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Der Zwergenkrieg

Der Zwergenkrieg

Titel: Der Zwergenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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zumindest einen Gewinn aus dem Krieg mit den Nordlingen gezogen: Ihr Wille zu kämpfen, ihr Wunsch nach Freiheit und Sieg war zurückgekehrt.
    Da nun der Zugang zur Zwergenstraße wiederentdeckt war, fasste König Thorhâl den Beschluss, eine kleine Gruppe von Kriegern gen Norden zu schicken. Ihre Aufgabe sollte es sein, den Tunnel selbst, vor allem aber die Lage im Nordland zu erkunden. Gab es dort oben noch Zwerge, oder waren sie alle dem Hass der Nordlinge zum Opfer gefallen? Unterschied sich ihre Lebensweise von jener ihrer Verwandten im Hohlen Berg? Und musste man mit Widerstand rechnen, wenn mit einem Mal mehrere tausend Flüchtlinge aus dem Tunnel stiegen und einen Teil des alten Zwergenlandes zurückforderten?
    Der Plan des Königs nämlich war es, den uralten Eid zu brechen, die Arbeit am Hort zu beenden und mit seinem ganzen Volk in die Heimat der Zwerge zurückzukehren.
    Der König wählte eine Frau, um die Gruppe der Auserwählten anzuführen. Grimma war ihr Name, eine Heerführerin, mit der es kein anderer Krieger im Berg an Klugheit oder Kampfkraft aufnehmen konnte. Ihr zur Seite stellte er einige der besten Kämpfer des Reiches.
    Wagemutig machte sich der Erkundungstrupp auf den Weg, und zum ersten Mal seit Beginn der Nibelungenknechtschaft hallte wieder lauter Jubel durch die Flure und Säle des Berges. Vergessen geglaubte Lieder ertönten aus zahllosen Kehlen, die alten Instrumente wurden hervorgeholt, und Geschichten vom einstigen Ruhm des Zwergenvolkes machten die Runde. Jedermann war voller Hoffnung und Freude, und da war nicht einer, der bezweifelte, dass Grimmas Mission erfolgreich sein würde. Bald, so hoffte man, würde man dem Berg den Rücken kehren und dorthin gehen, wo es noch ein Leben in Freiheit gab und Ehre und Reichtum im Überfluss.«
    Mütterchen unterbrach Alberichs Redefluss. »Hat denn keiner daran gedacht, dass es gewiss einen guten Grund gab, der die Zwerge dereinst veranlasst hatte, das Nordland zu verlassen?«
    »Im Jahr des Krieges mit den Nordlingen war ich noch nicht geboren«, erwiderte der Zwerg, ohne beim Abstieg die Treppe hinab innezuhalten, »und ich weiß nicht, ob sich jemand diese Frage gestellt hat. Aber Thorhâl war kein dummer König, und sicher hat er alle Möglichkeiten in Betracht gezogen.«
    Mütterchen war damit keineswegs zufriedengestellt, doch Löwenzahn rief von hinten: »Erzähl schon weiter, Alberich! Wie erging es Grimma und ihren Männern? Was geschah dort unten im Tunnel?«
    Der Horthüter räusperte sich würdevoll. »Groß waren die Mühen der Reisenden und verwegen ihre Abenteuer, ehe sie schließlich ans Ende der alten Zwergenstraße gelangten. Schon Tage zuvor wehte ihnen die Kälte der Nordlandgletscher entgegen, und die Wände des Tunnels waren mit Eis überzogen. Selbst die wärmste Kleidung vermochte den Frost nicht fernzuhalten. Doch obgleich sie alle froren und zitterten, glaubten sie mit aller Kraft an ihre Mission und an Thorhâls Plan. Vor allem Grimma verließ in keinem Augenblick der Mut. Wahrlich, sie war eine große Anführerin, eine, die nicht nur wusste, wie man gegen Schwerter und Äxte kämpft, sondern auch gegen schwindende Hoffnung und die Wut der Elemente.« Alberich verstummte für einen Moment, und Mütterchen glaubte schon, er wollte nicht fortfahren. Doch der Zwerg holte tief Luft, und als er weitersprach, verriet seine Stimme, wie sehr ihn der Gedanke an die vergangenen Heldentaten bewegte. Er klang sanft, fast traurig, als er sagte: »Grimma war nicht wie die anderen, und jeder ihrer Begleiter wusste das. Von ihren Männern wurde sie verehrt und gefürchtet zugleich, ganz so, wie es sich jeder Hauptmann wünscht.«
    Mütterchen fragte sich, woher Alberich, der sein ganzes Leben allein im Hohlen Berg verbracht und nie einen Hauptmann kennen gelernt hatte, das wissen wollte. Doch schien ihr dies kein guter Augenblick für eine erneute Unterbrechung. Alberichs Stimme klang belegt, teilnahmsvoll. Beinahe so, als wüsste er besser Bescheid über die Geschehnisse von damals, als er zugeben wollte. Zum ersten Mal beschlichen Mütterchen leise Zweifel, ob der Horthüter ihr und den anderen tatsächlich in allem die Wahrheit gesagt hatte. Über sich selbst, den Hohlen Berg und über das Verschwinden der Zwerge.
    Alberich schwelgte immer noch im Lob für eine Kriegerin, die vor vielen Jahrzehnten gestorben sein musste. Mütterchen drehte sich im Gehen irritiert zu Geist und Löwenzahn um. Das Moosfräulein zuckte nur mit den

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