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Der Zorn Des Skorpions

Der Zorn Des Skorpions

Titel: Der Zorn Des Skorpions Kostenlos Bücher Online Lesen
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kräftigen Mann.
    Ein Einheimischer, der diese zerklüftete, eisige Gegend kannte und sich in ihr zu Hause fühlte.
    Ein Scharfschütze.
    Ein intelligenter Mensch, der so gut durchorganisiert war, dass er diese Frauen aufspürte, sie belauerte, verletzte und dann irgendwann tötete. Ein hasserfüllter Mensch.
    Mehrere Namen schossen ihr spontan durch den Kopf: Dell Blight, ein kräftiger Kerl mit einem Bauch, ungefähr so ausufernd wie seine geringschätzige Haltung, die er gegenüber dem Büro des Sheriffs an den Tag legte. Man hatte ihn schon ein paar Mal betrunken verhaftet, einmal bewaffnet, aber andererseits war er ganz sicher kein Kandidat von überragender Intelligenz.
    Rod Larimer, der Eigentümer des »Bull and Bear«, von den Einheimischen auch B&B-Pension genannt, erfreute sich zurzeit eines florierenden Geschäfts, allein wegen des plötzlichen Bekanntheitsgrads der Stadt. Und Rod verabscheute Sheriff Grayson. Er war ein paar Mal verheiratet gewesen, und stets hatten seine Frauen ihn verlassen. Aber konnte er schießen?
    Dann war da noch Otis Kruger, ein gemeingefährlicher Säufer, der ein komplettes Waffenarsenal besaß und damit prahlte, in der Schonzeit aus unglaublicher Entfernung ein Reh geschossen zu haben – Blattschuss. Er wurde wegen Wilderei verhaftet, aber auch er war nicht gerade der hellste Kopf. Ein Meisterschütze mit niedrigem IQ . Eine gefährliche Kombination, aber könnte er tatsächlich der Unglücksstern-Mörder sein?
    Selena seufzte. Zu den besten und klügsten Scharfschützen der Umgebung zählten auch ein paar der Männer, mit denen sie zusammenarbeitete: Jäger und Gesetzeshüter. Doch sie wehrte sich gegen diesen Gedanken, wollte nicht glauben, dass jemand, der geschworen hatte, Recht und Gesetz zu verteidigen, ebendiese in den Schmutz ziehen würde.
    Der Wind frischte auf, es wurde bitterkalt, und einige Feuerwehrleute packten schnell ihre Gerätschaften ein.
    An diesem Abend gab es nichts mehr zu tun.
    Alvarez hatte Kopfschmerzen, ihre Augen juckten, ihre Nase lief wie verrückt. Sie meldete sich vom Schauplatz ab und fuhr zurück zu ihrer Wohnung, entschlossen, sich auszuruhen, den Fall am nächsten Morgen mit neuer Kraft aufzurollen. Doch während sie die gespenstisch stille Bergstraße entlangfuhr, ihre Scheinwerfer sich hell in festgefahrenem Schnee und Eis spiegelten und um sie herum nur mächtige schneebeladene Bäume zu sehen waren, spürte sie, wie die Winterkälte tief in ihre Knochen kroch. Sie schauderte, überkommen von der tief sitzenden Angst, dass sie Pescoli niemals lebend wiedersehen würde.
     
    »Wie geht es dir?«, flüsterte eine dunkle Männerstimme.
    Pescoli öffnete schlagartig die Augen, doch bis auf einen einzigen Lichtpunkt herrschte noch immer völlige Dunkelheit in dem Raum. Eine Stiftleuchte? Ihr Herz hämmerte; Adrenalin schoss in ihren Blutkreislauf.
    Im ersten Augenblick wusste sie wieder nicht, wo sie sich befand, doch dann kam die Erinnerung schnell zurück: die Fahrt über den vereisten Bergrücken, der Donnerhall des Büchsenschusses, daran, wie ihr Jeep außer Kontrolle geriet und einen steilen Felsen hinunterstürzte.
    Und ihr Retter. Sie erinnerte sich an den Mann mit der dunklen Skibrille, der sie aus dem Wrack befreit und als seine Gefangene hierhergebracht hatte.
    Sie versuchte, sich zu bewegen, sich zur Seite zu wälzen, doch ihre Muskeln reagierten träge, folgten nicht ihrem Willen. Schmerz schoss durch ihre Schulter. Ihr Blick fixierte den hellen Lichtpunkt.
    »Ich habe etwas gefragt.«
    Er wirkte gereizt. Gut. Gereizt war sie auch. »Was denken Sie denn, wie es mir geht?«
    »Nicht besonders gut.«
    »So, als hätte ich einen dummen Unfall gehabt, der nicht geschehen wäre, wenn nicht irgendein Idiot meinen Reifen zerschossen hätte.« Sie funkelte wütend zu ihm auf, bemüht, klar zu sehen, nicht fähig, seine Züge zu erkennen, weil der schmale Lichtstrahl ihre Sicht behinderte. »Wer zum Teufel bist du?«
    »Weißt du es denn nicht?«
    »Lass mich raten. Petrus wohl kaum, oder? Wir stehen nicht am Himmelstor. Und wo sind meine Sachen?«
    Er schnaubte, doch sie sah etwas Weißes aufblitzen, seine Zähne. Anscheinend fand er sie amüsant. »Ganz sicher nicht Petrus. Und, nein, ich glaube nicht, dass dies hier der Weg zur Erlösung ist.« Sie hörte das Lächeln in seiner Stimme. »Du bekommst deine Sachen zurück.«
    »Wann?«
    »Wenn ich es will.«
    Es war seine Art, sie zu demütigen, indem er sie verletzlich, nackt und

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