Der Zorn Gottes
sagen, sie wollen die Stadt bis
auf die Grundmauern niederbrennen, alle Bischöfe und Lords umbringen
und Gaunts Kopf auf eine Stange stecken.«
Cranston beugte sich noch
weiter vor, denn was sie da redeten, war Hochverrat.
»Ich weiß, Bruder«,
raunte er. »Die Steuerlast ist groß und die Ernte noch nicht
eingefahren, die Gefängnisse sind voll, die Galgen ebenfalls. Jede
Woche kommt neue Kunde von Unruhen in den Dörfern und Angriffen auf königliche
Beamte. In Hertford ist ein Steuereintreiber totgeschlagen und an den
Galgen gehängt worden, und daneben eine tote Katze, die sie
kahlgeschoren und wie einen Bischof angezogen haben.« Er schnaufte.
»Aber was kümmert dich das, Bruder?«
»Oh, um Gottes willen,
Sir John! Geht durch die Gassen von Southwark, und Ihr seht eine ganze
Armee, die nur auf das Zeichen wartet: die Unterdrückten, die Gauner,
die Halsabschneider und Diebe. Die leiseste Provokation, und sie strömen
über die London Bridge; dann wird die Stadt wochenlang in Flammen
stehen.« Athelstan senkte die Stimme noch mehr und spielte mit einem
Holzsplitter an der Tischplatte. »Einige meiner Gemeindekinder sind
beteiligt. Pike, der Grabenbauer, Tab, der Kesselflicker… dauernd
schleichen sie wie die Wiesel zu dieser oder jener Versammlung aufs Land
hinaus.«
»Wenn sie erwischt
werden«, sagte Cranston leise, »hängt man sie auf.«
»Ich weiß, ich
weiß, und das macht mir Sorgen. Es wird einen Aufstand geben und
Tote, Mord und grausame Unterdrückung.« Er hielt kurz inne.
»Sir John, habt Ihr schon einmal von einem Mann gehört, der
sich Ira Dei nennt, der Zorn Gottes?«
Cranston nickte. »Jeder
hat schon von ihm gehört«, flüsterte er. »John von
Gaunt hat einen furchtbaren Eid geschworen: daß dieser Mann gehängt,
gestreckt und gevierteilt werden soll. Weißt du, Athelstan, die
Bauern haben recht mit ihren Klagen, und weiß Gott, ihre Lage muß
erleichtert werden. Ihre Anführer sind wilde Männer - Jack
Straw, der Priester John Bull aber hinter ihnen lauert der Führer des
geheimen Rats der Großen Gemeinschaft, die Schattengestalt, die sich selbst Ira Dei nennt. Sein Arm
reicht weit und ist sehr stark. Hast du gehört, was in Aldersgate
passiert ist?«
Athelstan schüttelte den
Kopf.
»In einem schäbigen
Haus dort drang eine Grabesstimme aus den Wänden. Hunderte von Bürgern
drängten hinzu, um dieser, wie sie meinten, Stimme eines Engels zuzuhören.
Als sie schrien: ›Gott schütze unseren Regenten, Herzog John,
antwortete ihnen das eingemauerte übernatürliche Wesen nicht.
Als dann einer rief: ›Gott schütze unseren jungen König
Richardis da antwortete die Stimme: ›So soll es sein.‹ Und
als man fragte: ›Was erwartet Herzog John in der Zukunft?‹,
da antwortete die Stimme spöttisch: ›Tod und Vernichtung.
‹ Die Garde wurde geholt, und sie fand eine junge Frau in den
Mauern, die so tat, als sei sie der Engel. Sie mußte tagelang mit
kahlgeschorenem Kopf am Pranger sitzen. Aber Gaunt glaubt«, Cranston
klopfte mit dem Finger auf dem Tisch, »daß Ira Dei
dahintersteckte. Das zeigt, wieviel Macht und Einfluß er hat, mein
guter Bruder.«
»Und was hat Lord Gaunt
vor?«
Cranston legte den Kopf schräg,
denn die Glocken der nahen Kirche von St. Mary Le Bow läuteten jetzt
zum Abendgebet. »Oh, Gaunt macht sich Sorgen. Er kann kein Parlament
einberufen, denn das Unterhaus ist ihm feindselig gesonnen. Aber heute
abend veranstaltet er ein großes Bankett im Rathaus, und ich muß
auch hin.« Cranston holte tief Luft. »Gaunt hofft, zwischen
den streitenden Parteien der Gilden Frieden zu stiften. Er ist zum Freund
der Londoner Kaufmannsfürsten und ihrer Anführer geworden:
Thomas Fitzroy, Philip Sudbury, Alexander Bremmer, Hugo Marshall,
Christopher Goodman und James Denny. Sie werden ihre neue Freundschaft in
einer Orgie von Leckereien, Wein und falscher Freundlichkeit feiern.«
Er räusperte sich. »Du mußt wissen, mein lieber Bruder,
daß einer der fähigsten Handlanger Gaunts, der Lord Adam
Clifford, sich für seinen Herrn dieser Sache angenommen hat. Jeder
der Gildemeister hat einen großen Goldbarren in eine Truhe gelegt,
die in der Rathauskapelle steht - zum Zeichen ihres guten Willens und der
Unterstützung für den Regenten.« Cranston leerte seinen
Becher und stand auf. »Und ich, mein Bruder, muß als Zeuge
dieser Farce
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