Der Zorn Gottes
James
Denny von den Kurzwarenhändlern, ein Mann mit fleischigem Gesicht,
gekleidet wie ein Hofgeck in seiner engen Hose und der gesteppten, am
Halse offenen Jacke.
Cranston nickte allen zu, und
auch dem Hauslehrer des Königs, Sir Nicholas Hussey, der trotz
silbergrauem Haar und Bart noch jung aussah. Der letzte war Sir Adam
Clifford, Gaunts wichtigster Helfer; er trug ein braunes Gewand, das gut
zu seinem glattrasierten, sonnenverbrannten Gesicht und seinem akkurat
frisierten schwarzen Haar paßte. Gaunt beendete seine Vorstellung.
»Mylord?«
Cranston war erbost über das beleidigende Benehmen des Regenten, der
Athelstan nicht einmal zur Kenntnis genommen hatte. »Mylord, ich
denke, Ihr kennt meinen Secretarius und Schreiber Bruder Athelstan, den
Pfarrer von St. Erconwald in Southwark?«
Gaunt lächelte
herablassend und nickte. Cranston warf dem grinsenden Denny einen erbosten
Blick zu.
»Ihr habt uns rufen
lassen, Mylord Regent. Man hat uns gesagt, Sir Gerard Mountjoy sei
ermordet worden. Wo, wann und wie?«
Mit einer Handbewegung
deutete Gaunt zu dem kleinen Laubengang am anderen Ende des Gartens; die
offene Rathaustür und ein hohes, efeubewachsenes Spalier verdeckte
ihn vor Cranstons Blicken.
»Dort?« fragte
Cranston.
»Ja. Da liegt Sir
Gerard.«
Gaunt klang zornig, aber auch
sarkastische Heiterkeit schwang mit. Er bedeutete ihnen hinzugehen.
»Ihr habt hoffentlich
mehr Glück als wir.«
Verwundert gingen Cranston
und Athelstan am Zaun entlang und schauten über ein kleines Tor in
den Laubengang hinein. Beide machten einen Satz rückwärts, als
zwei große Wolfshunde sich knurrend und bellend gegen die Pforte
warfen, die Lefzen hochzogen und beißwütig die gelben Zähne
fletschten.
Die Laube war geschickt
angelegt, ein Garten im Garten. Vor dem Spalierzaun stand eine Rasenbank,
ein schmaler, gepflasterter Weg führte zu einem Tisch, der auch als
Vogelbad diente, und auf Hochbeeten wuchsen duftende Kräuter: ein
friedlicher, freundlicher Ort für einen Spätsommertag, hätte
da nicht der Mann am Zaun gelegen, dem ein schmaler Dolch tief in der
Brust steckte. Ein grotesker Anblick: Der Mund stand offen, und die Augen
blicken ein wenig scheel, als starre der Tote verblüfft auf die
blutige Wunde, die sein rostbraunes Gewand befleckte.
Cranston studierte das
stumpfnasige, brutale, tote Gesicht eines der gefürchtetsten Sheriffs
von London, dann ging er zu der Gruppe am Springbrunnen zurück.
»Wann ist das passiert,
Mylord?«
Gaunt zuckte elegant die
Schultern und wischte sich die Hände an seinem blauen Samtmantel ab.
»Heute morgen waren wir
in der Messe und hatten dann eine Versammlung im Ratssaal. Wir bereiteten
uns alle auf das Bankett heute abend vor; anscheinend hatte sich Sir
Gerard in seine Privatlaube begeben, um ein bißchen frische Luft und
einen Becher Rotwein zu genießen. Dort fand ihn die Wache so vor.«
Er verzog das Gesicht. »Die verdammten Köter lassen uns nicht
in seine Nähe.«
»Wenn sie Euch nicht
lassen«, sagte Cranston und wies auf eine Gruppe von Armbrustschützen,
die in der Livree von Lancaster geduldig warteten, »dann muß
man sie abschießen.«
Athelstan stand neben
Cranston und musterte diese mächtigen, reichen Männer. Zusammen
mit Gaunt beherrschten sie nicht nur London, sondern das ganze Königreich.
Ihr Silber unterhielt die königliche Armee, versorgte die Flotte und
kontrollierte das Parlament. Er spürte, daß sie über
Mountjoys Tod erschrocken, aber im stillen auch erfreut waren, einen mächtigen
Rivalen abtreten zu sehen, denn Mountjoy, selbst ein Kaufmann, war
machthungrig gewesen wie sie. Der Regent aber, ein Mann mit einem Gesicht
aus Marmor und einem Herzen aus Stahl, hatte große Mühe, seine
Wut im Zaum zu halten, denn sein Plan, diese mächtigen Kaufleute
unter seine Kontrolle zu bringen, war durch Mountjoys Tod rüde
durchkreuzt worden.
»Nun«, bellte
Goodman, »Sir John, Ihr seid des Königs Coroner hier in der
Stadt. Sir Gerard wurde ermordet, und zwar auf abscheuliche Weise. Wir
wissen, wer es getan hat; also schafft die Hunde beiseite.«
»Ach?« Sir John lächelte
ungerührt. »Ihr habt den Mörder auf frischer Tat ertappt?«
»Um Gottes willen,
Mann!« schnarrte Goodman. »Schaut Euch die Laube an. An zwei
Seiten ist der Gartenzaun, die hintere Mauer ist die Rathausmauer, und die
vierte wird
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