Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der zweite Mord

Der zweite Mord

Titel: Der zweite Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
Vom Netzwerk:
Wangen waren vor Entrüstung gerötet. Das verstärkte noch das intensive Blau ihrer Augen.
    »Ich war damals erst vierundzwanzig und fand die Villa riesig und abstoßend. Barbro und Sverker hatten angefangen, sie zu renovieren, aber das war kostspielig und aufwendig. Das Haus war vollkommen heruntergekommen. Es war kaum etwas daran gemacht worden, seit es Ende des 19. Jahrhunderts gebaut worden war. Aber hauptsächlich war es wohl, weil Barbro dort gewohnt und dem Ganzen ihren Stempel aufgedrückt hatte. Das machte es mir schwer. Sie hat keinen Geschmack. Aber ich hatte mich damit abgefunden, dort zu wohnen, wenn ich nur mit Sverker zusammen sein konnte.«
    »Die Anklage von Barbro entbehrte also jeder Grundlage«, stellte Irene nüchtern fest.
    »Ja. Wenn ich dort nicht hätte einziehen wollen, dann hätte ich mich ganz einfach weigern können.«
    »Aber sie waren doch schwanger«, sagte Tommy.
    »Das ändert nichts. Ich wollte mit Sverker zusammen sein und wäre in die Villa eingezogen, wenn er das gewollt hätte. Aber er war sich ebenfalls nicht sicher, ob wir gerade in diesem Haus wohnen sollten. Ehe wir noch einen Entschluss fassen konnten, brannte es ab.«
    »War jemand zu Hause, als es anfing zu brennen?«, fragte Tommy.
    »Nein. Es fing vormittags an zu brennen. Sowohl Sverker als auch ich waren bei der Arbeit. Die liegt zwar nur einen Steinwurf weit entfernt, aber niemand von uns war zu Hause.«
    Irene dachte einen Augenblick nach, ehe sie fragte:
    »Kann Barbro das Feuer gelegt haben?«
    Carina seufzte erneut.
    »Das wurde vermutlich untersucht. Aber es war nicht zu beweisen, dass das Feuer wirklich gelegt worden war. Letztendlich hieß es, dass es sich um einen Kurzschluss gehandelt haben müsste. Die Sicherungen stammten alle noch aus der Steinzeit.«
    Die Polizisten tranken ihren Kaffee aus, erhoben sich und bedankten sich, dass sie hatten stören dürfen.
    Carina stand in der offenen Haustür und winkte ihnen nach. Reflexmäßig winkte Irene zurück.
     
    »Die ist nett und sieht super aus!«, sagte Tommy.
    Irene konnte sich nicht rechtzeitig bremsen, sondern hörte sich zu ihrem eigenen Entsetzen murmeln:
    »Und zu allem Überfluss ist das dumme Stück auch noch schlank!«
    Tommy lachte laut und erleichtert begriff Irene, dass er ihren Kommentar für einen Scherz gehalten hatte.
    Mit einem frechen Seitenblick auf Irene sagte er:
    »Und ihr Mann sieht auch nicht schlecht aus. Ein wenig wie Pierce Brosnan. Du weißt doch, dieser James-Bond-Schauspieler.«
    Irene fand das auch. Sie versuchte aber so zu tun, als ginge sie das alles nichts an. Tommy fuhr fort:
    »Apropos Dr. Löwander, es ist wohl an der Zeit, sich wieder einmal mit ihm zu unterhalten. Findest du nicht auch?«
     
    An der Löwander-Klinik waren alle Operationen eingestellt worden. Im Ärztezimmer stießen sie auf Sverker Löwander. Er blätterte unkonzentriert in einem Stapel Papiere. Mittlerweile hatte er sich frisch gemacht und den weißen Kittel ausgezogen. In seiner Kleidung, einem dünnen, dunkelbraunen Rollkragenpullover mit Zopfmuster und Jeans, wirkte er lässig und entspannt. Der müde Zug in seinem Gesicht sprach allerdings eine andere Sprache.
    »Entschuldigung. Dürfen wir einen Augenblick stören?«, sagte Tommy.
    »Natürlich. Bitte. Einer von ihnen kann da drüben sitzen und einer auf dem Sessel.«
    Irene ging auf den kleinen Sessel zu und setzte sich. Das Möbelstück war erstaunlich bequem. Tommy kam sofort zur Sache:
    »Wir sind einigen Gerüchten nachgegangen, die vor elf Jahren aufkamen, als die alte Chefarztvilla abbrannte.«
    Sverker Löwander erwiderte scharf:
    »Wieso das?«
    »Ehrlich gesagt, sind wir uns da nicht so sicher. In diesem Fall tauchen die ganze Zeit Spuren auf, die in die Vergangenheit weisen. Da wir nicht den blassesten Schimmer haben, wer der Mörder sein könnte, müssen wir sämtliche Anhaltspunkte verfolgen und sehen, wo sie uns hinführen. Es ist nicht auszuschließen, dass wir dadurch in die Irre gehen. Das ist jedoch Teil der normalen Ermittlungsroutine.«
    Der Arzt sah nicht sehr überzeugt aus, zuckte schließlich aber mit den Achseln.
    »Was wollen Sie wissen?«
    »Ihre erste Frau Barbro hat Carina beschuldigt, das Feuer gelegt zu haben. Warum tat sie das?«
    Löwander ließ mit seiner Antwort auf sich warten.
    »Sie war psychisch labil. Unsere Trennung nahm sie sehr mit.«
    »Hatte sie schon früher psychische Probleme gehabt?«
    »Nun ja … Ehe Julia zur Welt kam, bekam Barbro eine

Weitere Kostenlose Bücher