Der Zweite Weltkrieg
sie in den Todesfabriken im Osten den Völkermord vollendeten. Die Gaskammern waren luftdicht verschließbar und wurden entweder mit Kohlenmonoxid aus Flaschen, das aus den Brausen strömte, oder mit Motorabgasen, die hineingeblasen wurden, oder, wie vor allem in Auschwitz, mit Zyklon B betrieben, das durch Schächte in kristalliner Form eingeworfen wurde und bei Luftberührung Blausäuregase freisetzte. Der Tötungsvorgang ließ sich bei den meisten Gaskammern durch Gucklöcher kontrollieren
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Erstmals ohne Angst am Lagerzaun. Staunende Kinder und Halbwüchsige des Lagers Auschwitz in Häftlingskleidung beim Beobachten des Einzugs der russischen Soldaten. Ihre deutschen Peiniger waren geflohen
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Keine Chance gegen die früheren Kameraden
Aufbau und Einsatz der Wlassow-Armee (1944/45)
Die Kampfkraft der Roten Armee litt zu Beginn des Russlandkrieges auch aus politischen Gründen. Viele Soldaten und vor allem Offiziere waren mit dem brutalen Stalin-Regime alles andere als einverstanden. Als Andrei Wlassow, Kommandierender General der sowjetischen 2. Stoßarmee, am 12.7.1942 in deutsche Gefangenschaft geraten war, fiel ihm ein Frontwechsel jedenfalls nicht schwer. Wie viele der bis dahin rund 80 000 zu den Deutschen übergelaufenen Rotarmisten war auch er bereit, mit dem bisherigen Feind gemeinsame Sache zu machen. Wlassow fand zunächst nur propagandistisch Verwendung (siehe Kasten). Erst Mitte 1944 konnte er mit dem Aufbau einer russischen Befreiungsarmee (Russkaja Oswobodennaja Armija, ROA) beginnen.
„Skorpion Ost“
Aufgrund der Besatzungsgräuel und des sinkenden Kriegsglücks hatte es die deutsche Frontpropaganda im Osten schwer. Dennoch unternahm die SS-Standarte „Kurt Eggers“ unter dem Stichwort „Skorpion Ost“ im Bereich der Heeresgruppe Nordukraine gegen Verbände der Roten Armee eine Werbeoffensive. In enger Zusammenarbeit mit übergelaufenen Offizieren um Wlassow begannen die Vorbereitungen im Mai 1944; die SS-Standarte stellte dafür den Kommandeur, 33 Offiziere und über 500 Mann ab. Die Amtsgruppe Wehrmachtpropaganda unterstützte das Unternehmen mit 60 Offizieren und rund 800 Unteroffizieren und Mannschaften der Propagandakompanien. Neben mobilen Druckereien für die Flugblattherstellung verfügte die Truppe über einen eigenen Kurzwellensender und über die beiden stationären Sender „Presow“ und „Banska Bijstrika“. Trotz punktueller Erfolge (1698 sowjetische Überläufer im Oktober 1944) konnte „Skorpion Ost“ vor dem Hintergrund der allgemeinen Kriegslage keinen nennenswerten psychologischen Erfolg beim Gegner erzielen
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Gefangene und Hilfswillige
Fernziel war ein Großverband aus 10 Grenadierdivisionen und einem Panzerverband mit eigenen Luftstreitkräften, gebildet aus sowjetischen Kriegsgefangenen, „Ostarbeitern“ und Hilfswilligen. Die Aufstellung der ersten Division, der 600. Infanteriedivision (russ.), begann am 10.11.1944, eine zweite, 650. Infanteriedivision (russ.) wurde seit 17.1.1945 aufgestellt; außerdem enstanden eine Reservebrigade und eine Panzerjagdbrigade. Die Luftstreitkräfte umfassten eine Jagd- (16 Messerschmitt Me 109 G), eine Nachtschlacht- (12 Junkers Ju 88), eine Bomber- (5 Heinkel He 111) und eine Verbindungsstaffel sowie eine Luftnachrichtenabteilung und ein Fallschirmjägerbataillon. Ausrichten konnten Wlassows Divisionen gegen die Übermacht der einstigen Kameraden nichts mehr. Mancher mochte sogar schon bald an erneuten Seitenwechsel denken, obschon auch reumütige Rückkehrer mit empfindlichen Strafen rechnen mussten.
Gewaltsame Auslieferung
Am 10.2.1945 übernahm Wlassow die beiden ersten Divisionen auf dem Truppenübungsplatz Münsingen, nachdem am Tag zuvor erstmals ROA-Truppen erfolgreich gegen einen sowjetischen Brückenkopf eingesetzt worden waren. Obwohl einige Einheiten der inoffiziell Wlassow-Armee genannten Truppen am 6.5.1945 am Aufstand in Prag gegen deutsche Sicherheitskräfte teilnahmen, teilten sie nach Kriegsende das Schicksal der Kameraden, die von den Amerikanern gewaltsam an die Sowjets ausgeliefert wurden: Die Offiziere wurden zumeist sofort erschossen, andere in der UdSSR abgeurteilt (Tod oder Zwangsarbeit), die meisten einfachen Soldaten ohne Urteil nach Sibirien verschleppt. Wlassow selbst wurde am 1.8.1946 in Moskau hingerichtet.
Der sowjetische General Andrei Wlassow (Mitte vorn mit Brille) im Kriegsjahr 1944 an der Ostfront
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Hohe sowjetische
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