fußabdrücken nach zu urteilen, die sie gefunden hatten, handelte es sich um einen großen,

Weitere Kostenlose Bücher