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Der Zorn Gottes

Der Zorn Gottes

Titel: Der Zorn Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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Behutsam legte er ihn in die verbreiterte
     Bolzenrinne und spannte langsam die starke Armbrustsehne.
    »Sehr gut«, sagte
     Athelstan leise. »Und jetzt, Simon, versucht, den Dolch mit der
     Armbrust mitten in das oberste Kissen zu schießen, in das mit den grünen
     Fransen.«
    Fluchend und grummelnd hob
     Simon die Armbrust und schoß den Dolch ab; der flog davon wie ein
     Stein von einer Schleuder, aber der Waffenschmied hatte nicht gut gezielt.
     Der Dolch blieb im Holzzaun stecken, er hatte die Kissen knapp verfehlt.
     Keuchend und schnaufend hastete Cranston hinüber, brachte ihn zurück
     und ermahnte Simon, die Hände ruhig zu halten, sonst würden sie
     alle drei die nächste Woche in Newgate verbringen. 
    Wieder stemmte der
     Waffenschmied die Armbrust auf den Boden und kurbelte die Sehne zurück.
     Der lange Dolch wurde in die Bolzenrinne gelegt. Er zielte sorgfältig,
     und diesmal schnellte der Dolch richtig davon, bohrte sich tief in das
     Kissen und nagelte es an den Holzzaun dahinter. Cranston krähte
     triumphierend und klatschte in die Hände wie ein Kind.
    »Es klappt!« rief
     er. »Es klappt!«
    Er stürzte ins Rathaus
     und kam kurz darauf mit Gaunt und seinen Gefährten aus dem Ratszimmer
     zurück. Athelstan und der Waffenschmied, der die Armbrust wieder in
     den Sack gesteckt hatte, standen am Gartentor und betrachteten das
     Polster.
    »Was soll dieser
     Unsinn?« schrie Goodman. »Ihr bringt uns her, Cranston, um uns
     ein Kissen mit einem Dolch darin zu zeigen?«
    Gaunt indessen stieß
     das Gartentor auf und ging hinein; er packte den Dolch und drehte ihn
     behutsam heraus. Eine kleine Wolke von Staub und Gänsefedern erhob
     sich.
    »Ihr habt ihn nicht
     hineingestoßen, Cranston?«
    »Nein, Euer Gnaden«,
     antwortete der Coroner. »Der Dolch wurde mit einer Armbrust durch
     eine Lücke im Zaun geschossen.«
    »Geht das denn?«
     rief Denny.
    »Oh ja, das geht!«
     Sudbury lächelte den Bürgermeister honigsüß an.
     »Meint Ihr nicht auch, Sir Christopher? Ihr gehört doch der
     Bogenmachergilde an.«
    Der Bürgermeister war
     blaß; Cranstons Bekanntmachung hatte ihn offensichtlich ziemlich
     erschüttert.
    »Nun?« Gaunt
     funkelte ihn an.
    »Euer Gnaden, das ist
     ganz einfach«, murmelte der Mann. »Der Dolch gleicht
     demjenigen, mit dem der Sheriff getötet wurde; er hat keinen
     Griffschutz, und man kann ihn mit einer Armbrust abschießen, wenn
     man die Bolzenrinne verbreitert und vertieft. Die Armbrust ist ein verstärkter
     Bogen, und der Dolch wird zum Pfeil.«
    »Ihr müßt
     wissen -« fiel ihm Simon, der Waffenschmied, ins Wort. Dann fiel ihm
     ein, wo er war, und er schlug sich die Hand vor den Mund.
    »Los, Simon«, drängte
     Cranston leise. »Schießt den Dolch noch einmal ab!«
    Simon eilte davon. Man sah
     ihn hinter dem Zaun in dem überdachten Gang, man hörte die Sehne
     schwirren, und wieder sauste der Dolch in die Polster.
    »Da seht Ihr's.«
     Cranston streckte die Hände aus. »Stellt Euch vor, Ihr guten
     Herren, wie Sir Gerard Mountjoy in der Nachmittagssonne sitzt und in
     seinem Privatgarten seinen Wein und die Gesellschaft seiner Hunde genießt.«
     Er sah Denny an. »Ihr habt ihn dort gesehen. Im Rathaus ist es
     still; alles döst oder ruht in der Nachmittagshitze, aber unser Mörder
     schleicht sich durch den überdachten Gang heran. Unter seinem Umhang
     hat er eine Armbrust wie diese hier oder einen ähnlichen Bogen, den
     er extra dafür gekauft hat. Die Lücke im Zaun ist breit genug.
     Der Mörder zielt, und Sir Gerard ist auf der Stelle tot, denn der
     Dolch hat sein Herz durchbohrt, ohne daß der Mörder den Garten
     betreten und an den Hunden vorbei mußte. Er schleicht davon.
     Vermutlich«, fuhr Cranston fort, »hatte er vorher geübt,
     und so war die Mordtat im Handumdrehen ausgeführt. Die Hunde bekamen
     kaum etwas mit, und Sir Gerard war auf der Stelle tot.« Er nickte,
     als Athelstan ihn beim Ärmel faßte und ihm etwas ins Ohr flüsterte.
    »Und Fitzroy?«
     fragte Gaunt.
    Cranston wartete, bis
     Athelstan durch die Rathaustür verschwunden war.
    »Oh, der Mord an
     Fitzroy war noch raffinierter. Dazu müssen wir in den Raum zurück,
     in dem er starb. Aber der Mörder, der Mountjoy tötete, benutzte
     für den Mord an Sturmey die gleiche Methode. Der erbarmungswürdige
     Schlosser wurde aus Gründen, die ich später erläutern
     werde, nach Billingsgate zum Kai gelockt. Er wartete auf jemanden. Er ging
     auf und ab und fragte

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