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Der zweite Tod

Der zweite Tod

Titel: Der zweite Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Scholten
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Brieföffners war zwanzig Zentimeter lang. Blut klebte daran. Die Spitze war geschliffen und wie eine Harpune eingekerbt. Damit konnte man wohl Paketbänder durchtrennen.
    Viktoria zuckte mit den Schultern. »Wir wissen nicht, wann die Maschine eingeschaltet wurde, aber es dampfte stark, als ich die Luke öffnete.«
    Der Täter hatte eine ganze Packung Spülmittel auf den Boden der Maschine gekippt. Das war nicht sehr klug gewesen, denn das Granulat hatte den Wasserzulauf und den Abfluss verstopft. Die Maschine hatte das Programm kurz nach dem Start abgebrochen und das Wasser den Brieföffner gar nicht erreicht.
    »Lass uns noch einmal von vorne beginnen«, bat Kjell. »Und beschreib nicht nur die Tatsachen, sondern auch deine Eindrücke.«
    Viktoria war eine Notizblockpolizistin. So wie Sofì. Wenn Sofi abends nach Hause kam, schrieb sie noch eine Stunde lang Tagebuch, als ob sie tagsüber nicht genug schreiben müsste. Und am Morgen beim Frühstück schrieb sie Listen mit Dingen, die zu erledigen oder in ihrem Leben wichtig oder unwichtig waren.
    Um 1 Uhr 32 hatte ein gewisser Robert Sahlin, dessen Wohnung schräg versetzt unter der des Toten lag, die Notrufzentrale angerufen: Er höre verdächtige Geräusche und Schreie. Die Telefonistin fragte, was das für Geräusche seien, und Sahlin antwortete, jemand renne durch die Wohnung, er spüre auch Erschütterungen und glaube sogar, einen Schuss gehört zu haben. Er klang besorgt und nannte der Telefonistin Stockwerk und Namen des Toten. Viktoria und ihre Kollegen fanden die Wohnungstür angelehnt. Aus der Spülmaschine drangen regelmäßig wiederkehrende Kratzgeräusche. Nirgendwo brannte Licht, außer der Schreibtischlampe im Arbeitszimmer. Der Computer war eingeschaltet. Viktoria und ihre Kollegen überprüften sogleich alle Räume und öffneten mit einigem Unbehagen die Luke der Spülmaschine, ohne zu wissen, was sie darin erwarten würde.
    »Wart ihr schon bei diesem Sahlin?«, fragte Sofi, die soeben eine frische Liste in ihrem Block begonnen hatte.
    »Bisher nicht. Die Einsatzleitung hat ja dauernd angerufen, und wir waren zuerst gar nicht sicher, ob der Mann wirklich tot ist. Die Einstichstelle hat erst Per entdeckt.«
    Kjell stieg mit Sofi in den dritten Stock hinab und klingelte an Sahlins Tür. Es war schon verwunderlich, dass er sich bisher nicht zu erkennen gegeben hatte, fand Kjell. Er war ja wohl nach dem Anruf nicht schlafen gegangen. Niemand öffnete. Sie sahen einander verwundert an.
    »Wir müssen unbedingt nachsehen«, fand Sofi. »Vielleicht wurde er in die Sache verwickelt.« Sie eilte wieder nach oben und kehrte nach einer Minute mit Werkzeug aus Pers Sortiment zurück. Inzwischen hatte Kjell an der Tür gehorcht, aber keine Geräusche dahinter ausmachen können.
    »Die Einsatzzentrale besteht darauf, dass der Anruf tatsächlich von Sahlins Anschluss kommt«, sagte Sofi. »Viktoria hat schon von der Straße aus nachgesehen, ob innen Licht brennt. Alles dunkel.«
    »Dann brechen wir auf.«
    Sofi kniete sich vor das Schloss und versuchte es mit einem dünnen Metallschaber. »Satan auch!«, keuchte sie. »Die ist abgeschlossen. Ich stoße gegen den Bolzen.« Jenseits der Tür klingelte ein Telefon. »Das ist die Zentrale, sie versuchen es immer wieder.«
    Kjell lehnte sich mit dem Rücken an die gegenüberliegende Flurwand, stieß sich ab und trat von unten mit der Schuhsohle gegen das Schloss. Die Tür gab oben und unten etwas nach, hatte also keine zusätzlichen Sicherheitszapfen, die einem die Schulter brechen konnten. In diesem Moment kamen Viktorias Kollegen. Zu dritt traten sie gegen das Schloss, bis es brach. Sie prüften die Zimmer. Niemand war in dieser Wohnung, auch der Kühlschrank war bis auf Haltbares wie Ketchup und Senf leergeräumt. Das Bett war abgezogen. Kjell nahm mit den Fingerspitzen den Telefonhörer ab und drückte auf die Wahlwiederholungstaste. Am anderen Ende meldete sich die Polizeizentrale. Er kratzte sich am Kopf und wandte sich an den jüngeren der beiden Männer.
    »Geh hinauf zu Per und hol ein elektronisches Siegel für die Tür. Per soll sich die Wohnung gleich ansehen, sobald er oben mit dem Gröbsten durch ist.« Dann wandte er sich an den anderen. »Wir haben bestimmt das ganze Haus aufgeweckt. Jetzt müssen wir damit rechnen, dass jemand die Presse anruft. Geh hinunter zum Klingelbrett und entferne beide Namensschilder. Und die an den Wohnungstüren und Briefkästen entfernst du auch. Ruf bei der

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