Der Zypressengarten
anderen Geschenke aus: ein Kleid von Damiana, eine Kette von Giovanna, ein Gedichtband von Rosaria und ein Flakon Yves-Saint-Laurent-Parfüm von Allegra. Die Contessa war mit Costanza einkaufen gegangen und hatte Floriana eine hübsche Lederhandtasche mit passender Geldbörse gekauft, woraufhin Costanza zu dem Schluss kam, dass ihre Mutter Floriana eigentlich sehr gern hatte.
Schwindlig vor Glück trank Floriana Champagner und aß von den vielen köstlichen Gerichten. Dante saß neben ihr. Hin und wieder drückte er unter dem Tisch ihre Hand, um sie daran zu erinnern, dass er sie liebte. Als das Licht schwand und die Kerzen heller schienen, kam der Koch mit der Torte auf die Terrasse. Alle bejubelten die Nachbildung von Gute-Nacht in Biskuit und Glasur, und Floriana klatschte begeistert in die Hände. Sie blies die sechzehn Kerzen aus und senkte ein wenig zögerlich das Messer in die Hundepfote, während sie die Augen schloss und sich etwas wünschte.
Violetta wusste, was sie sich wünschte, und ihre Freude wurde von einer dunklen Vorahnung getrübt. Könnte dieser Abend doch ewig dauern, dann würde niemandem wehgetan.
Aber die Zeit verrann ohne Rücksicht auf Violettas Gefühle, und am Ende des Abends fuhr Dante Floriana nach Hause.
Unterwegs hielten sie an einer abgelegenen Stelle, von der aus sie über das Meer blickten, und Dante holte ein kleines Päckchen aus seiner Brusttasche. »Und dies ist mein Geschenk für dich«, sagte er und reichte es ihr.
»Was ist das?«, fragte sie und drehte es hin und her.
»Mach auf und guck nach.«
Vorsichtig wickelte Floriana das Papier ab. Darunter kam eine kleine rote Schachtel zum Vorschein. Mit zitternden Fingern klappte Floriana den Deckel auf und fand einen Memoire-Ring, an dem weiße Diamanten glitzerten. Wortlos zog Dante ihn aus dem Samtkissen und nahm Florianas Hand. »Zum Heiraten sind wir zu jung, Floriana, aber mit diesem Ring verspreche ich dir, dass ich dich für immer liebe.« Feierlich steckte er ihr den Ring an ihre rechte Hand.
Floriana betrachtete fasziniert die Diamanten, die wie Sterne im Mondlicht funkelten. »Das ist das Schönste, was ich je gesehen habe.«
»Na ja, das Zweitschönste, was ich je gesehen habe.«
Sie schlang die Arme um Dante und küsste ihn. »Ich danke dir, Dante. Es war ein fantastischer Tag, der beste in meinem ganzen Leben, und ich werde ihn niemals vergessen.«
»Dies ist erst der Anfang, piccolina. Es wird solchen Spaß machen, dich zu verwöhnen.«
Als Floriana nach Hause kam, war dort niemand, der ihre Freude teilen konnte. Ihr Vater schnarchte laut im Zimmer neben ihrem, und bei Signora Bruno war alles dunkel gewesen. Also setzte sich Floriana an ihr Fenster und blickte hinauf zu den Sternen. Sie fragte sich, ob derselbe Mond auf ihre Mutter herabschien und sie jemals hinaufsah und an ihre Tochter dachte.
»Mamma«, flüsterte sie, »ich möchte dir von Dante erzählen …«
26
Als der September näherrückte wie ein Fluss, der unausweichlich auf einen Wasserfall zuströmte, begann Dante, den kalten Zug des bevorstehenden Abgrunds zu spüren. Der Sommer war eine herrliche Abfolge langer, träger Tage gewesen, mit romantischen Fahrten durch die toskanische Landschaft, Spaziergängen an den Strand und Wünschen, die in die Klatschmohnwiese gepustet wurden, auf dass die Samen zu neuen Blüten wurden und Glück brachten. Doch jetzt lagen die roten Blütenblätter welkend im Gras, und die letzten Augusttage verrannen. Beppe beorderte Dante nach Mailand.
Dante wusste nicht, wie er sich von Floriana verabschieden sollte. Er liebte sie von ganzem Herzen, hatte jedoch bisher nicht über die praktischen Aspekte einer Fernbeziehung nachgedacht. Am liebsten würde er Floriana mit nach Mailand nehmen, nur war das ebenso undenkbar wie Beppes Einverständnis mit ihrer Heirat. Solange Floriana noch nicht einundzwanzig war, verlangte das Gesetz, dass sein Vater einer Vermählung zustimmte – und selbst danach könnte Dante sich nicht vorstellen, gegen Beppes Willen zu heiraten. In seinen Tagträumen entführte er Floriana in ein fernes Land, wo sie niemand hindern konnte, für immer zusammen zu sein. Aber das waren bloß Fantasiegespinste. Die Realität blieb, was sie war: Dante musste nach Mailand, wo er für seinen Vater arbeitete. Und er liebte sein Zuhause und seine Familie zu sehr, um durchzubrennen.
Am Tag vor seiner Abreise fuhr er zu Floriana. Sie war allein zu Hause. Ihr Vater war aus oder schlief irgendwo an einer
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