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Der Zorn Gottes

Der Zorn Gottes

Titel: Der Zorn Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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weg.     
    »Sir John, Bruder
     Athelstan.« Mit leuchtenden Augen winkte der König ihnen, sich
     zu setzen. »Mein Onkel ist nicht hier, und so kann ich tun, was ich
     will. Sir Nicholas, wollt Ihr bleiben?«
    Der Hauslehrer verbeugte
     sich. Athelstan sah gerade noch, wie ein Blick zwischen dem jungen König
     und seinem Mentor hin und her ging. Richard ergriff Cranstons Pranke und
     beugte sich vor, damit auch Athelstan sein verschwörerisches Flüstern
     hören konnte.
    »Habt Ihr den Mörder
     schon gefunden?«
    »Nein, Euer Gnaden.«
    »Und wißt Ihr,
     wer dieser Ira Dei ist?«
    Wieder schüttelte
     Cranston den Kopf. Richard lächelte.
    »Aber mein Onkel ist außer
     sich. Ich habe ihn brüllen hören«, fuhr er fort. »Er
     macht allen Vorwürfe. Goodman, der Bürgermeister, und sogar
     seine Kreatur Lord Clifford sind seinem Tadel nicht entkommen. Glaubt Ihr,
     jemand wird meinen Onkel ermorden?«
    Cranston bedachte den Jungen
     mit einem strengen Blick. »Euer Gnaden, wie könnt Ihr so etwas
     sagen?«
    »Oh, ganz leicht; mein
     Onkel wäre gern König.«
    »Euer Gnaden, wer immer
     Euch das einredet, ist ein Verräter und ein Spitzbube. Eines Tages
     werdet Ihr König sein. Ein großer Fürst, wie Euer Vater.«
    Richards Blick umwölkte
     sich, als Cranston Gaunts Bruder erwähnte, den berühmten
     Schwarzen Prinzen.
    »Kanntet Ihr meinen
     Vater gut, Sir John?«
    Cranston wurde sanft. »Ja,
     allerdings, Sire. Ich stand an seiner Seite, als die Franzosen in Poitiers
     versuchten, durchzubrechen.«
    Und auf Richards Bitten hin
     erzählte der Coroner ganz ausführlich von den letzten Phasen des
     Sieges, den der Schwarze Prinz errungen hatte. Richard lauschte mit
     aufgerissenen Augen, bis Hussey betonte, daß der Coroner ein
     vielbeschäftigter Mann sei und sich um andere Dinge kümmern müsse.
     Richard erlaubte ihnen, sich zu entfernen, und dankte Athelstan und
     Cranston herzlich. Sie waren im Gehen, als Richard ihnen auf Zehenspitzen
     durch das Gras nachgelaufen kam und beide am Ärmel festhielt.
    »Wenn Ihr Ira Dei
     findet«, flüsterte er aufgeregt, »bringt ihn zu mir, Sir
     John.«
    Cranston lächelte und
     verneigte sich. Er und Athelstan durchquerten das Rathaus und traten
     hinaus in die Hitze der Cheapside.
    »Was sollte denn das
     nun wieder alles?« brummte Cranston bei sich.
    Athelstan schüttelte den
     Kopf. Erst als sie wohlbehalten an einem Fensterplatz in der Schenke zum
     Heiligen Lamm Gottes saßen, jeder mit einem Humpen kühlen Ales
     in der Hand, sprach der Bruder wieder.
    »Als wir aus dem
     Rathaus kamen, habt Ihr eine Frage gestellt, Sir John. Habt Ihr schon
     einmal daran gedacht, daß diese Morde vielleicht gar nicht das Werk
     des Bauernführers Ira Dei sind, sondern das einer anderen Fraktion am
     Hof, die den Regenten in Mißkredit bringen will?«
    »Du meinst Hussey und
     andere?« Cranston schüttelte den Kopf. »Darauf, guter
     Bruder, kann ich nur antworten: Hast du schon einmal
     daran gedacht, daß der junge König ebenfalls stürzen könnte,
     wenn Gaunt geht?«
    Überrascht lehnte sich
     Athelstan zurück. »Ist die Lage so heikel, Sir John?«
    »Oh ja. Glaubst du, daß
     die Bauernführer, falls es tatsächlich zur Revolte kommt,
     zwischen dem einen und dem anderen Fürsten unterscheiden werden? Hast
     du nicht ihr Lied gehört, Bruder? ›Als Adam grub und Eva
     spann, wo war da der Edelmann?‹« Cranston nahm einen Schluck
     aus seinem Bierkrug. »Was mir mehr Sorgen macht, Bruder, sind Leute
     wie Goodman, Denny und Sudbury, die London gern ohne König sehen würden,
     regiert von Kaufmannsfürsten wie die Städte, mit denen sie ihren
     Handel treiben: Florenz, Pisa und Genua. So viele Mitspieler«,
     murmelte er. »Weiß der Himmel, Bruder, es ist schwer, zwischen
     den Guten und den Bösen zu unterscheiden.« Er brüllte nach
     mehr Ale. »Aber bevor Hussey kam, wolltest du wohl sagen, du
     vermutest, daß Gaunt einen Spion in deiner Pfarrgemeinde hat?«
    Athelstans Gesicht wurde
     verschlossen und schmallippig, und Cranston sah, daß der sanftmütige
     Bruder einen seiner seltenen Wutanfälle hatte.
    »Du hast einen
     Verdacht?«
    »Für den
     Augenblick, Sir John, und mit Verlaub will ich meine Gedanken für
     mich und meinen Mund verschlossen behalten. Aber es stimmt, ich habe einen
     Verdacht.«
    Sie blieben noch eine Stunde
     sitzen; Cranston beschloß, lieber in der Schenke zu essen, als in
     sein leeres Haus zurückzukehren. Die Schatten

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