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Der Zuckerkreml

Der Zuckerkreml

Titel: Der Zuckerkreml Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vladimir Sorokin
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der kleinen
     Topfgabel und schob ihn in die Röhre. In einem größeren Topf mit Wasser lagen die am
     Vorabend geschälten und geschnittenen Kartoffeln, Möhren und zwei Stangen Lauch.
     Sascha ging hinaus auf den Flur und in die Vorratskammer, wo sie eine Büchse
     chinesisches Schmalzfleisch holte. Die schnitt sie mit dem Büchsenöffner auf und
     leerte sie in den großen Topf. Dazu kamen Lorbeerblätter und Salz. Dann packte sie
     den Topf mit der großen Topfgabel und schob ihn gleichfalls in die Röhre. Mit dem
     Schürhaken ordnete sie die heruntergebrannten Scheite.
    »Gut …«
    Sie schaltete den Separator ein. Er begann zu surren.
    Sascha riss eine neue Packung Becher auf, zog sechs aus
     der Silberfolie, dazu sechs Deckel mit lebendem Bild:Rotbunte Kuh
     zwinkert gut gelaunt mit großem schwarzen Auge und schüttelt so heftig den Kopf,
     dass eine rote Buchstabengirlande herausgeschleudert wird: SAHNE AUS CHLJUPINO 15%.
    Sascha stellte die Becher auf dem Schemel bereit und
     wartete, bis der Separator zu schleudern aufhörte, piepste und grün blinkte.
    »Dann wollen wir mal!«
    Sascha stellte den ersten Becher unter den Trichter und
     drückte den roten Knopf. Der Becher füllte sich mit Sahne. Sascha schob den nächsten
     unter. Die Sahne kroch als weißer Wurm aus dem Trichter.
    »Komm, bitte sei so lieb …«, bettelte Sascha, während sie
     die Becher abfüllte.
    Als der fünfte voll war, rückte sie den sechsten unter den
     Strahl.
    »Lieber Gott im Himmel, dein Wille geschehe …«, betete
     sie.
    Surrend füllte der Separator auch den sechsten Becher.
    »Na, Gott sei Dank!«, jubelte Sascha erleichtert und
     rückte ein geschliffenes Trinkglas unter den Trichter.
    Der Separator füllte es zur Hälfte, dann schaltete er sich
     ab.
    »Fein gemacht, mein Bester!«
    Sascha küsste die halbrunde Metallhaube des Separators und
     schaltete um auf Ablassen. Im
     durchsichtigen Schlauch, der zur Tür lief, sah man den trüben Abzutsch gluckern.
     Sascha nahm die Pistole und versiegelte die
     sechs Becher mit blausilberner Folie, setzte die Deckel auf, stapelte sie vor der
     Brust und trug sie nach nebenan in die Vorratskammer.
    »Gut.«
    In der Kammer quer über dem Sauerkrautfass lag ein
     Plastikbrett, darauf ein Karton, von dessen Seite dieselbe Kuhblinkerte. Sascha klappte den Karton auf. In ihm standen Sahnebecherchen dicht an
     dicht. Für genau sechs war noch Platz. Sascha packte sie dazu, verschloss den
     Karton, zog ein breites Klebeband darum und stempelte den Code auf sowie das Datum: 19.03.2028.
    »Das hätten wir!«
    Sascha kehrte in die Stube zurück, nahm die Fernspreche
     vom Tisch, schaltete ein und wählte.
    Die Fernspreche piepte, und ein winziges unscharfes
     Hologramm sprang hervor: Ein Bursche mit verschlafenem Gesicht hob den Kopf vom
     Kissen.
    »Wass’n los?«
    »Du schläfst?«, fragte Sascha verwundert.
    »Ach, du bist’s«. Der Bursche räkelte sich grinsend und
     gähnend. »Ich war gestern aus. Mit den Anikins.«
    »Na, dir geht’s ja gut … Wann fährst du mal wieder in die
     Stadt?«
    »Muss leider heute.«
    »Ach?«
    »Hm.«
    »Nimmst du einen Karton von mir mit?«
    »Einen Karton? Von mir aus.«
    »Wann kommst du vorbei?«
    »Na, sagen wir … Wie spät ist es jetzt? Ach, schon neun …
     Verdammt …«
    »Stimmt, neun.«
    »Um zehn muss ich da sein. Bin gleich bei dir, Sascha.«
    »Na dann bis gleich.«
    Sascha löschte das Hologramm, schaltete die Fernspreche
     ab. Sah in den Ofen, rührte mit dem Schürhaken in der Holzkohle, schob sie näher zu
     den Töpfen. In der orangenen Glut brannte noch hartnäckig ein einsames Scheit.
    »Komm her, du Schlingel …«
    Sascha kratzte das Scheit aus der Röhre heraus auf dasOfenblech, verschloss das gähnende Ofenloch mit dem eisernen
     Schirm, langte nach oben, schloss die Klappe im Rohr.
    Sie zog die Filzschuhe aus und fuhr in die Stiefel, packte
     mit der schmiedeeisernen Feuerzange das immer noch brennende und blakende
     Holzscheit, ging damit auf den Flur, nach hinten zur Tür und hinaus auf die
     Vortreppe, von wo sie das Scheit in das Gemüsebeet schleuderte. Dort lagen noch
     Reste von schmutzigem Schnee.
    »Und tschüss.«
    Das Scheit zischte.
    Sascha schaute von der Treppe zu den wenigen anderen
     Häusern des Dorfes hinüber. Menschen waren keine zu sehen. Bei den Kopylows rauchte
     der Schornstein, beim Hauptmann, bei Motte und beim Gockel auch. Vor Gudilichas
     schiefer Hütte liefen Hühner umher und ein

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