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Des Abends eisige Stille

Des Abends eisige Stille

Titel: Des Abends eisige Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hill
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hätte er vielleicht geschwiegen, aber Behutsamkeit war nicht seine Stärke.
    »Glauben Sie, dass Sie jemals Kinder haben werden?«
    Später erzählte er Emma, er habe für den Bruchteil einer Sekunde gemeint, das Zischen einer Schwertschneide zu hören.
    Aber Serrailler erwiderte nur: »Woher soll ich das wissen?« Kurz darauf erreichten sie das Haus der Familie Angus, abgesperrt mit leuchtendem, flatterndem Polizeiband. Die Männer in den weißen Anzügen wieselten überall herum.
    Was für ein Gefühl ist das?, dachte Nathan, betrat die breite Eingangshalle des Hauses mit einer gebogenen Treppe und Landschaftsbildern, die Nathan als seicht empfand, an den hellgrünen Wänden. Was ist das für ein Gefühl, wenn man eines Morgens aus dem Haus geht und alles ist in bester Ordnung, und am Ende des Tages, rums, ist dein Kind weg, einfach … weg? Lieber Gott.
    Er brauchte Marilyn Angus nur ins Gesicht zu sehen, um zu wissen, was für ein Gefühl das war. Aller Schmerz der Welt war dort versammelt. Sie sah verzweifelt aus, nicht nur blass, sondern ein schreckliches Wachsbleich, mit braunen Flecken und Schwellungen unter den Augen und einem Ausdruck, den Nathan nie vergessen würde.
    Der uniformierte Polizist, der bei ihr gesessen hatte, stand auf ein Zeichen von Serrailler auf, und der DCI trat sofort zu ihr. Er streckte ihr nicht die Hand hin, sondern legte sie für einen Augenblick auf ihre Schulter, bevor er sich setzte.
    »Zu sagen, dass es mir leidtut, ist sinnlos, aber ich hoffe, Sie wissen, dass wir mit Ihnen empfinden. Aber Ihnen zu versichern, dass ich Himmel und Hölle in Bewegung setzen werde, um Ihren Sohn so rasch wie möglich zurückzuholen, ist nicht sinnlos. Es ist mein Ernst.«
    Nathan sah zu seinem DCI . Das war es, was den Mann auszeichnete, eine stahlharte Entschlossenheit, diese Aufrichtigkeit, das Wissen, was wann zu sagen war, die Art, wie er die Wahrheit aussprach.
    Das war der Grund, warum er Serrailler überallhin folgen würde und hoffte, auch nur ein halb so guter Polizist zu sein wie der DCI .
    »Ich sollte Ihnen wohl etwas anbieten …«
    Serrailler hielt sie mit einer Handbewegung auf. »Mrs. Angus, Sie wissen, wie das alles läuft, ich brauche es Ihnen nicht zu erklären. Sie wissen, dass ich eine Menge Fragen stellen muss, die Sie bereits beantwortet haben, dass es schmerzlich sein wird und dass Sie verwirrt sind. Aber alles, was Sie uns sagen, könnte hilfreich sein. Ich habe einen Bericht der uniformierten Beamten bekommen, die zuerst mit Ihnen gesprochen haben, aber ich muss manches selbst hören. Machen Sie sich keine Sorgen, wenn Ihnen Dinge einfallen, die Sie vergessen hatten, oder Sie sich bei etwas widersprechen, das passiert leicht, wenn man unter Stress steht.«
    »Vielen Dank … Der heutige Vormittag ist wie ein Film, der in meinem Kopf abläuft, immer und immer wieder. Was er gesagt hat, was ich gesagt habe, wie er ausgesehen hat … was gestern Abend war. Sein Gesicht. Ich sehe ständig Davids Gesicht.«
    »Ja. Und ich will dafür sorgen, dass Sie es wiedersehen, so wie es war, und dass ihm kein Leid geschieht.«
    »Das ist es schon. Wie könnte ihm bisher kein Leid geschehen sein?«
    Marilyn Angus stand auf und stellte sich neben den Kaminsims, fummelte an einer kleinen goldenen Uhr herum, drehte und drehte sie.
    »Ich möchte Sie zu Davids Schule befragen.«
    »Er liebt St. Francis.«
    »Gut. Hat er dort irgendwelche besonderen Freunde?«
    »Die Jungs, mit denen er zur Schule fährt … Sie scheinen eine kleine Gang zu sein … Damit meine ich keine ›schlimme Gang‹, nur … sie sind immer zusammen. Caspar di Ronco … Jonathan Forbes … Arthur MacLean … Ned Clark-Hall …«
    »Streiten sie sich?«
    »Sie streiten ständig … wie Jungs das machen … ein bisschen Gerangel und Geschubse, und alles ist wieder gut. Sie tragen sich nichts nach, das wäre ihnen viel zu lästig.«
    »Irgendeiner, mit dem er nicht auskommt?«
    »Wenn Sie meinen, ob er schikaniert wird, daran habe ich auch schon gedacht, und die Antwort ist nein. Die Schule greift bei den ersten Anzeichen dafür sofort ein … Damit gab es vor ein paar Jahren ein echtes Problem, und das soll nicht wieder vorkommen. Ich bin sicher, dass da absolut nichts läuft. David ist ein beliebter kleiner Junge, er ist sehr fröhlich. Ist. War …«
    »Ist«, sagte Serrailler fest, sah sie eindringlich an.
    »O Gott, ich hoffe, Sie haben recht.«
    »Ist er klug?«
    »Ja. Da spricht keine stolze Mutter

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