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Des Abends eisige Stille

Des Abends eisige Stille

Titel: Des Abends eisige Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hill
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zu erfahren.«
    »Ja.«
    Karin drehte das Weinglas zwischen ihren Fingern, das hin und wieder den Feuerschein auffing und den Wein glühen ließ.
    Sie fühlte sich warm. Eingehüllt. Getröstet. Umsorgt. Betäubt.
    »An eines musst du denken … Du hattest zwei große Schocks … die Morde, und jetzt das. Diese Dinge können ihren Tribut fordern.«
    »Den Krebs wieder aufflammen lassen, meinst du.«
    »Sei dir dessen einfach bewusst. Verstärke deine Therapien und sei wachsam. Entschuldige, dass ich dir ärztliche Ratschläge gebe, das ist nicht der richtige Moment, aber es ist wichtig.«
    »Ich weiß nicht, ob mir das jetzt nicht gleichgültig ist.«
    »O nein. Es ist dir nicht gleichgültig. Du wirst dich davon nicht kleinkriegen lassen. Er wird zurückkommen.«
    »Oder der Krebs.«
    »Nein.«
    »Das Schlimmste, was er gesagt hat, drehte sich sogar darum. Er sagte, er könne es nicht mehr ertragen, mit einem Krebsopfer zusammenzuleben … dass er eine Krankheit hinnehmen könnte, die einen überfiele und sich dann besserte, aber eine, die einen für immer verändere, wäre etwas anderes. Er sagte, ich hätte während des letzten Jahres an nichts anderes als an den Krebs gedacht, hätte mich um nichts anderes mehr gekümmert … Ich hätte … zugelassen, dass der Krebs mich bestimmt, und jetzt würde ich die Krankheit brauchen, und damit könne er nicht umgehen.«
    »Großer Gott.«
    »Ich hatte das nicht so gesehen, Cat. Es ist mein …«
    »Wag es ja nicht, zu sagen, es sei dein Fehler.«
    »Na ja, ist es das nicht?«
    »Und die Frau in New York? Die ist dann wohl auch dein Fehler?«
    »Sie gibt ihm das Gefühl, lebendig zu sein. New York gibt ihm das Gefühl, lebendig zu sein. Offenbar. Ich hatte einfach keine Ahnung, dass etwas zwischen uns nicht stimmte. Ich meine … da war nichts, was nicht stimmte. Es ist mir nie in den Sinn gekommen.«
    »Nichts von dem Üblichen? Telefonanrufe … größere Geldausgaben … vermehrte Abwesenheit?«
    »Mike war immer viel unterwegs, er führt schließlich drei internationale Unternehmen. Wenn er nicht unterwegs ist, verbringt er derentwegen die Hälfte der Zeit am Telefon.«
    Ein Licht huschte kurz über die zugezogenen Vorhänge, als Chris Deerborns Auto in die Auffahrt bog.
    »Was soll ich machen, Cat? Was machen Menschen in solchen Situationen?«
    »Sie kämpfen«, erwiderte Cat. »Dein Leben war es ja auch wert, darum zu kämpfen, nicht wahr?«
    »Ich habe diese Vorstellungen nie gemocht … Krebs und Krieg, Krebs und Gefechte, kämpfen und ringen.«
    »Tja, es gibt eine Alternative.«
    »Welche?«
    »Aufgeben. Kapitulieren … nenn es, wie du willst.«
    »O Gott.«
    Cat erhob sich schwerfällig. »Du hast das blaue Zimmer. Ich hab dir Sachen rausgelegt … Geh und nimm ein Entspannungsbad, zünde eine Duftkerze an. Essen gibt’s erst in einer halben Stunde. Ich muss mit Chris langweiliges Verwaltungszeug wegen der Vertretung besprechen.«
     
    Der Ausdruck auf Chris’ Gesicht ließ Cat innehalten, als sie in die Küche kam.
    »Was ist los?«
    »Kennst du Alan Angus?«
    »Aus der Neurochirurgie. Klar … was ist mit ihm?«
    »Sein Sohn geht auf die St. Francis … ein Jahr älter als Sam.«
    »Klein für sein Alter? Wirkt ein bisschen … na ja, altmodisch für ein Kind?«
    »Er wird vermisst.«
    »Was soll das heißen?«
    »Sie wechseln sich mit zwei anderen Familien ab, die Kinder zur Schule zu bringen … Marilyn Angus hat David heute Morgen an der Einfahrt zurückgelassen, wo er wie gewöhnlich abgeholt werden sollte … ein paar Minuten später. Als der andere Vater mit dem Auto kam, war David nicht an der Einfahrt … Eines der Kinder stieg aus und klingelte, aber niemand war da, also fuhren sie weiter. Dachten, seine Eltern hätten ihn mitgenommen und vergessen, Bescheid zu sagen. Aber David war nicht in der Schule. Er wurde als abwesend eingetragen, und die haben sich natürlich nichts weiter dabei gedacht, bis seine Mutter ihn um vier Uhr abholen wollte und er nicht da war. Keiner hat seit zehn nach acht heute Morgen irgendwas von ihm gesehen oder gehört.«
    »Ach, du lieber Gott.«
    Cats Beine gaben nach, und sie setzte sich rasch auf das Sofa. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Woher weißt du das?«
    »Aus den Lokalnachrichten im Radio, gerade eben.« Er setzte sich neben sie. »Es ist nicht Sam«, sagte er. »Es ist furchtbar und nur zu gut vorstellbar, aber es ist nicht Sam. Übrigens, ich dachte, ich hätte Karins Auto draußen

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