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Der Zorn Gottes

Der Zorn Gottes

Titel: Der Zorn Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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wurden länger.
     Draußen schloß der Markt, und die Stände wurden abgebaut.
     Als die Taverne sich mit verschwitzten Lehrlingen und
     heiseren Kesselflickern füllte, die danach lechzten, ihren Durst zu löschen,
     holten Cranston und Athelstan ihre Pferde und kehrten durch die sich
     leerenden Straßen zur London Bridge zurück.
    Die meisten Leute waren nach
     Hause gegangen, und so kamen sie mühelos voran. Athelstan bereitete
     sich in Gedanken auf seinen Besuch bei den Hobdens und den Exorzismus an
     dem Mädchen Elizabeth vor.
    »Hast du so etwas schon
     mal gemacht?« fragte Cranston neugierig, während er einen
     bekannten Taschendieb im Auge behielt, der einem müde aussehenden
     Kesselflicker nachschlich.
    »Was gemacht, Sir John?«
    »Einen Exorzismus,
     einen richtigen.«
    Plötzlich drehte
     Cranston sich zur Seite und brüllte quer über die Bridge Street:
     »Foulpie!«
    Der Taschendieb fuhr herum
     und machte ein erschrockenes Gesicht.
    »Foulpie, mein Junge!«
     donnerte Cranston. »Ich habe dich im Auge, du verdammter kleiner
     Dieb! Jetzt sei ein braver Junge und verpiß dich!«
    Der einäugige
     Kesselflicker blieb verblüfft stehen und drehte sich um.
    »Was ist denn los?«
     rief er.
    Cranston grinste und zeigte
     auf Foulpie, der schnell wie ein Windhund in Richtung Eastchepe
     davonrannte.
    »Ein Spitzbube, der es
     auf deinen Tagesverdienst abgesehen hatte.«
    Der Kesselflicker grinste
     dankbar, und der Coroner wandte sich wieder seinem bedrückten Gefährten
     zu.
    »Nun, Bruder?«
     fragte er zwischen zwei Schlucken aus dem wunderbaren Weinschlauch.
     »Hast du schon mal den Herrn Satan oder einen seiner Knechte
     ausgetrieben?« 
    Athelstan grinste schief und
     schüttelte den Kopf.
    »Ich hab's mal gesehen«,
     erzählte Cranston. »Einen echten Exorzismus. Vor fünfzehn
     Jahren, in St. Benet Sherehog. Du kennst die Kirche?«
    Athelstan nickte.
    »Ein Junge aus dem
     Spital von St. Anthony of Vienne wurde dort hingebracht. Na« -
     Cranston bediente sich erneut an seinem Weinschlauch -, »ich habe
     heute noch Alpträume, wenn ich daran denke, Bruder. Weißt du,
     der Exorzist war einer von diesen seltenen Menschen, ein wirklich heiligmäßiger
     Bruder.« Cranston schniefte über seinen eigenen Witz. »Und
     ich war einer der offiziellen Zeugen, bestellt vom Bischof von London. Sie
     brachten diesen Bengel -nicht mehr als vierzehn Sommer war er alt - und
     ketteten ihn an den Chorstuhl, gleich hinter dem Lettner.« Der
     Coroner räusperte sich. Athelstan hörte jetzt aufmerksam zu.
     »Dieser Junge«, fuhr er dann fort, »konnte in fremden
     Zungen reden, sich in die Luft erheben und, was das Schlimmste war, er
     kannte die Geheimnisse der Menschen.«
    »Was ist passiert?«
     fragte Athelstan neugierig.
    »Nun, der Exorzist
     begann mit seinem Ritual, und der Junge veränderte sich plötzlich.
     Er wurde wild und schimpfte, und er verfluchte den Exorzisten mit jedem
     Gossenwort, das er kannte. Nun gibt es da eine Stelle in der Zeremonie, wo
     der Exorzist…«
    »Die feierliche
     Anrufung?« half Athelstan.
    »Richtig. Er ruft den
     Teufel feierlich an und fragt ihn, bei welchem Namen er genannt werde. Die
     Stimme des Jungen, die sonst hoch und dünn klang, wurde plötzlich
     tief und voll. ›ICH BIN DER HERR DER SCHWEINE‹, antwortete
     er.« Cranston schüttelte den Kopf. »Dann wurde es dunkel
     im Chor, und alles stank ganz widerlich und verfault.
     Der Exorzist kam zum Ende des Rituals, wo er den Dämon, der von dem
     Jungen Besitz ergriffen hatte, befiehlt, auszufahren, und der Dämon
     antwortete: ›WO SOLL ICH HIN? WO SOLL ICH HIN?«‹
     Cranston hielt inne und zügelte sein Pferd.
    »Weiter, Sir John,
     bitte.«
    »Nun, es war noch ein
     zweiter Zeuge dabei, ein junger Anwalt von den Advokateninnungen in der
     Chancery Lane. Er hatte dem ganzen Vorgang halb spöttisch zugeschaut,
     und als der Dämon rief: ›WO SOLL ICH HIN? WO SOLL ICH HIN?.,
     da flüsterte dieser schlaue junge Kerl plötzlich: ›Na, er
     kann zu mir kommen..«
    Sir John drehte sich im
     Sattel um. »Bruder, das ist nicht gelogen. Der besessene Knabe warf
     sich rückwärts und fiel in eine todesähnliche Ohnmacht. Ich
     hörte ein Rauschen wie von einem riesigen Vögel, der auf seine
     Beute herabstößt, und der junge Advokat wurde plötzlich in
     die Luft gehoben und gegen eine Säule geschleudert. Er war tagelang
     bewußtlos.« Cranston trieb sein Pferd weiter.
    »Warum erzählt Ihr
     mir

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