Der Zypressengarten
steckt Gute-Nacht? Er wird ziemlich sauer, wenn wir ihn zurücklassen.«
Floriana glaubte Dante, als er sagte, dass sie immer zusammen sein würden. Wenn er sie liebte, konnte ihnen nichts im Weg stehen, weil Dante selbst Herr seines Schicksals war. Sie schob ihre Ängste weg, sodass sie sich in eine dunkle Nische ihres Denkens verzogen, wo sie vorerst bleiben sollten.
Der Sommer verging langsam, Stunde für Stunde, und Floriana und Dante verbrachten so viel Zeit gemeinsam, wie sie irgend konnten. Wann immer Floriana Costanza in La Magdalena traf, setzten sie sich zusammen und plauderten. Floriana erzählte ihr von ihrer Romanze, was Costanza umso mehr verzückte, als sie wusste, dass es ihre Mutter maßlos ärgern würde.
Costanza hatte selbst einige Verehrer gewonnen. Da gab es den großen, dunklen, grüblerischen Eduardo aus Rom, den blonden, blauäugigen Alessandro aus Mailand und den hübschen Eugenio aus Venedig. Aber keiner war der Contessa gut genug. Sie wollte für ihre Tochter den größten Preis von allen. Und deshalb konnte Costanza nicht anders, als ihrer Mutter die Wahrheit zu sagen, obwohl sie wusste, dass sie damit die Romanze ihrer Freundin in Gefahr brachte.
Sie saßen hinten im Wagen, auf dem Rückweg von einem Mittagessen, bei dem Eugenio mit Costanza in eine Ecke gegangen war und fast den ganzen Nachmittag mit ihr geredet hatte. Costanza mochte Eugenio ziemlich gern. Er war still und klug, und er hatte ein süßes Lächeln. Seine Familie war bekannt und gut angesehen. Sie wohnten in einem schönen Palazzo im Zentrum von Venedig. Aber das war der Contessa offensichtlich nicht genug.
»Mutter, ich bin noch sehr jung«, sagte Costanza. »Ich habe noch jahrelang Zeit, einen Mann zum Heiraten zu finden. Kann ich nicht einfach ein bisschen Spaß haben, wie Floriana?«
Bei dem Namen zuckte die Contessa zusammen. »Wie kann sie Spaß haben?«
»Sie ist in Dante verliebt.«
»Das ist doch absurd!« Die Contessa lachte hämisch.
»Eigentlich nicht. Er ist auch in sie verliebt.«
»Du scherzt!«
»Nein, ehrlich. Sie sind schon den ganzen Sommer zusammen.«
»Aber sie ist noch ein Kind!«
»Er wartet, bis sie älter ist, und dann heiratet er sie.«
Die Contessa kaute tatsächlich an ihrem Daumennagel. »Ich hätte gedacht, dass ein junger Mann wie Dante sich eine Gebildetere sucht, keine hiesige Streunerin.«
»Sie ist hübsch und witzig. Mich wundert gar nicht, dass er sie liebt. Jeder mag sie, außer dir.«
Die Contessa erschrak ob des aggressiven Tonfalls ihrer Tochter. Noch nie hatte Costanza es gewagt, so mit ihr zu reden. Aber die Contessa war eine gewitzte Frau. Sie wusste, dass ein Streit mit Costanza sie bloß weiter von ihr wegtreiben würde.
»Liebes, ich weiß, dass sie hübsch und witzig ist. Und du irrst dich, wenn du glaubst, ich würde sie nicht mögen. Ich beschütze dich lediglich, wie es jede Mutter unter den gegebenen Umständen täte. Denk doch, wie viel Spaß du diesen Sommer mit Giovanna hast. Glaubst du, dass du all diese Partys genießen könntest, wärst du immer noch nur mit Floriana befreundet? Wohl nicht. Dich und Giovanna verbindet etwas Tieferes, weil ihr so vieles gemein habt. Mit Floriana hast du nichts mehr gemein, außer Erinnerungen, die du dir bewahren darfst, weil sie besonders sind. Aber du musst auch klug genug sein, nach vorn zu sehen, deine Zukunft zu bedenken. Ich mag Eugenio sehr. Er ist entzückend charmant und eine nette Begleitung für dich. Wenn du mit ihm befreundet sein willst, hast du meinen Segen. Ich wünsche mir doch nichts anderes, als dass du glücklich bist.« Sie ergriff Costanzas Hand. »Und ich will nur, dass du bekommst, was du verdienst, nicht weniger.«
Costanza fühlte sich angemessen geschmeichelt. »Ich weiß, Mamma, und ich bin dir dankbar dafür.«
»Ich bin alt. Ich muss nicht mehr an mich selbst denken. Jeden Morgen werde ich wach und denke, was kann ich heute für Costanza tun?«
»Das ist sehr selbstlos.«
»Darum geht es doch beim Muttersein. Man stellt die eigenen Kinder über sich selbst. Also, diese Geschichte zwischen Floriana und Dante, ist die wirklich ernst?«
»Na ja, sie sind quasi unzertrennlich.«
»Und was sagen Beppe und Violetta dazu?«
»Giovanna sagt, dass ihre Mutter Floriana sehr mag, sogar wie eine Tochter, aber dass ihr Vater sie kaum bemerkt.«
»Beppe würde niemals zulassen, dass sein Sohn ein Mädchen wie Floriana heiratet.«
»Vielleicht brennen sie durch.«
»Sei nicht albern! Dante
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