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Der Zorn Gottes

Der Zorn Gottes

Titel: Der Zorn Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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Lästerer! Wie konnte man Gott und Seinen
     gerechten Zorn mit Mord und bösem Totschlag in Verbindung bringen?
     All die Seelen, die da unvorbereitet und ohne Segen in die große
     Finsternis mußten! Und all das andere Böse in der Stadt? Das
     besessene Mädchen bei den Hobdens. Der Übeltäter, der die
     abgeschlagenen Köpfe der Verräter stahl. Und der Freund des
     alten Jack Cranston, heimtückisch ermordet und den Ratten zum Fraß
     überlassen. Was hatten diese Dinge mit Gottes Schöpfung zu tun?
     Mit den Sternen, die am Himmel kreisten? Mit dem grünen, fetten Gras
     der Wiese? Mit der einfachen Ehrlichkeit und Gottesfurcht vieler seiner
     Pfarrkinder? Leise murmelte Athelstan die Worte eines Mentors, Pater Paul:
     »Gott ist niemals fern. Er kann nur durch uns handeln. Des Menschen
     freier Wille ist Gottes Tür zur Menschheit.« Was also war mit
     diesen Morden? Er bemühte sich, seine Gedanken zu steuern und nach
     einem alles durchziehenden Faden zu suchen. Der Gesang hörte auf, und
     er öffnete die Augen, als Cranston laut schnarchend rückwärts
     gegen die Bank stieß.
    »Sir John, kommt!«
    Cranston öffnete die
     Augen und schmatzte.
    »Für mich einen
     großen Becher Roten!« brüllte er.
    »Sir John, wir sind in
     der Kirche.«
    Cranston rieb sich die Augen
     und kam schwerfallig auf die Beine.
    »Mir fallt es schwer zu
     beten, Bruder. Ich will dir zeigen, was ich tue.«
    Wie ein großer Bär
     tappte er in die Seitenkapelle und blieb vor der holzgeschnitzten Figur
     der Jungfrau Maria stehen, die ihre Arme um die Schultern des Jesusknaben
     gelegt hatte. Cranston warf zwei Münzen in eine eisenbeschlagene Kiste und
     fischte zehn Kerzen heraus, die er wie eine Reihe Soldaten auf dem großen
     Eisenleuchter vor der Statue aufstellte.
    »Zehn Gebete«,
     murmelte er. »Eins für mich, eins für Lady Maude, eins für
     jedes der beiden Kerlchen, eins für Gog und Magog. Eins für
     dich, eins für Boscombe und Leif, eins für Benedicta, und eins für
     den alten Oliver.«
    »Das sind neun, Sir
     John.«
    »Ach ja.« Mit
     einem Kienspan zündete Cranston die letzte Kerze an. »Und eins
     für jeden anderen armen Scheißer, für den ich hätte
     beten sollen.« Er blies den Kienspan mit weindunstigem Atem aus und
     stürmte durch die Kirche zur Tür. »Das war's, Bruder. Für
     mich heißt es jetzt: Ab ins › Heilige Lamm Gottes‹!«       
    Sie banden ihre Pferde los
     und wanderten in das geschäftige Treiben der Cheapside. Sir John
     rechnete mit der üblichen hingerissenen Begrüßung in
     seiner Lieblingsschenke, aber er sah sich enttäuscht. Die Wirtin
     zeigte nur bebende Erwartung.
    »Sir John, eine
     Nachricht vom Rathaus! Schon mindestens zweimal war ein Bote hier. Ihr
     sollt sofort kommen!« Ihre Stimme dämpfte sich ehrfürchtig.
     »Der Lord Regent selbst befiehlt Eure Anwesenheit!«
    Fluchend und murrend bahnte
     Cranston sich den Weg durch die Cheapside zurück, und ein noch bedrückterer
     Athelstan trottete hinter ihm her. Im Rathaus führte sie ein
     Kammerdiener in einen kleinen Raum mit Blick auf den Garten, in dem
     Mountjoy ermordet worden war. Der Diener klopfte an die Tür und schob
     sie dann hinein. Cranston stolzierte durch die Tür und funkelte den
     Regenten an, der direkt gegenüber saß, zu beiden Seiten
     flankiert von Goodman und den Gildemeistern. Athelstan
     schaute hinauf zu den silbernen und goldenen Sternen, die an die blaue
     Decke gemalt waren, und betrachtete dann die Holztäfelung ringsum.
     Ein angenehmes, luxuriöses Zimmer, dachte er, in dem die Großen
     der Stadt ihre Pläne schmieden. Gaunt winkte sie zu zwei hochlehnigen
     Polsterstühlen.
    »Sir John, setzt Euch.
     Wir warten schon.«
    »Euer Gnaden«,
     raunzte Cranston und ließ seine Massen auf den Stuhl sinken, »ich
     war beschäftigt! Der Schmied Sturmey wurde …«
    »Ich weiß, ich
     weiß«, unterbrach ihn Gaunt. »Ermordet. Von einem oder
     mehreren Unbekannten. Sein Leichnam liegt in einem Schuppen in
     Billingsgate. Und du, Bruder?« Die harten, schlauen Augen musterten
     Athelstan. »Der Verräter Ira Dei hat sich dir offenbart.«
     Gaunt lächelte, als er das überraschte Gesicht des Ordensbruders
     sah. »Wir haben Mittel und Wege, Bruder, um herauszufinden, was in
     unserer Stadt vor sich geht. Was Sturmey angeht, Sir John, so habt Ihr
     seine Werkstatt versiegelt, wenn ich recht verstehe?«
    Cranston nickte.
    »Meine Leute haben die
     Siegel erbrochen«, erklärte

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