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Der Zorn Gottes

Der Zorn Gottes

Titel: Der Zorn Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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schon.«
    »Euer Gnaden, Ihr könnt
     mich nicht zwingen, gegen mein Gewissen zu handeln.«
    Gaunt setzte sich wieder und
     streckte lächelnd die beringten Hände aus. »Aber, aber,
     Bruder, was verlangen wir denn? Wir wollen doch nicht, daß du zum
     Verräter wirst - weder an der Krone noch an der sogenannten Großen
     Gemeinschaft noch an dir selbst.«
    »Was wollt Ihr dann?«
     fragte Cranston leise.
    »Nicht viel«,
     antwortete Gaunt. »Ira Dei ist mit Bruder Athelstan in Verbindung
     getreten. Soll unser treuer und loyaler Bruder doch zurückschreiben.
     Wer weiß? Vielleicht läßt sich der geheimnisvolle Verräter
     in die Karten schauen?« Gaunt lächelte. »Sicher ist der
     Verräter kein Dummkopf, und er würde Athelstan nie vertrauen.
     Aber wie es im alten Sprichwort heißt, Sir John: Keiner kann wissen,
     was vom Apfelbaum fallt, bevor er ihn schüttelt.«
    Athelstan preßte die
     Lippen zusammen; er wollte sich auf nichts weiter einlassen und machte
     seinem Zorn erst Luft, als sie die Ratskammer verlassen hatten und im
     Erdgeschoß des Hauses waren. Cranston war heiterer gestimmt, nicht
     zuletzt, weil er wieder einen Schluck aus seinem Weinschlauch genommen
     hatte.
    »Nur Mut, Bruder.«
     Er klopfte Athelstan auf die Schulter. »Vergiß nicht, der Lord
     Regent muß verzweifelt sein.«
    Athelstan blieb am Fuße
     der Treppe stehen. »Diese Zusammenkunft war ganz fruchtbar, Sir
     John, nicht wahr?«
    Cranston grinste. »Ja.
     Zwei saftige Happen. Erstens: Woher wußte Denny, daß der Lord
     Sheriff Wein trank und sich mit seinen Hunden unterhielt? Eine ziemlich
     eingehende Beobachtung von jemandem, der angeblich nie in die Nähe
     des Lord Sheriffs kam, wenn dieser sich in seinem Privatgarten sonnte.«
    »Und Goodmans
     Verlegenheit?« fragte Athelstan.
    »Ja, ja. Ich glaube,
     unser toter Schlossermeister hatte ein dunkles Geheimnis, das unser Herr Bürgermeister
     kennt.« Cranston warf Athelstan einen scharfen Blick zu. »Da
     ist aber noch etwas, nicht wahr, Bruder?«
    Der Bruder schaute weg, aber
     Cranston sah den Aufruhr in seinem sorgenvollen Blick. Athelstan murmelte
     etwas.
    »Wie bitte, Bruder?«
    »Sagt, Sir John, der
     Lord Regent hat eine Legion von Spionen, nicht wahr?«
    »Legion ist das
     richtige Wort, Bruder. Eher noch ein Schwärm Ameisen, der in der
     ganzen Stadt umherwimmelt. Niemandem kann man trauen, nicht einmal Leuten wie Leif, dem Bettler. Es
     sind keine bösen Menschen; sie sind einfach so arm, daß man sie
     leicht kaufen kann.« Cranston kam näher, und Athelstan bemühte
     sich, nicht vor dem Weindunst zurückzuweichen. »Du fragst dich
     natürlich«, flüsterte der Coroner, »wieviel Gaunt
     über Ira Dei weiß.«
    Athelstan wollte antworten,
     als sie ein Geräusch hörten; sie drehten sich um und erblickten
     hinter sich Sir Nicholas Hussey, den Lehrer des Königs.
    »Mylord Coroner, Bruder
     Athelstan.« Der glatte, silberhaarige Höfling verbeugte sich
     leicht. »Wir haben gehört, daß Ihr im Rathaus seid. Seine
     Gnaden, der König, bittet Euch um einen Augenblick Eurer Zeit.«
    Athelstan warf einen
     verwunderten Blick auf diesen dunkelhäutigen Gelehrten, der von Beruf
     Rechtsanwalt war. Jetzt wurde spürbar, wie Hussey den König im
     stillen beherrschte und wie raffiniert er den Knaben manipulierte.
     Athelstan sah die strahlend blauen Augen des Mannes, klar wie der Himmel
     an einem Sommertag. Er sah auch die Verschlagenheit und erkannte rasch, daß
     Hussey womöglich noch gefährlicher war als der Regent, den sie
     eben verlassen hatten. Auch Cranston blieb stumm und überlegte,
     wieviel Hussey wohl gehört hatte. Dann lächelte er.
    »Es ist uns eine Ehre«,
     brummte er.
    Hussey führte sie durch
     einen Korridor und zu ihrer Überraschung hinaus in den Privatgarten
     hinter dem Rathaus, wo Mountjoy ermordet worden war. Der junge König,
     gekleidet in eine schlichte, lincolngrüne Tunika, das Blondhaar
     zerzaust, saß auf einer Rasenbank, neben sich einen ledernen
     Schwertgurt und ein Paar Jagdstiefel mit Sporen. Eine Kinderarmbrust
     lehnte zu seinen Füßen, und an den Schmutzspuren an Gesicht und
     Händen erkannte Cranston, daß der junge Mann wohl auf der Jagd
     gewesen war, vermutlich in den Wäldern und Wiesen nördlich von
     Clerkenwell. Er und Athelstan verbeugten sich, aber Richard wischte die
     Artigkeiten mit einer Handbewegung beiseite und deutete neben sich auf die
     Bank. Schwertgurt und Stiefel schob er

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