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Der Zorn Gottes

Der Zorn Gottes

Titel: Der Zorn Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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in die Cheapside und die Friday Street
     hinauf. Dort standen die Häuser dicht beieinander; Ladenschilder, die
     an Stangen hingen, baumelten gefahrlich dicht über den Köpfen
     der Menschen. Cranston blieb unter dem bunten Bild einer Sturmhaube und
     eines Paars Eisenhandschuhe stehen.
    »Reden wir ein paar
     Worte mit dem alten Simon.«
    Trotz der schmalen Fassade
     war die Werkstatt im Innern des Hauses groß und höhlenartig. Im
     Garten dahinter befand sich eine kleine Schmiede, in der schwitzende
     Lehrlinge Metallstücke aus dem tosenden Feuer zogen und auf Ambosse
     legten, um sie mit aller Kraft zurechtzuhämmern. Ein kleiner,
     rotgesichtiger Mann erschien wie aus dem Nichts. Mit seinen funkelnden,
     flinken Augen, dem schütteren Haar und den langen, spitzen Ohren
     erinnerte er Athelstan an einen Kobold.
    »Sir John!« Die
     Augen des kleinen Mannes blitzten bei der Aussicht auf Profit, als er die
     Körpermassen des Coroners erblickte. »Ihr seid gekommen, um
     eine Rüstung zu kaufen?«
    Der kleine Mann befeuchtete
     sich die Lippen, während er im Geiste schon ausrechnete, was es
     kosten würde, einen so dicken Bauch mit Kettenhemd und Harnisch zu
     schützen. Eine Zeitlang neckte Cranston ihn, aber dann schlug er dem
     kleinen Kerl so heftig auf die Schulter, daß er ihn fast in den
     Boden gerammt hätte.
    »Unsinn, Simon, und das
     weißt du. Die Tage des Kampfes sind für mich vorüber. Das
     hier ist Athelstan, mein Schreiber.« Leichthin wedelte er mit einer
     fetten Hand. »Und er hat eine Theorie. Erkläre!«
    Athelstan gehorchte. Simon hörte
     zu, zog eine Grimasse und zuckte die Achseln. »Natürlich.«
    Er ging in den hinteren Teil
     der Werkstatt und öffnete - verwickelt in eine hitzige Debatte mit
     Cranston über Dolche, Hirschfänger, italienische Stilette,
     Langbogen und große und kleine Armbrüste - eine große
     Truhe. Ein Lehrjunge wurde hereingerufen und mußte durch eine
     Demonstration beweisen, daß Simon recht hatte.
    Eine Stunde später
     wanderten Cranston, Athelstan und der kleine Waffenschmied, der einen
     Ledersack über der Schulter trug, zurück in die Cheapside und
     geradewegs zum Rathaus. Athelstan machte bei einem Bäcker halt und
     kaufte einen Leinenbeutel mit Marzipan und doucettes. Dann mußten
     sie noch einmal stehenbleiben, weil Büttel eine Reihe von Übeltätern
     und Sträflingen aus den Gefängnissen in Newgate und Fleet ihrer
     Strafe zuführten.
    Es war die übliche
     niedergeschlagene Prozession von Gaunern, Dieben und Nachtvögeln.
     Aber dann kam ein Karren, dem zwei Dudelsackspieler vorausgingen, die ein
     munteres, flottes Liedchen spielten. Der Pferdekarren war mit allerlei
     grausigen Gegenständen übersät und verbreitete einen
     Kloakengestank, der die Leute auf der Straße empört aufschreien
     ließ. Hinten auf dem Karren standen die beiden Reliquienhändler,
     die Cranston am Vortag verhaftet hatte. Ihre Gesichter waren blutig, ihre
     zerzausten Haare von allerlei Unrat verschmiert, und die Menge bewarf sie
     weiter mit Kot und Abfällen.
    Cranston grinste, Athelstan
     aber durchfuhr schmerzliches Mitleid; man hatte den beiden Männern
     die Hose bis auf die Knöchel heruntergerissen, und ihre blanken
     Hintern waren wund und blutig, denn zwei Büttel peitschten sie mit
     dicken Ledergürteln. Hinter diesen Missetätern marschierte ein
     Beamter mit einer bunt bemalten Proklamation, die »die gräßlichen
     Verbrechen dieser beiden Betrüger« schilderte.
    »Was passiert mit
     ihnen?« fragte Athelstan.
    »Nicht das, was sie
     verdient hätten«, grollte Cranston. »Der Karren mit den
     sogenannten Reliquien fahrt zur London Bridge, dort wird der städtische
     Henker alles verbrennen. Unsere beiden Hübschen werden danach nach
     Aldgate gepeitscht, losgebunden und aus der Stadt verbannt; werden sie
     noch einmal ertappt, verlieren sie einen Arm, und beim zweiten Mal ihr
     Leben.« Cranston blickte über die Menge hinweg, die
     Schimpfworte brüllte, als der Karren in der Mercery verschwand.
     »Das ist eine Lektion für die anderen - die sie morgen bestimmt
     schon wieder vergessen haben.«
    Sie gingen weiter über
     die Cheapside, und der kleine Waffenschmied verwickelte Cranston von neuem
     in eine erbitterte Diskussion über die Überlegenheit mancher
     Waffen. Vor dem Rathaus mußten sie eine Weile warten, bis ein
     Ratsdiener sie in den Saal führte, in dem Gaunt saß, flankiert
     von Clifford und Hussey und den Gildemeistern. Der

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