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Der Zusammenbruch

Der Zusammenbruch

Titel: Der Zusammenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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Erwartung hinaus verblieb ihm in dem gefühlsmäßigen Schauder vor den Dingen, die da kommen sollten, doch die Gewißheit, daß sie siegen würden.
    Plötzlich wurde am 3. August die Nachricht von dem am Tage vorher errungenen Siege bei Saarbrücken laut. Ein großer Sieg, soweit man wußte. Aber die Zeitungen schäumten von Begeisterung über: das bedeutete den Einfall in Deutschland, den ersten Schritt auf dem Wege zum Ruhm; und um den kaiserlichen Prinzen, der auf dem Schlachtfelde kaltblütig eine Kugel aufgelesen hatte, begann sich schon ein Sagenkreis zu spinnen. Als dann zwei Tage später die vernichtende Niederlage von Weißenburg bekannt wurde, entrang sich allgemein ein Wutschrei der Brust. Fünftausend Mann in einen Hinterhalt gefallen, und hatten sich noch zehn Stunden lang gegen fünfunddreißigtausend Mann gewehrt: diese feige Schlachterei schrie einfach nach Rache! Zweifellos waren die Führer schuld; sie hatten sich so wenig in acht genommen und nichts vorgesehen. Aber das alles ließ sich wieder gutmachen, und der Marschall Mac Mahon hatte die erste Division des siebenten Korps zu Hilfe gerufen, das erste Korps sollte vom fünften gestützt werden, und die Preußen würden in diesem Augenblick schon wieder über den Rhein sein, mit den Bajonetten unserer Infanterie im Rücken. Und der Gedanke,daß heute wütend gekämpft werde, das immer fieberhaftere Warten auf Nachrichten, all die weitverbreitete Spannung vergrößerte sich jede Minute unter dem weiten, blasser werdenden Himmel.
    Das war's, was Maurice Weiß wiederholt gesagt hatte.
    »Ah, sie hätten heute sicher eine schöne Tracht Hiebe gekriegt.«
    Ohne zu antworten, schüttelte Weiß sorgenvoll den Kopf. Auch er sah nach dem Rhein hinüber, dort nach Osten, wo es schon vollständig dunkel war, eine schwarze Mauer, noch düsterer durch die Geheimnisse, die sie barg. Seit den letzten Klängen des Appells war ein großes Schweigen über das Lager gesunken, selten noch durch Stimmen und Schritte einiger verspäteter Soldaten gestört. Da blitzte in dem Zimmer des Hofes, in dem der Stab in Erwartung der stündlich einlaufenden, immer noch unklaren Depeschen wachte, ein Licht auf, ein funkelnder Stern. Und das endlich verlassene Feuer aus grünem Holz stieß immer noch seinen dicken, traurigen Qualm aus, den ein leichter Wind über den Hof hin gen Himmel trieb, wo er die ersten Sterne trübte.
    »Eine Tracht Hiebe!« wiederholte Weiß schließlich, »wollte Gott dich erhören!«
    Jean, der immer noch ein paar Schritte abseits saß, spitzte die Ohren, während der Leutnant Rochas, der gerade auf diesen Wunsch hinzukam, in dem ein Ton des Zweifels mitschwang, wie angewurzelt stehen blieb, um zuzuhören.
    »Was!« fing Maurice wieder an »du hast kein unbedingtes Zutrauen, du hältst eine Niederlage überhaupt für möglich?«
    Sein Schwager brachte ihn mit einer zitternden Handbewegung zum Schweigen, und sein gutes Gesicht wurde mit einemmal ganz fassungslos und bleich.
    »Eine Niederlage, Gott bewahre uns! ... Du weißt, ich stamme hier aus der Gegend, mein Großvater und meine Großmutter wurden 1814 von den Kosaken ermordet; und wenn ich an einen Einfall denke, ballen sich meine Fäuste; trotz meines Zivilrockes werde ich schießen wie ein alter Soldat! Eine Niederlage, nein, nein! die will ich nicht für möglich halten!«
    Er beruhigte sich, ließ aber doch als Zeichen seiner Niedergeschlagenheit die Schultern hängen.
    »Allein, was willst du! Ich habe keine Ruhe mehr ... Ich kenne mein Elsaß schon; habe es eben wieder in Geschäften durchlaufen; und wir haben was gesehen, was den Generälen in die Augen springen sollte, was sie aber nicht sehen wollen ... Ach! wir haben uns ja nach dem Kriege mit Preußen gesehnt; lange haben wir geduldig gewartet, um die alte Geschichte ins reine zu bringen. Aber das verhindert doch nicht unsere Beziehungen zu Baden und Bayern; alle haben wir Verwandte dort drüben über dem Rhein. Wir dachten, sie träumten ebenso wie wir nur davon, den unerträglichen Hochmut der Preußen zu Boden zu schlagen ... Und wir sind doch so ruhig und entschlossen; aber seit vierzehn Tagen packt uns nun schon die Unruhe und Ungeduld, wenn wir sehen, wie alles immer schiefer läuft. Seit der Kriegserklärung hat die feindliche Kavallerie ruhig die Dörfer in Schrecken setzen dürfen, das Gelände aufklären, die Telegraphendrähte abschneiden. Baden und Bayern erheben sich, in der Pfalz haben mächtige Truppenbewegungen

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