Der Zuckerkreml
Füßen im schmatzenden, mit Stroh abgedeckten Mist. Die drei
anderen, schon gemolkenen Tiere standen daneben und mampften Heu.
»So ist’s gut …«
Sascha schaute unter die Kuh, richtete den mit Mist
beschmiertenSchlauch der Margerite, in dem man die Milch pulsieren sah. Richtete sich wieder auf,
rieb sich mit dem Jackenärmel den Schweiß von der Stirn.
»So ist’s gut«, wiederholte sie.
Die Margerite piepste ihr »Ende!« und schaltete sich ab.
»Na. Das ist ja gar nichts.«
Sascha ging in die Hocke und nahm die Margerite vom Euter. »Mein Gott, ob dieser
Frühling bald mal aufhört?«
Die Margerite im
Griff, den Schlauch hinter sich herziehend, ging sie über den höckrigen Bodenbelag
zur Tür. Die Kuh muhte.
»Ach Gott, ja.«
Sascha hatte das Heu vergessen.
Sie hängte die Margerite, aus der Milch tropfte, an den Verschlag und ging zum Heusack,
lud Heu auf die Forke, brachte es herüber, legte es vor der Kuh ab. Stellte die
Forke an die Wand, griff eine Handvoll grobes Salz aus dem Henkelkorb, streute es
über das Heu.
»Friss …«
Sie klatschte der Kuh die Hand gegen die Flanke, ergriff
die Margerite, wickelte den Schlauch auf,
fasste den Wickel und ging aus dem Stall, die filzbeschlagene Tür mithilfe des
Pflocks hinter sich verschließend.
Auf dem Hof hinterm Haus war es morastig. Vom grauen
Morgenhimmel fiel feuchter Schnee in vereinzelten großen Flocken. Freundchen, der
Hofhund, streckte seine zottige Schnauze aus der Hütte, sah Sascha mit griesgrämigem
Blick hinterher. Sie wickelte den schmutzigen Schlauch auf, der sich quer über den
Hof vom Stall zum Haus zog. Dort öffnete Sascha die Hintertür, zerrte das
Schlauchknäuel in den kärglich erleuchteten Flur und ließ essogleich in ein gefülltes Wasserfass plumpsen; die Margerite hakte sie an den Rand. Zog die
dreckigen Stiefel von den Füßen. In Wollsocken ging sie zur Stubentür, durch die
sich das saubere Ende des Schlauches zog, öffnete und trat ein.
In der Stube war es sauber, warm und hell – über dem Tisch
brannte eine Tageslichtlampe. Im großen russischen Ofen prasselte das Holz. Neben
dem Ofen standen in Krippen zwei Kälber. Sowie sie Sascha sahen, blökten sie
gellend. Die graue Katze kam von ihrem Liegeplatz auf dem Ofen gesprungen, wischte
Sascha um die Beine, rieb sich daran. Sascha stieß sie sachte beiseite.
»Lass sein!«
Sie zog die Wattejacke aus und hängte sie an den Haken
neben der Tür. Fuhr in die alten, ausgebesserten Filzschuhe. Spülte sich am
Waschbecken den Schmutz von den Händen, wischte sie an einem schmutzigen Handtuch
trocken. Schöpfte eine Kelle Wasser aus dem Bottich auf der Bank, trank gierig.
»Oi … das tut gut …«, keuchte sie.
Sie schaute in den Ofen. Richtete mit dem Schürhaken die
brennenden Scheite. Ging zu dem in der Ecke stehenden Separator, drückte einen
Knopf, schaute auf die Anzeige.
»Das ist ja wirklich gar nichts.«
Sie zapfte Milch aus dem Hahn in zwei Einliterflaschen,
setzte Gummisauger auf und hielt sie den Kälbern hin. Die begannen zu nuckeln. Ihre
dunkellila Augen blickten konzentriert.
»Morgen kommt ihr zurück zu euern Müttern, dass ihrs
wisst«, verkündete Sascha. »Sonst scheißt und pisst ihr Kosmonauten mir hier die
Bude voll …«
Die Kälber nuckelten und schmatzten, reckten die Hälse.
Die Katze kam wieder, rieb sich an Saschas Bein. Während Sascha wartete, dass die
Kälber fertig wurden, überlegte sie, wie sie diesmal mit der Sahne verfahren sollte.
»Sechs Schachteln sollten es werden, dann krieg ich eine Packung
zusammen. Sechs sind es bestimmt … oder doch nur fünf … Aber nein, sechs, sechs wäre
gut, dann könnte ich sie heute noch abschicken … Sonst ginge es erst wieder Montag …
Und ob da ein Auto kommt, fragt sich noch … Bin mal gespannt, ob sechs rauskommen …
Könnte knapp werden …«
Als die Flaschen bis auf eine Neige leer genuckelt waren,
nahm Sascha sie den Kälbern weg, zog die Sauger ab und goss die Reste für die Katze
ins Schälchen.
»Da hast du, Klette!«
Miauend flitzte die Katze zum Schälchen und begann hastig
zu schlecken.
»Na gut …«
Sascha spülte am Becken die Flaschen und stellte sie
zurück auf das Bord.
Sie schüttete einen Becher Buchweizen in einen kleinen
gusseisernen Topf, gab Wasser hinzu, eine Prise Salz und einen Löffel Butterschmalz,
setzte den rußigen gusseisernen Deckel auf, packte den Topf mit
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