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Der zweite Tod

Der zweite Tod

Titel: Der zweite Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Scholten
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Telefongesellschaft an und lass die Nummern aus allen Registern entfernen. Anschließend klingelt ihr bei den Nachbarn. Fangt im dritten und vierten Stock an und erledigt dann den Rest. Sobald die Post öffnet, leitest du alle Sendungen an die beiden Namen zu uns ins Präsidium um. Die Namensschilder müssen bis um neun Uhr mit Phantasienamen ersetzt werden. Und eine neue Tür brauchen wir auch.«
    Die beiden nickten angestrengt und versuchten, sich alles zu merken. Inzwischen lugten die ersten Gesichter aus geöffneten Wohnungstüren. Viktorias Kollegen machten sich auf den Weg zu den aufgescheuchten Nachbarn. Sie baten einen nach dem anderen, wieder hineinzugehen und zu warten.
    »Ich will mir jetzt das Zimmer ansehen«, murmelte Kjell.
    Zurück in der Wohnung begann er, die Bücherregale im Flur zu studieren, die beide Seiten des Ganges bedeckten. Er ließ sich bei seiner Inspektion ausgiebig Zeit. Die Themen waren Archäologie, Kunstgeschichte, antike Sprachen und Geschichte der Antike. Zudem befand sich eine Reihe von materialkundlichen Werken darunter, Papyrus, Stein, Metall. Dazwischen steckten aber auch allerlei andere Themen. Sofi zog einen dicken Band heraus und zeigte ihm den Titel: Feuer, Frauen und gefährliche Gegenstände. Sie schlug es auf.
    »Was Kategorien über den menschlichen Geist verraten … ein Buch über … Semantik«, las sie grinsend und quetschte es wieder ins Regal. Es war leichter, die Bücher herauszuziehen als wieder hineinzubekommen. Obwohl der Besitzer nicht mehr schimpfen konnte, war sie sehr behutsam.
    Kjell, der klassische Literatur studiert hatte, war vor siebzehn Jahren durch eines der ersten Quereinsteigerprogramme für Geisteswissenschaftler bei der Polizei gelandet. Davor waren nur Techniker und Juristen gebraucht worden. Es lag eine gewisse Ironie darin, dass er ausgerechnet einen Beruf wählen musste, über den man in der Antike nur verständnislos den Kopf geschüttelt hätte, aber alles ist möglich, wenn man Vater einer Tochter wird und Geld braucht. Er versuchte, seinen Stolz dadurch zu wahren, dass er auf patrizisch unbeteiligte Weise durch den Berufsalltag spazierte. Immer gelang ihm das nicht. Nur die Allerbesten konnten ihre Gravitas bewahren, während sie eine Tür eintraten.
    Bald erschienen fünf Männer, um die Leiche abzuholen. Kjell beobachtete, wie sie die Leiche anhoben. Oberkörper und Kopf hatten bisher auf der Tischplatte gelegen. Der Anblick des Toten war zu ertragen, eingebettet in diese Szenerie wirkte er beinahe malerisch, jedenfalls wenn man es mit dem armen Afrikaner am Samstag in der U-Bahn-Station verglich.
    Unter dem Toten kamen noch mehr Unterlagen und Papiere auf der Tischplatte zum Vorschein. Sie maß gut zwei Quadratmeter und war völlig damit bedeckt. Der Tod hatte Carl Petersson beim Schreiben und Denken überrascht. Kjell wandte sich an Per.
    »Ist der wirklich mit der Stirn dort aufgekommen, oder wurde er abgelegt?«
    »Sieht nach einem Aufprall aus. Halb sank er hin, halb stieß man ihn, hehe!«
    Wenn es wirklich hier und so passiert war, musste der Mörder hinter Petersson gestanden haben. Die Konsequenzen, die sich daraus ergaben, verfolgte Kjell jedoch zunächst nicht. Ihm fiel einfach nichts ein.
    Der Anblick des Zimmers und vor allem des Tisches hatte etwas von einem Obstarrangement.
    Per deutete auf die Telefonladestation auf dem Schreibtisch. »Das Telefon fehlt, ich hab schon gesucht.«
    Die Männer betteten Peterssons Leiche in den Sarg. Per entfernte auch den Stuhl und schlug ihn in Plastikfolie ein. Kjell holte sich einen Küchenstuhl und nahm am Schreibtisch Platz. Sofi stellte sich schräg hinter ihn. Er wollte alles mit Muße betrachten und in sich aufnehmen. An der Wand hingen Skizzen und Tabellen. Es waren solche, wie man sie beim Entziffern von Schriften verwendete, eine Auswertung über die Häufigkeit eines Zeichens oder die Zuordnung eines Lautwertes zu einem Zeichen. Während seines Studiums hatte Kjell sich mit der Entzifferung der mykenischen Schrift beschäftigt, und das ähnelte dem, was er hier sah. Auf dem großen Plakat direkt vor dem Schreibtisch waren spiralförmig angeordnete Zeichen zu sehen. Kjell wusste, was das war.
    Er überflog die Papiere auf der Tischplatte. Auch hier tauchten die Zeichen aus der Spirale wieder auf. Petersson hatte an dem Geheimnis dieser Spirale gearbeitet, als ihn der Tod überkam.
    »Was sind das alles für Sachen?«, fragte Sofi.
    Kjell zeigte auf die Spirale, genauer gesagt

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