sofort zu verstehen gab, ich dürfe nicht erwarten, darin irgendwelche Bilder zu finden. So wechselte ich zu »Babes on the Web«, wo mir die Adressen von fünfzig »Babes« angeboten wurden (das Wort kann auch Puppe heißen), jede mit ihrer eigenen Homepage und einige mit faszinierenden Namen wie Chok-Eng Cheng. Na also, dachte ich, sehen wir doch mal, was diese Puppen zu bieten haben.
Fast wahllos klickte ich auf Jennifer Amon. Es erschien Jennifers Seite mit ihrem Foto (nur der Kopf); sie war nicht abstoßend, aber auch keine Bombe. Eine normale Frau, die mir mitteilte, daß sie Programmanalytikerin an dem höchst seriösen Oberlin College sei, wonach sie mir weitere detaillierte Auskünfte über ihre beruflichen Qualifikationen gab. Sie begann mit der Information, daß ihre Siamkatze kürzlich am 15. August um zwanzig nach zwölf gestorben sei, und am Ende bat sie mich, falls ich durch UD zu ihrer Seite gelangt sei, einen gewissen Joe Lang zu grüßen. Von Sex keine Spur. Jennifer macht entweder Reklame für sich selbst, oder sie fühlt sich einsam und möchte mit jemandem kommunizieren.
Aber was treibt denn dieser Kramer da für ein Spiel? Ich kehre zu ihm zurück und klicke auf seine Biographie. Ich erfahre, daß er 28 Jahre alt ist, in Boston studiert hat, in
Jersey City in einer Bank arbeitet und sich in der Freizeit als Berater für die Einrichtung von Webseiten anbietet, also für das, was ich gerade sehe. Um mögliche Kunden zu locken, offeriert er Verbindungen mit erotischen Seiten, ein paar überaus keusche Fotos von schönen Mädchen, und animiert zur Begegnung mit Girls und Dolls, die keine Puppen, sondern höchst sittsame Damen sind.
Verzweifelt kehre ich zur anfänglichen Liste der Hundert Heißen Adressen zurück und finde etwas, das mich vom Stuhl aufspringen läßt. Ein gewisser Dan Moulding erklärt mir, wenn ich Busen, Genitalien oder andere Teile des weiblichen Körpers sehen wolle, superpornographisches Material in rauhen Mengen und in einer Deutlichkeit, wie sie noch nie auf einem Computerbildschirm erreicht worden sei, dann läge ich bei ihm richtig. Eilends klicke ich auf OK, und es erscheint eine Message, die mir sagt, daß ich ein großer Schmutzfink sei und mich schämen solle.
Dan Moulding ist ein strenger Moralist aus Utah (also vielleicht ein Mormone), der mir in einem langen Text zunächst Vorwürfe macht, weil ich, indem ich im Internet Pornobilder suche oder verbreite, die Leitungen verstopfe. Sodann erklärt er mir, daß ich, wenn ich Sex im Computer suche, ein kranker Mensch sein müsse, der keine Freunde - geschweige denn Freundinnen - habe, ob ich denn keine Verwandten hätte, die mir lieb und teuer seien, ich solle doch bedenken, daß meine Großmutter, wenn sie wüßte, was ich da triebe, an plötzlicher Arterienerweiterung sterben könnte. Am Ende (nachdem er mir nahegelegt hat, mich bußfertig einem Priester, einem Rabbiner oder einem Pastor anzuvertrauen) gibt er mir eine Liste von Adressen (im Internet), bei denen ich moralische Hilfe finden könne, einschließlich der eines auf die Rehabilitation von Pornofreaks wie ich spezialisierten Dienstes ( http://www.stolaf.edu/people/bierlein/noxxx/noxxx.html ).
Er schließt: Schreiben Sie mir (
[email protected]. edu), und ich gebe Ihnen einen Haufen Briefe zu lesen »von Versagern wie Ihnen, die dumm genug waren, um in meine Falle zu gehen«.
Es war drei Uhr nachts. Dieser Ansturm von Sex hatte mich erschöpft. Ich legte mich schlafen und träumte von friedlichen Schafherden, Engeln und sanftmütigen Einhörnern.
1995
Der Grimmdarm von Mr. X.
Diverse Fachzeitschriften haben darüber berichtet: Wer lange genug im Internet surft, kann die Homepage eines Herrn finden, der dort ein Foto seines Grimmdarms zur Schau stellt. Vielleicht wissen nicht alle Leser, was es bedeutet, ein Foto des eigenen Grimmdarms zu haben. Also: seit einigen Jahren ist es möglich, in eine Klinik zu gehen (eine öffentliche oder private), in der Ihnen von einem Arzt rektal eine Sonde eingeführt wird, die an der Spitze eine kleine Telekamera hat. Es ist nicht schmerzhafter oder unangenehmer als ein Darmeinlauf. Die Sonde dringt in Ihrem Darm vor, während ein Assistent (oder, Gipfel der Perversion, eine Schwester) Ihnen sanft den Unterleib massiert, damit das Ding schmerzlos durch jene Windungen gleiten kann.
O Wunder! Wenn Sie nicht zu sehr darauf achten, was da mit Ihnen gemacht wird, und wenn Sie eine schön entwickelte narrative Phantasie