Der Zuckerkreml
schüttelte
ihn.
»Ich bin dein Freund!!«, entfuhr es Komjaga so heftig,
dass Kubassow innehielt.
Komjaga stieß die Hände von sich. Der Opritschnik war
leichenblass geworden, nur die linke Gesichtshälfte glühte rot wie Feuer.
»Dein Freund bin ich! Andrej!«
Kubassow funkelte Komjaga aus zornigen Äuglein an.
»Was willst du hier?«, wisperte er.
»Der Alte ist verhaftet.«
Kubassow musterte ihn. Sein aufgedunsenes Gesicht wurde
konzentriert, die Äuglein schmal. Er leckte sich über die feuchten Lippen. Dann
packte er Komjaga jäh beim Arm, drehte sich um und zerrte ihn hinter sich her.
»Mitkommen!«
Komjaga stolperte hinterdrein.
»Verhaftet stimmt nicht ganz«, raunte er. »Festgesetztzur Klärung eines Sachverhalts, für vierundzwanzig Stunden.
Potyka ist zum Anführer der Opritschnina ernannt. Der Gossudar scheint sie dem
jüngeren Flügel in die Hände zu legen, das ist gut so …«
»Komm, komm!«, zerrte Kubassow ihn weiter.
Sie verließen das Schwimmbad. Kubassow zog Komjaga zu den
Fahrstühlen.
»Unser Gossudar kann das selbstverständlich am besten
einschätzen«, fuhr Komjaga mit einem Seitenblick auf die Wächter mit den
Maschinenpistolen zu räsonieren fort.
Kubassow trat, Komjaga mit sich zerrend, in den
verspiegelten Fahrstuhl, drückte auf den Knopf mit der 3. Der Fahrstuhl setzte sich
aufwärts in Bewegung. Komjaga sah auf sein Spiegelbild.
»Potyka, der hat früher zum linken Flügel gehört, aber
jetzt hat es ihn …«
»Ein wahrer Schwitzkasten!« Kubassow lachte dröhnend, mit
dem Finger auf sein Spiegelbild zeigend. »Und wo Schweiß ist, da ist auch Blut. Blut
und Tränen. Nicht?«
Komjaga blickte finster in den Spiegel, Kubassow in die
Augen.
Der Fahrstuhl hielt. Kubassow eilte hinaus, Komjagas
Handgelenk im Klammergriff.
»Hier lang. In den ewigen Unterschlupf …«
Vor dem Fahrstuhl standen vier Wächter in Schwarz mit
Maschinenpistolen. Weiter hinten befand sich das große persönliche Kabinett des
Bojaren. Die drei Fenster mit außenverspiegeltem Panzerglas, in jedes eine
Schnellfeuerkanone montiert. Zwei waren mit Schützen besetzt. Vor der mittleren,
unbesetzten stand ein schwerer Ledersessel.
»Hierher!« Kubassow dirigierte Komjaga zum Tisch.
Auf dem Tisch lag ein großer Spiegel, und auf diesem waren
fein säuberlich, in engem Abstand, mehrere DutzendKokainlinien
gezogen. Eine beschlagene Karaffe mit Wodka stand daneben.
Ach ja, dachte Komjaga bekümmert. Alles wie gehabt.
Und laut sagte er: »Kirill, was ich dich fragen wollte …«
»Mach schon!«, fiel ihm Kubassow ins Wort, stieß ihn vor
den Tisch. Nahm selbst ein goldenes Röhrchen zur Hand, beugte sich über den Spiegel
und zog sich geschickt je eine Linie in die Nasenlöcher.
Sogleich trat einer der Wächter heran und füllte ein
Gläschen mit Wodka. Kubassow schniefte kurz, kippte das Gläschen im Gehen, atmete
keuchend aus und zog sogleich die dritte Linie, dann schmiss er das Röhrchen auf den
Spiegel, und sein dicker Zeigefinger wies Komjaga herrisch zur Tat. Mit einem
unlustigen Seufzer ergriff Komjaga das Röhrchen, sog bedächtig erst die eine, dann
die zweite Linie ein, richtete sich auf. Der Leibwächter brachte den Wodka. Komjaga
trank und atmete erleichtert aus. Doch Kubassows dicker Zeigefinger klopfte fordernd
auf den Spiegel.
»Ein Schemel steht auf drei Beinen! Drei!«
Gezwungenermaßen beugte Komjaga sich noch einmal hinab und
verleibte sich einen dritten Streifen ein. Kubassow lachte laut und herzlich,
tätschelte ihm den Rücken und rief, den erhobenen Zeigefinger schüttelnd:
»Und das alles nur, weil kein Erdgas mehr da ist. Die
verdammten Schlitzaugen haben es restlos abgezapft!«
Komjaga hatte sich wieder aufgerichtet. Er zückte sein
Taschentuch, putzte sich die Nase. Kubassow packte ihn an der Brokatjacke.
»Das Fass braucht einen neuen Reifen! Andere Saiten müssen
aufgezogen werden im Lande! Darum geht’s ihm, nicht war? Das verstehst du doch?«
Komjagas Brauen schnellten in die Höhe.
»Natürlich verstehe ich das, Kirill Iwanowitsch, wiekönnte ich nicht? Unser Gossudar hat Großes im Sinn, und das ist
gut so …«
»Unser Gossudar ist eine stinkende Kanalratte«, versetzte
Kubassow mit säuerlichem Grinsen, und sein aufgedunsenes Gesicht kam dem von Komjaga
ganz nahe. »Sollten wir ihn nicht auf die Schädelstätte zerren und vierteilen? Oder,
sagen wir, sechsteilen? Oder
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