Der Zorn Gottes
hast du
doch jeden Tag zu tun.«
»Oh, das weiß ich«,
sagte der Bruder und grinste. »Pemel, die Flamin, behauptet, daß
Dämonen, so groß wie ihr Daumen, in den dunklen Ecken ihres
Hauses lauern und kichern und über sie reden. Vor zwei Jahren
glaubten Watkin, der Mistsammler, und seine Frau plötzlich, das Ende
der Welt sei nahe; sie setzten sich mit der ganzen Familie auf das Dach
ihres Hauses, und jeder hielt ein Kreuz vor sich, um den Dämon
abzuwehren. Aber es passierte weiter nichts, nur das Dach stürzte
ein. Watkins Knöchel war verstaucht und sein Stolz verletzt.«
Athelstan wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. »Nein,
Sir John, diesmal ist es etwas anderes. Ich sehe dieser Frau an, daß
in der Familie etwas Böses im Gange ist.«
»Und wirst du den
Exorzismus vornehmen?«
»Das kanonische Recht
schreibt vor, daß jede Diözese einen offiziell ernannten
Exorzisten hat, aber er kann nur im Namen des Bischofs tätig werden
und ist für sehr ernste, öffentliche Angelegenheiten zuständig.
Es kann Monate dauern, bis seine Dienste zur Verfügung stehen.«
Athelstan nahm einen Schluck aus seinem Humpen. »Ich habe Pater
Prior um Rat gebeten, und er hat gesagt, daß es meine Pflicht ist,
Trost zu geben, so gut ich kann.« Der Bruder zog ein Gesicht.
»Sir John, ich glaube, ich habe Angst. Als die Frau mit mir sprach,
spürte ich, wie das Böse mir das Mark gefrieren ließ.«
Cranston klopfte ihm mit
seiner Bärenpranke auf die Schulter. »Bestimmt wird
alles gut«, meinte er. »Und vergiß nicht, Bruder: Kaum
etwas kann dem alten John Cranston Angst machen. Zum Teufel!«
donnerte er plötzlich, packte Athelstans halbvollen Humpen und
schleuderte ihn durch die Schankstube nach einer langschwänzigen,
fetten Ratte, die unter einem Faß hervorgeschlüpft war. Der
Humpen traf nicht, und die Ratte huschte davon.
»Sir John, das hatte
mir gut geschmeckt.«
Cranston murmelte eine
Entschuldigung und rief nach einem neuen Humpen.
»Entschuldige, Bruder,
aber die Stadt ist verseucht von dem verdammten Ungeziefer. Ich würde
mich gern mal mit einem deiner Pfarrkinder unterhalten.«
»Mit Ranulf, dem
Rattenfänger?«
Athelstan lächelte und
dankte der Wirtsfrau, als sie ihm einen neuen Humpen brachte; brummelnd
entschuldigte sich Sir John auch bei ihr.
»Da habt Ihr eine
Auswahl von Rattenfängern«, sagte Athelstan. »Ranulf gründet
gerade eine Gilde der Rattenfänger. Sie haben gefragt, ob St.
Erconwald nicht ihre Zunftkirche sein kann. In ein paar Tagen wollen sich
alle dort treffen, um die Messe und die Zunftbruderschaft zu feiern. Ihr
habt recht«, fügte er hinzu, »das warme Wetter hat Eure
pelzigen Freunde in wimmelnden, alles verschlingenden Horden hervorkommen
lassen.« Er trank und setzte seinen Humpen ab. »Aber warum so
aufbrausend, Sir John? Daß Ihr mit einem guten Getränk nach
einer Ratte werft, sieht man selten.«
Cranston trank seinen
Weinbecher leer und brüllte nach einem zweiten; dann beugte er sich
vor und erzählte Athelstan von dem geheimnisvollen Tod seines
Kameraden Oliver Ingham. Aufmerksam betrachtete Athelstan den Coroner. Er sah, daß
der sonst so freundliche Mann tief verletzt und betrübt über den
Tod seines Freundes war. Anfangs sprach Sir John stockend, wurde aber
immer wortgewaltiger, als er berichtete, was er im Hause Inghams erlebt
hatte. Als er fertig war, schnaubte er geräuschvoll durch die Nase
und trommelte mit stämmigen Fingern auf seinem dicken Bauch.
»Ihr seid sicher, daß
es Mord war, Sir John?«
»So sicher, wie ich auf
meinem Arsch sitze.«
Athelstan nagte an der
Unterlippe und schaute sich in der mittlerweile vollen Schenke um. »Wenn
ich Euch helfen kann … ?« erbot er sich.
»Du brauchst nur
nachzudenken«, sagte Sir John. »Ich kenne dich, Athelstan. Du
spazierst davon, setzt dich irgendwo hin und glotzt die blöden Sterne
an, und schon kommt dir irgendeine Idee. Wenn das passiert, komm bitte und
sag es mir.« Cranston schlürfte geräuschvoll aus seinem
Becher und schmatzte dann. »Du sagtest, es ist noch eine zweite
Sache, Bruder?«
Athelstan zog seinen Schemel
näher heran. »Sir John, Ihr habt doch sicher von der wachsenden
Unruhe auf dem Lande rings um London gehört? Daß die Bauernführer
sich zur ›Großen Gemeinschaft zusammenschließen und zum
Marsch auf London verschwören? Sie
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