Der Zorn Des Skorpions
Beine waren nicht gefesselt. Wenn sie ihn nur treten könnte. In den Schritt oder ins Gesicht.
»Daran solltest du nicht mal denken«, flüsterte er mit rauher, beinahe verführerischer Stimme.
Pescoli bekam eine Gänsehaut. Die Angst fuhr ihr in die Knochen. Sie musste eine Möglichkeit finden –
Er stürzte sich auf sie. Wie ein Puma auf den Rücken eines ahnungslosen Rehs sprang er auf die Pritsche. Vergeblich versuchte sie, ihn abzuwehren. Er saß rittlings über ihrem Oberkörper, die Knie auf ihren Armen, sein ganzes Gewicht auf ihren geprellten Rippen. So hielt er sie fest.
Schmerz schoss durch ihren Körper, sie schrie auf. Es war, als wäre ihr Brustkorb eingedrückt, ihre Lunge brannte, die Rippen schienen zu brechen. Sie trat aus und wand sich, doch die Schmerzen lähmten sie, und sein Gewicht von mehr als zweihundert Pfund ließ sich nicht abschütteln.
»Nein!«, presste sie hervor, ihr Atem war ein angstvolles Zischen. »Nicht!« Sie bäumte sich auf, aber vergeblich.
Es war zu spät. Mit gespreizten Beinen saß er auf ihr, sein Schweißgeruch hing in der Luft, und jetzt verlagerte er sein Gewicht ein wenig. Legte die Stiftleuchte beiseite. Packte ihren gefesselten Arm.
Sie schlug mit der freien Hand auf ihn ein, doch er fing die Hiebe mit der Schulter und dem Körper ab, und seine Beine, die kräftigen Oberschenkel in Jeans so dicht vor ihrem Gesicht, rührten sich nicht von der Stelle. Wenn sie ihn beißen könnte …
Sie bewegte sich, doch er erkannte ihre Absicht, als sie den Kopf hob und die Zähne bleckte.
»Vorsicht«, warnte er und wich ihren Zähnen aus, »sonst gebe ich dir was zu tun und stopfe dir ganz gehörig den süßen Mund. Das wird dir Spaß machen.«
Sie schauderte innerlich. Fürchtete, ihr würde übel werden und sie müsste sich über ihn erbrechen.
Er lachte auf sie herab. Es klang spröde und hohl.
»Wir kriegen dich«, warnte sie. »Wenn nicht ich, dann jemand anderes. Sie geben nie auf. Sie werden dich hetzen wie einen tollwütigen Hund.«
Er stieß rasch zu. Stieß die Nadel in ihren Arm.
Pescoli spürte einen kalten Stich in der Haut, dann den widerlichen Druck, als eine ihr unbekannte Droge in ihr Fleisch getrieben wurde.
»Du Bastard!«, zischte sie, und wieder lachte der Perverse, ließ dieses leise, widerwärtige Grollen hören und rückte noch weiter nach oben, so dass sein Schritt ihrem Gesicht noch näher kam.
Ihr Magen revoltierte, und sie schlug und trat erneut nach ihm. Doch ihre Mühe war vergebens, der Kampf aussichtslos.
Die Stiftleuchte rollte geräuschvoll über den Steinboden und blieb an der Tür liegen. Der schwache Strahl spendete nur wenig Licht. Es reichte nicht aus, um seine Züge deutlich zu erkennen, es war nur ein leises Schimmern, das dunkel und makaber sein Profil erahnen ließ. Die Augen waren hinter einer dunklen Brille verborgen, auf dem Kopf trug er eine Baseballkappe, sein Bartwuchs verdunkelte die Wangen, und doch erkannte sie etwas von seinen Zügen. Markant. Grob. Kratzer auf einer Wange, wo sie ihm mit den Fingernägeln durchs Gesicht gefahren war.
Ich kenne dich irgendwoher,
dachte Regan. Plötzlich wurde ihr Arm schwer, und der Schmerz in ihrer Brust ließ nach, als sie langsam eindämmerte.
Ich kenne dich, du elender Mistkerl, und ich werde irgendwie hier rauskommen, und dann, das schwöre ich dir, dann bist du dran …
6. KAPITEL
N ate Santana ließ sein Taschenmesser aufschnappen und zerschnitt das Band, das einen Heuballen zusammenhielt. Die Pferde warteten geduldig in ihren Boxen, spitzten die Ohren und beobachteten ihn aus dunklen, feuchten Augen. Nur Lucifer tat durch Schnauben und Kopfaufwerfen seinen Unmut kund.
Bis zum Tagesanbruch dauerte es noch ein paar Stunden. Santana war unruhig und deshalb noch früher auf den Beinen als sonst. Träume von Regan Pescoli hatten ihn immer wieder aus einem leichten Schlaf gerissen.
Entweder hatten sie sich geliebt und sie blickte mit ihrem koketten Lächeln und hochgezogenen Brauen zu ihm auf, während er sie auszog und dann mit ihr schlief, oder sie verlor sich in der Dunkelheit, während er durch den nächtlichen Wald lief, ihren Namen rief und sie hin und wieder flüchtig zwischen starren schneebedeckten Bäumen verschwinden sah.
In kalten Schweiß gebadet, erwachte er schließlich mit diesem allgegenwärtigen, altbekannten Kribbeln, das ihn stets vor drohender Gefahr warnte.
Mit der Heugabel füllte er das Heu für Brady Longs kleine Herde in die Raufen. Er
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