Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Zorn Gottes

Der Zorn Gottes

Titel: Der Zorn Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
Vom Netzwerk:
Versuchung, Ursulas massige Sau über den
     Haufen zu reiten, die sich mit flatternden Ohren schwerfällig die
     Straße heraufschleppte; wahrscheinlich war sie schnurstracks
     unterwegs zu seinem Garten. An einer kleinen Aleschenke hielt Athelstan
     an; Cecily saß dort mit keck übereinandergeschlagenen Beinen
     und war in ein Gespräch mit Pike, dem Grabenbauer, vertieft.
     Athelstan gab den beiden die Kirchenschlüssel.
    »Cecily«, sagte
     er in bittendem Ton, »die Kirche muß einmal gründlich
     geputzt werden, und ich habe dich dafür bezahlt.«
    Die kindlichen blauen Augen
     des Mädchens füllten sich mit Tränen. »Oh, Pater, es
     tut mir leid, aber …«       
    »Cecily war beschäftigt«,
     unterbrach Pike. »Mit Alberto.«
    »Mit wem?«
    »Mit einem Matrosen von
     einer Genueser Kogge, die in Dowgate lag.« Pikes Grinsen wurde
     breiter. »Jetzt ist er weg, Cecily ist wieder bei uns, und die
     Kirche ist bald sauber.«
    Athelstan lächelte.
     »Hat er dir gefallen, Cecily?« 
    »Oh ja, Pater. Er hat
     versprochen, in zwei Monaten zurückzukommen.«
    Athelstan nickte und trieb
     Philomel voran. Aye, dachte er. Die arme Cecily. Cranston würde
     sagen: »Alberto kommt zurück, wenn Ursulas Sau Flügel
     kriegt.« Er tätschelte Philomels Hals.
    »Wir sind die Armen,
     Philomel«, sagte er leise. »Vergiß das nie. Und wenn Wünsche
     Pferde wären, dann könnten Bettler reiten.«
    »Führt Ihr
     Selbstgespräche, Pater?«
    Athelstan blickte auf. Er
     hatte die Priorei von St. Mary Overy hinter sich gelassen und war auf der
     breiten Straße, die zur Brücke hinunterführte. Um ihn stießen
     und drängten sich die Leute, und er sah nicht, wer gesprochen hatte.
    »Pater, ich bin's.«
    Athelstan schaute hinunter.
     Fast verborgen unter Philomels Maul stand Burdon, der Torhauswächter.
    »Nein, Master Burdon,
     ich habe gebetet«, log er.
    Das Männchen kam näher.
     »Wo ist Sir John? Oh, sagt's mir nicht - er sitzt berauscht in
     irgendeiner Schenke in der Stadt. Was ist mit meinen Köpfen?«
    »Was soll mit ihnen
     sein?« fragte Athelstan. »Sind wieder welche verschwunden?«
    »Nein.« Der
     kleine Mann reckte die Schultern. »Aber die, die weg sind, sollten
     zurückkommen.«
    »Na, ich werde Sir John
     Bescheid sagen.«
    »Gut. Und sagt ihm, er
     soll bald vorbeikommen. Meine Frau erwartet wieder ein Kind.«
    Athelstan winkte und trieb
     Philomel weiter. Burdon sollte sein überraschtes Grinsen nicht sehen;
     es war sicher eines der großen Geheimnisse Gottes, wie so ein
     kleiner Mann der stolze Vater eines ganzen Kirchenchors von Kindern sein
     konnte.
    Auf der London Bridge drängten
     sich Fuhrwerke und Packpferde, und Athelstan mußte geduldig warten;
     er nahm sich vor, nicht durch die Lücken auf den tobenden Fluß
     hinunterzuschauen. Endlich war er drüben und ritt die Bridge Street
     und die Lombard Street hinauf in die verkehrsreiche Cheapside.
    Erfüllt von den Freuden
     des Frühlings, hatte Sir John die Nachricht von Crim empfangen und saß
     im »Heiligen Lamm Gottes«, wo er geschäftig einen Teller
     Aale mit frischgebackenem Brot verzehrte. Er wirkte frisch und ausgeruht
     und hätte Athelstan in seiner Umarmung beinahe zerquetscht.
    »Ich hab's schon einmal
     gesagt«, dröhnte der Coroner, »und ich sage es wieder: Für
     einen Mönch bist du gar nicht so übel!« Er hielt Athelstan
     auf Armeslänge von sich. »Trink einen Roten!«
    »Nein, Sir John.«
    »Du hast den Mörder
     entlarvt?« flüsterte Cranston.
    »Habt Ihr die Nachricht
     zum Rathaus geschickt?«
    Cranston nickte.
    »Dann setzt Euch, Sir
     John, und ich will Euch erzählen, was ich denke.«
    Der Coroner trank, während
     Athelstan ihm seine Gedanken darlegte. Er stellte ein paar Fragen; dann saß
     er da, hielt seinen Humpen mit beiden Händen umschlungen und starrte
     in die Cheapside hinaus.
    »Bist du sicher,
     Bruder?« fragte er schließlich.
    »Nicht ganz, aber es
     ist die einzig logische Erklärung.«
    »Woher wissen wir, daß
     die Person, die du nennst, nicht Ira Dei ist?«
    »Ich bezweifle es, Sir
     John, aber möglich wäre es.«
    »Aber könnte
     jemand so mit einem Dolch umgehen? Nein, nein.« Cranston wedelte mit
     der Hand. »Andererseits, es könnte natürlich gehen. Komm,
     geh mit mir zu Simon, dem Waffenschmied. Unsere Kameraden im Rathaus
     erwarten uns erst um die Mittagsstunde, oder?«
    Athelstan nickte. Cranston
     wuchtete seinen mächtigen Wanst hoch und stapfte breitbeinig hinaus
    

Weitere Kostenlose Bücher