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Der zweite Mord

Der zweite Mord

Titel: Der zweite Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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und Kornblumen. Wahrscheinlich war die Braut zu klein, nicht der Strauß zu groß. Auf dem Kopf trug sie einen Schleier, und das Kleid aus schwerer weißer Seide war hoch geschlossen mit langen Ärmeln.
    Die drei Polizisten standen lange da und betrachteten das Bild, ohne etwas zu sagen. Schließlich meinte Tommy:
    »Sie war nicht mal ein Meter vierzig.«
    »Sie sieht aus wie ein kleines Mädchen«, sagte Hannu.
    Irene rechnete schnell nach, ehe sie sagte:
    »Lovisa war zweiunddreißig, als sie Hilding heiratete. Sie waren elf Jahre verheiratet, als Sverker zur Welt kam.«
    »Es kann ihr nicht leicht gefallen sein, ein Kind zur Welt zu bringen«, stellte Tommy fest.
    Das klang so, als würde er sich damit auskennen. War man bei der Geburt der eigenen drei Kinder dabei gewesen, dann hatte man einen gewissen Einblick.
    Erstaunt bemerkte Irene, dass Sverker seine Augen ebenfalls nicht von der Mutter geerbt hatte. Lovisas Augen waren braun. Ihr Gesicht war süß, aber eher alltäglicher Natur. Unter dem Schleier war dunkles, gelocktes Haar auszumachen. Sverker schien ganz und gar nach seinem Vater zu schlagen.
    Die beiden anderen Fotografien zeigten Sverker als Kind. Einmal als Neugeborener, einmal im Alter von etwa drei Jahren. Letztere war im Atelier aufgenommen worden. Er hielt einen Teddy gegen die Brust gepresst und lachte den Fotografen an. Die großen, blaugrünen Augen funkelten vor Freude.
    Im letzten Seidenpapier steckte Lovisas Zeugnis vom Sophiahemmet. Die besten Note in Bettenmachen und Pharmakologie, die zweitbeste in den anderen Fächern. Lovisa war eine gute Schwesternschülerin gewesen. Irene musste über den Kommentar unten auf dem Zeugnis lachen: »Trotz ihrer geringen Größe trägt Lovisa ihre Tracht sehr schön.« Hoffentlich hatte Lovisa das ebenfalls als Kompliment aufgefasst.
    Ganz unten lagen ein paar Bücher, offenbar alte Lehrbücher von der Schwesternschule. Dann war die Tasche leer.
    »Wie kam es, dass sie dir gerade diese Tasche mitgegeben haben?«, wollte Irene wissen.
    »Sie war aufgebrochen, die Sachen waren jedoch unberührt.«
    »Die beiden anderen Taschen waren also durchsucht worden?«
    Hannu zuckte leicht mit den Schultern.
    »Offenbar.«
    Vorsichtig legten sie alles wieder in die Tasche. Irene betrachtete ihre männlichen Kollegen und sagte:
    »Ich finde, wir sollten das Ergebnis der Spurensicherung abwarten, ehe wir diese Tasche hier Sverker Löwander zurückgeben.«
    Hannu nickte zustimmend.
     
    Den Rest des Nachmittags verbrachte Irene damit, einen Bericht zu schreiben und die Ermittlungsakten über den Brand der Chefarztvilla zu lesen.
    Der Brand hatte sich sehr schnell ausgebreitet, und das Gebäude war bis auf die Grundmauern niedergebrannt. Falls das Feuer gelegt worden war, hatte der Brandstifter wirklich Glück gehabt.

KAPITEL 16
    Ausnahmsweise war Irene vor den Zwillingen zu Hause. Donnerstags kamen sie immer erst nach sechs, da sie direkt nach der Schule mit der Schulmannschaft in Basketball trainierten. Im Kühlschrank stand ein wunderbares, nach Kräutern duftendes Gericht mit Huhn, das Krister am Vorabend zubereitet hatte. Irene musste nur noch den Reis aufsetzen.
    Aber erst wollte sie noch etwas nachsehen, ehe die Mädchen nach Hause kamen. Mit wenigen Schritten war sie im Obergeschoss und in Jennys Zimmer. Ein Blick unters Bett genügte: Die Papprolle lag immer noch dort. Das erleichterte ihr zwar nichts, aber sie war ein guter Aufhänger für eine Diskussion mit Jenny.
    Vielleicht wäre es auch so gekommen, wenn Jenny und Katarina nicht gleichzeitig nach Hause gekommen wären. Später, als Irene sich alles noch einmal durch den Kopf gehen ließ, begriff sie, dass es Jennys Bemerkung in der Diele gewesen war, die sie so hatte handeln lassen.
    »Da ist wirklich was los. Sie nennen sich Aktion direkt. Supertypen, echt. Die wissen, was sie wollen! Kein lahmes Zögern! Und außerdem sind sie Feministen! Finden, Mädchen sind genauso viel wert und so.«
    Irene saß noch oben in Jennys Zimmer, als sie deren Stimme unten im Flur hörte. Ohne richtig zu wissen, warum, schlich sie sich eiligst aus dem Zimmer ihrer Tochter und in ihr Schlafzimmer. Sammie begrüßte seine beiden kleinen Frauchen aufgeregt und übertönte so alle möglichen Geräusche. Leise zog Irene die Tür hinter sich zu, ließ sie aber einen Spalt weit offen, um etwas sehen und hören zu können.
    »Ach so. Wirklich saunett von denen! Und wenn wir nicht genauso viel wert wären, dann würde für uns

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