Der Zypressengarten
herausgeeilt, um den Wagen zu bewundern. Sie strich über die funkelnde Motorhaube, als wäre sie aus echtem Silber. Kinder drängelten sich um das Auto, forderten sich gegenseitig heraus, mutig zu sein und es anzufassen.
Dante fiel der Kleinste von ihnen auf, der ganz hinten auf Zehenspitzen stand, und er ging zu ihm. »Möchtest du dich mal reinsetzen?«, fragte er ihn. Der kleine Junge nickte aufgeregt.
Als Floriana durch das Tor trat, saß Dante mit dem Kind auf den Knien hinterm Lenkrad und erklärte ihm, wofür die vielen Knöpfe waren.
»Seien Sie ja vorsichtig mit Floriana«, warnte Signora Bruno Dante mit erhobenem Zeigefinger.
»Vertrauen Sie mir, ich werde sie behandeln wie ein kostbares Juwel«, versprach er und hob den kleinen Jungen von seinem Schoß zurück auf die Straße.
»Ich bleibe auf, bis sie wieder da ist«, rief Signora Bruno, als Dante den Motor anließ.
Die Kinder wichen staunend zurück. Floriana winkte, und Dante hupte noch einmal.
Als sie langsam losfuhren, folgten ihnen die Kinder wie ein Rudel verspielter Hunde.
»Wohin fahren wir?«, fragte Floriana.
»Wohin du willst.«
»Dann fahren wir einfach.« Sie nahm seine Hand, und Dante hob ihre an seine Lippen.
Während sie fuhren, ging die Sonne über den Olivenhainen und Weingärten der Toskana unter. Das Licht wurde weicher, der Himmel fahler, bis die Nacht einsetzte und die ersten Sterne hoch oben zu funkeln begannen. Sie fanden eine kleine Trattoria, in der sie unter einem Spalier von Tomatenpflanzen Pasta aßen. Die Kerze auf dem Tisch wurde heller, je dunkler es um sie herum wurde, und die Grillen stimmten ihren nächtlichen Chorgesang an. Es war spät, bis sie den Tisch verließen und sich auf den Rückweg machten.
Dante hielt oben an den Klippen, sodass sie aufs Meer sehen konnten. Der Mond warf eine breite Silberspur auf das Wasser. Nachdem Dante den Motor abgestellt hatte, saßen sie schweigend da und betrachteten das schöne Bild, das sich ihnen bot. Eine ganze Weile sprach keiner von ihnen, und ihre Stille war so tröstlich wie die Sterne und der Mond über ihnen.
»So wird es immer sein«, sagte Dante schließlich und zog Floriana in seine Arme. »Wir werden hier sitzen, wenn wir alt sind, und über unsere Kinder reden. Wir werden gemeinsam alt werden.«
»Und wir werden unseren Kindern erzählen, wie wir uns kennengelernt haben.«
»Ja, wir erzählen ihnen von meiner piccolina, die ihre Nase durch die Torstäbe steckte und sehnsüchtig auf das Haus und ihre Gärten guckte.«
»Ich werde mal eine gute Mutter«, sagte Floriana verträumt. »Ich gebe unseren Kindern alles, was ich nie hatte.«
Er küsste sie auf die Stirn. »Und ich gebe dir alles, was du nie hattest.«
Mit glänzenden Augen sah sie zu ihm auf. »Das hast du schon.«
25
Zwei Monate vergingen. Floriana musste nach wie vor arbeiten, um den Lebensunterhalt für sich und ihren immer häufiger betrunkenen Vater zu verdienen. An manchen Tagen half sie ihrer Tante in der Wäscherei, an anderen bediente sie in dem caffè auf der Piazza Laconda. Sie war sich nicht zu schade, Geschirr zu spülen oder zu fegen, für gar nichts, das ihr das Geld einbrachte, um Essen und Kleidung zu kaufen. Die Leute im Ort wussten, dass sie Floriana rufen konnten, wenn Arbeit zu erledigen war. Dante war sich ihrer Plackerei und ihrer Not nicht bewusst, hatte er doch nie Leute gekannt, die nichts besaßen. Und Floriana sagte ihm nichts. Es wäre ihr viel zu peinlich, sollte er ihr Hilfe anbieten.
Costanza verbrachte die meisten Tage mit Giovanna, entweder in La Magdalena oder in einem der anderen hübschen Häuser in der Nähe. Für sie war der Sommer wie eine einzige lange Lunch-Party, und bald fiel Giovannas Name praktisch nur noch zusammen mit Costanzas, als wären die zwei ausschließlich im Paar denkbar. Costanza hatte mehr Spaß denn je, und ihr Glück erlaubte ihr, sich ehrlich für Floriana zu freuen. Oft sahen die beiden sich nicht mehr, denn Floriana war von allen größeren gesellschaftlichen Anlässen ausgeschlossen. Aber wenn sie sich trafen, hörte sich Costanza fasziniert an, was Floriana ihr über die erblühende Romanze berichtete.
Dante konnte seine Liebe nicht verbergen. Er wollte jede Minute mit Floriana verbringen. Sie fuhren aus, machten Picknicks am Strand oder lagen einfach im Gras im Meerjungfrauengarten seiner Mutter und lasen sich gegenseitig vor, während Gute-Nacht zufrieden neben ihnen döste. Es waren magische Abende, an denen die Grillen
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