Des Abends eisige Stille
aus mir. Ich bin nicht der Meinung, dass meine Entchen Schwäne sein müssen. Unsere Tochter Lucy macht sich auf der Schule nicht so toll. Aber David ist nicht auf offensichtliche Weise klug … Er überlegt viel, ist kreativ, unternimmt Dinge, denkt sich Lösungen aus, nimmt sich Projekte vor … Sein neuestes ist Pompeji. Er liest alles, was er darüber finden kann … Er ist gerne für sich. Und dann natürlich Fußball.«
»Ist er Fan einer besonderen Mannschaft?« Nathan sprach zum ersten Mal. Sie schaute ihn an, als hätte sie vergessen, dass er da war.
»Manchester United. Sie tun alle so, als wären sie Fans einer der großen Mannschaften … Chelsea, Spurs.«
»Tun so?«
»Sie sind doch nur kleine Jungs … Das ist doch bloß Gehabe, nicht wahr? Was wissen sie denn schon?«
Die Befragung ging weiter, wobei Serrailler die Mutter behutsam durch das Verhalten ihres Sohnes zu Hause führte, taktvoll, aber mit nadelspitzer Genauigkeit die Familienbeziehungen auslotete, wachsam auf jedes mögliche Anzeichen für Spannungen oder Missliebigkeiten achtete. Sie antwortete ohne Zögern, bewegte sich durch das Zimmer, berührte Möbelstücke, hob Dinge auf und legte sie wieder hin, fuhr sich gelegentlich durch ihr kurzes, lockiges Haar. Sie horchten sie fast eine Stunde lang aus, bevor der DCI aufstand.
»Jemand wird hier bei Ihnen bleiben, eine Verbindungsbeamtin, wie man Ihnen sicher gesagt hat, und wir halten ständig mit Ihnen Kontakt.«
»Mein Mann musste zurück ins Krankenhaus … Bei einem Patienten, den er operiert hat, sind Komplikationen aufgetreten … Niemand anders konnte einspringen.«
»In Ordnung.«
»Sie dürfen nicht denken … dürfen dem keine Bedeutung zumessen …«
»Das hatte ich auch nicht vor.«
Als sie gingen, traf Chris Deerborn gerade ein.
»Ich bin ihr Hausarzt. Wollte mal nachsehen.«
»Es geht ihr ganz gut … sieht mitgenommen aus, scheint aber durchzuhalten. Er musste ins Krankenhaus.«
Chris zuckte die Schultern. »Man wird ihn gebraucht haben. Er ist der beste Neurochirurg der Grafschaft. Schon irgendwelche Vorstellungen, Si?«
»Nein, dazu ist es noch zu früh. Mit Cat alles in Ordnung?«
»Es hat sie ziemlich mitgenommen … Sie bricht dieser Tage recht leicht zusammen. Ruf sie an.«
»Wohin jetzt?«, fragte Nathan, als Simon ins Auto stieg.
»Keine Ahnung. Erst mal hier weg. Fahren Sie in Richtung Starly.«
»Gibt’s da oben was?«
»Kann ich mir nicht vorstellen.«
Nathan hielt sich mit weiteren Fragen zurück, fuhr hinaus aus Lafferton und auf die Landstraßen. Es war ein trüber Tag, der Himmel von einem durchgehend tristen Grau, die Bäume gebeugt im kalten Wind. Serrailler saß schweigend, bis er plötzlich sagte: »Biegen Sie rechts ab, und fahren Sie dann Richtung Blissington.«
Nathan tat, wie ihm befohlen. Es herrschte kein Verkehr, die Straße war schmal mit überhöhter Böschung, an ihrem Ende kamen sie in ein Dorf, nicht mehr als ein paar zusammengedrängte Cottages und zwei große, zurückgesetzte Häuser hinter Eisentoren.
»Hier.« Sie hielten an einem Pub, das hinter einem erhöhten Rasendreieck mit einer riesigen Eiche stand. »Ich wusste nicht mal, dass es hier ein Dorf gibt.«
Im Schankraum war es still, und es roch gut. Sie bestellten selbstgebackene Schinkenbrötchen und Kaffee.
»Was wissen wir bisher?«, fragte Simon Serrailler, als sie an einem Fenstertisch Platz genommen hatten.
»Also – der Junge und seine Mutter kamen gegen zehn nach acht aus dem Haus.«
Schritt für Schritt gingen sie die paar Fakten durch, die ihnen vorlagen, dann alles, was Marilyn Angus ihnen erzählt hatte.
»Nichts«, sagte Simon schließlich. »Normaler kleiner Junge, normale Familie, keine Spannungen, keine Probleme. Nichts.«
»Und jetzt?«
»Der schlimmste Fall? Ein zufällig vorbeikommender Autofahrer, der nach einem Kind Ausschau gehalten hat? Wenn wir zurück sind, brauche ich all die üblichen Informationen – nochmalige Überprüfung aller landesweit vermissten Kinder, vor kurzem aus dem Gefängnis entlassene Pädophile, all das. Die Streifenpolizei wird alle Pendler auftreiben, die diesen Weg regelmäßig zur Arbeit fahren, die Nachbarn befragen, nachhorchen, ob ihnen in der Gegend irgendwas Merkwürdiges aufgefallen ist … Wenn Sie ein Pädophiler auf der Suche nach einem Kind wären, was würden Sie tun?«
»Dasselbe wie der … Mir eine Tageszeit aussuchen, vor Schulanfang oder nach Schulschluss, wo viele
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