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Der Zypressengarten

Der Zypressengarten

Titel: Der Zypressengarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Santa Montefiore
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Perlenkette, die munter auf ihrem wallenden Busen wippte, tanzte Bertha förmlich um den Tisch, stapelte Teller und Untertassen, wobei ein Summen aus ihren glossbeschichteten Lippen drang.
    »Wenigstens einer scheint heute Morgen gute Laune zu haben«, stellte Grey fest.
    »Oh ja«, kam prompt im Singsang von Bertha. »Es ist ein wunderschöner Tag.«
    »Aber Clemmie hat dich beinahe umgebracht«, sagte Jake.
    »Nur beinahe.« Sie stapelte die Teller aufs Büffet.
    »Du siehst richtig nett aus«, sagte Marina. »Farbige Kleider stehen dir.«
    »Ich weiß. Das hat Mr Santoro gesagt, und er ist ein Mann, der Frauen richtig sieht.«
    Marina wagte nicht, Grey anzusehen, weil sie dann gewiss lachen würde. »Das tut er.«
    »Ich putze eine Stunde hier, dann gehe ich rüber und mache seine Zimmer. Danach komm ich wieder her und mache den Rest«, erklärte Bertha.
    Marina guckte Jake an. »Bist du für Mr Santoros Suite zuständig?«
    »Das ist keine Arbeit für die jungen Dinger«, sagte Bertha gewichtig.
    Jake erhob sich. »Bertha ist die Richtige für den Job.« Mit diesen Worten schnappte er sich sein Jackett und huschte seitlich an seiner Stiefmutter vorbei, die nach wie vor im Türrahmen stand.
    »Na gut«, sagte Marina angespannt. »Hauptsache, du vergisst nicht, wieder herzukommen und fertig zu putzen.«
    Bertha lächelte. »Natürlich nicht! Clemmies Zimmer braucht eine gründliche Reinigung, sobald sie ausgezogen ist. Wer weiß, was wir da noch alles finden.«
    Marina ging hinüber ins Hotel und suchte nach Harvey. Sie fand ihn im Garten, wo er sich mit Mr Potter unterhielt. Harvey hatte die Hände in die Hüften gestemmt, während Mr Potter sich auf seinen Spaten lehnte. Die beiden lachten munter miteinander – wohl über irgendeinen Witz.
    »Harvey«, sagte Marina, als sie auf die Männer zuging. »Ich brauche dich.« Sie wollte eigentlich nicht so verzweifelt klingen, doch beide Männer drehten sich erschrocken zu ihr.
    Harvey bemerkte sofort, dass sie angespannt war. »Wir sehen uns später, Potter«, sagte er und schritt über den Rasen auf sie zu. »Alles in Ordnung?«
    »Ich muss mit dir reden.«
    »Nur zu.« Er folgte ihr durch den Kindergarten, wo der kleine Wassergraben längst ausgetrocknet war, und durch die Glasflügeltüren in ihr Büro. Sie sank stöhnend auf das Sofa.
    »Clemmie zieht aus«, sagte sie und schüttelte langsam den Kopf. »Ich weiß nicht, was ich tun soll.«
    Harvey setzte sich neben sie und wandte ihr sein lächelndes, weises Gesicht zu. »Wann hat sie es dir gesagt?«
    »Heute Morgen. Sie hatte gestern Abend Streit mit Rafa, und jetzt zieht sie zu einem Mann, den sie nicht mal sonderlich mag.«
    »Marina, Liebes, du kannst nichts tun. Sie ist jetzt eine junge Frau.«
    »Aber ich sehe, dass sie einen schrecklichen Fehler macht.«
    »Den du nicht verhindern kannst.«
    Sie schluckte ihre Tränen hinunter. »Rafa sagte, dass er sie wütend gemacht hat, es aber nicht um ihn ging. Es geht um mich! « Harvey nahm ihre Hand in seine großen rauen und streichelte sie zärtlich. Sie wandte den Kopf zu ihm. Ihre dunklen Augen glänzten traurig. Auf einmal war sie keine Frau in den Fünfzigern mehr, sondern ein kleines Mädchen, das verloren und einsam zu ihm aufsah. »Ich kann keine Kinder haben, Gott weiß wieso, ich kann keine eigenen Kinder haben … und …« Die Worte blieben ihr im Hals stecken.
    »Ist schon gut.« Er zog sie in seine Arme und hielt sie fest, wie ein Vater seine unglückliche Tochter halten würde.
    Sie lehnte den Kopf an seine Schulter und schloss die Augen, aus denen trotzdem Tränen quollen. »Ich kann nicht mal meine Stiefkinder dazu bringen, mich zu mögen.«
    Er umarmte sie mit aller Kraft, wollte nichts mehr, als dass sie wieder lächelte. »Das ist normal, Marina. Stiefkinder lieben ihre leiblichen Eltern immer mehr, und vor allem sehen sie die Stiefeltern als die Thronräuber. So ist es immer schon und wird auch immer so sein.«
    »Mir kommt es vor, als würde ich bestraft.«
    »Wofür denn?« Er spürte, dass sie ihre Hände in seinen Pullover krallte.
    »Ich habe Angst, Harvey.«
    »Wovor?«
    »Ich habe etwas Furchtbares getan.«
    Sie entwand sich seinen Armen, wich zurück, und ihm blieb beinahe das Herz stehen, als er das Entsetzen in ihren Augen sah.
    »Sag mir, was du getan hast, Liebes.«
    Sie schlug ihre zitternde Hand vor ihren Mund, als müsste sie sich zwingen, das schreckliche Geheimnis nicht preiszugeben, und schüttelte den Kopf. »Ich kann

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