Der Zweite Weltkrieg
Truppen voraus. Die Menschen im deutschen Osten ergriff Panik beim Näherkommen der Roten Armee. Wer fliehen konnte, versuchte es, wurde aber nicht selten von den eigenen Behörden und Parteistellen daran gehindert, weil auch die Zivilbevölkerung zur Verteidigung, zum Schanzen und zum Versorgen der Truppe herangezogen werden sollte. Für andere, etwa in Ostpreußen, gab es nur noch den Weg über die gefrorene See und weiter per Schiff. Obwohl beides hochriskant war – sowjetische Artillerie und Tiefflieger zerschossen die Eisdecke, U-Boote machten die Ostsee unsicher – zogen Millionen die bekannten Gefahren den namenlosen Gräueln vor, die sie von einer plündernden, mordenden und vergewaltigenden Soldateska befürchteten. Unterschwellig spielte dabei sicherlich mit, dass die deutschen Untaten im Osten so unbekannt nicht geblieben waren, wie später immer behauptet. Vielleicht war die Wut der Rotarmisten, die sich durch ihr verwüstetes Land nach Deutschland hatten vorkämpfen müssen, so unberechtigt nicht und Rache daher eine durchaus verständliche Regung?
Am 6. April 1945 stieß die 3. Weißrussische Front zum Frischen Haff durch und am 7. April drangen sowjetische Truppen in das brennende Königsberg ein. Die Stadt kapitulierte schließlich am 9.4.1945. Sowjetische Panzer vor dem Königsberger Schloss, April 1945
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(c) dpa/picture alliance
Massengrab für Millionen
Befreiung von Auschwitz durch die Rote Armee (27.1.1945)
Die Rote Armee nahm am 27.1.1945 einen Ort ein, der polnisch Oświcim und deutsch Auschwitz hieß. Die Rotarmisten waren auf der zurückgelegten Strecke beim Vormarsch schon auf zahllose Stätten deutscher Gräuel gestoßen, doch das hier hatte eine andere Qualität, obwohl das wahre Ausmaß der hier verübten Verbrechen erst weit später sichtbar werden sollte. Beim Einmarsch trafen die Soldaten noch 7650 lebende Häftlinge des einstigen Lagers an und fanden 650 Leichen. Die restlichen zuletzt noch über 50 000 Insassen waren von den SS-Wachmannschaften auf Todesmärsche ins Reichsinnere gezwungen worden. Spuren von Krematorien, Baracken und Häusern aber bezeugten das, was die Überlebenden den fassungslosen Befreiern über die Geschehnisse in Auschwitz berichteten:
Es war das größte der nationalsozialistischen Konzentrations- und Vernichtungslager im besetzten Polen gewesen, dessen Stammlager (Auschwitz I) im Mai/Juli 1940 entstanden, 1941 um das Lager Monowitz (Auschwitz III oder auch „Lager Buna“ genannt) und Ende 1941/Anfang 1942 um das eigentliche Vernichtungslager Birkenau (Auschwitz II) erweitert worden war. Der Riesenkomplex hatte eine Doppelfunktion: Er diente mit seinen 40 Außenstellen einerseits als Arbeitslager, zum anderen der Tötung von kranken Häftlingen, Zigeunern, Kriegsgefangenen, vor allem aber von Juden aus dem ganzen deutsch besetzten Europa. In Auschwitz, dessen Gaskammern (siehe Kasten) von Mitte 1941 bis Ende Oktober 1944 in Betrieb waren, sind über eine Millionen Menschen getötet worden, weitere 500 000 Häftlinge erlagen Folter, Menschenversuchen, Seuchen, Hunger und Misshandlungen.
Sklavenarbeit im „Lager Buna“
Obwohl vor allem die US-Luftwaffe die um Auschwitz konzentrierten Industriebetriebe mehrfach angriff und einige Fehlwürfe auch das Lager trafen, unterblieb trotz jüdischer Appelle die systematische Bombardierung der Zufahrtswege; US-Präsident Roosevelt sah in der Konzentration aller Kräfte auf den militärischen Sieg die beste Hilfe für alle Verfolgten. So mussten die Sklavenarbeiter im „Lager Buna“ bis zuletzt nach der Himmlerschen Formel von der „Vernichtung durch Arbeit“ schuften, und so konnte die SS in Birkenau den Völkermord lange fortsetzen, ehe seit Oktober 1944 die Spuren eiligst durch Sprengungen und Evakuierungen oberflächlich beseitigt wurden. Was die Russen vorfanden, war allerdings noch erschütternd genug und ließ Gedanken an Milde gegenüber den nun geschlagenen Deutschen abwegig erscheinen. Das Datum der Befreiung von Auschwitz (27.1.) ist seit 1996 in Deutschland offizieller Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus.
Gaskammern
Tarnung war bis zuletzt oberstes Gebot bei den Massenmorden in den Vernichtungslagern. Die Räume oder Gebäude, in denen die Opfer durch Gas getötet wurden, waren daher wie Duschräume mit Rohrleitungen und Brausen ausgestattet und gekachelt. Solche Gaskammern wurden zuerst in kleinem Maßstab im Rahmen des Euthanasie-Programms (Tötung von Behinderten) verwendet, ehe
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