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Des Abends eisige Stille

Des Abends eisige Stille

Titel: Des Abends eisige Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hill
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welches Kind, was mit dem Jungen oder Mädchen passiert war, wie lange sie vermisst worden waren, in welchem Zustand man sie gefunden hatte. Jeder, einfach jeder war ihr recht. Solange sie mit den Leuten reden und ihnen die Fragen stellen konnte, die sich niemand anderem stellen ließen. Und sie könnten Antworten haben. Niemand sonst hatte Antworten, aber diese Leute vielleicht.
    Sie sah David als Neugeborenes neben sich zappeln, noch durch die Nabelschnur verbunden, noch bedeckt mit weißen Schleimfäden und einer Glückshaube, der Mund zu einem wütenden Schrei geformt, nackt unter diesem blauweißen Licht liegen zu müssen.
    Sie sah David über das Spielfeld rennen, den Ball vor dem Fuß und Ryan Giggs im Kopf, und die schreienden Schuljungen und jubelnden Eltern am Spielfeldrand.
    Sie stieß das Brüllen einer Kuh aus, der man das Kalb weggenommen hat, ein Brüllen voller Schmerz und Wut und Verwirrung und Pein, das Lucy auf Händen und Knien von der Tür zurückhasten ließ.
    Alan, gefolgt von Kate, stürzte die Treppe herauf.
    Lucys Zimmertür knallte hinter ihr zu.
    Marilyn saß in dem kühl werdenden Badewasser, das zu stark und übelkeiterregend nach Freesien roch, hörte das beängstigende Geräusch und war verwirrt, wusste nicht, woher es kam oder warum.
     
    Das Telefon klingelte, als sie in die Küche zurückkehrte, wieder angezogen und ruhiger, Kate hinter ihr, die sie am Arm berührte.
    »O Gott.«
    Es konnte keine Neuigkeit sein; Kate hätte sie als Erste empfangen, über ihr Funkgerät, und sie darauf vorbereitet, auf die gute oder schlechte Nachricht, aber das Geräusch des Telefonklingelns war jetzt erschreckend, jedes Eindringen von außen könnte etwas mit David zu tun haben.
    »Alan Angus …«
    Gehen Sie nicht ans Telefon, hatte man ihnen gesagt, überlassen Sie das uns. Überlassen Sie es uns, mit den Neugierigen und Wohlmeinenden und den Verrückten und der Presse fertigzuwerden.
    Alan wollte nichts davon wissen. Er war permanent in Dienstbereitschaft, selbst jetzt, selbst bei alldem … Die Patienten standen an erster Stelle.
    Marilyn setzte sich auf einen Sessel am Feuer und beobachtete, wie er zuhörte und sich eine Notiz machte.
    »Wann ist sie eingeliefert worden? Wie lange ist sie schon bewusstlos? Wie stark sind die Blutungen? Okay, wir brauchen einen Operationssaal, ich bin unterwegs.«
    Sie konnte sich nicht dazu durchringen, etwas zu sagen. Er musste gehen. Er konnte es nicht ignorieren. Nicht einmal jetzt.
    »Fahrradfahrerin, wurde von einem Auto angefahren.« Er sah zu der Polizistin, die mit einer weiteren Kanne Tee hereinkam.
    »Ich muss ins Krankenhaus. Ich werde im OP sein, aber Sie können mich über meinen Piepser erreichen.«
    »Könnte das nicht jemand anderes übernehmen? Der diensthabende Arzt …«
    »Zu schwierig. Ich werde gebraucht. Kann das nicht Michael überlassen.«
    Er ging zur Haustür hinaus, kam dann zurück. »Solltest du nicht besser nach Lucy sehen?«
    Marilyn blickte auf die Teetassen. Sie hatte geglaubt, Alan zu kennen, aber sie kannte ihn nicht. Sie hatte geglaubt, sie seien ein eng miteinander verbundenes Paar, aber das waren sie nicht. Was geschehen war, hatte sie voneinander getrennt, als hätte ein Messer ihre Ehe zerschnitten. Alan hatte sich in seine Arbeit zurückgezogen, hatte darauf bestanden, ständig für jedes neurologische Trauma in Bereitschaft zu sein, alle anstehenden Operationen, jede Sprechstunde durchzuführen. Alan redete nicht über David. Alan redete nicht mit ihr.
»Solltest du nicht besser nach Lucy sehen?«
Alan konnte sich nicht selbst mit Lucy befassen.
    »Soll ich raufgehen und mit ihr reden?«, fragte Kate.
    Sie war eine nette Frau, diese Kate. Freundliches Gesicht. Ordentlich frisierte Haare. Mitfühlend. Angenehm. Wenn man schon jemanden in seinem Haus haben musste, an seinem Ellbogen, hinter sich, neben sich, Tag und Nacht, konnte man niemand Besseres bekommen als diese nette, verständnisvolle, kluge Kate. Marilyn hätte sie am liebsten ermordet. Was nicht die Schuld der Polizistin war.
    »Nein. Ich sollte das tun.«
    »Jeder muss auf seine Art damit fertig werden. Ihr Mann braucht dazu das Krankenhaus.«
    »Und ich? Ich werde damit fertig, indem ich nicht damit fertig werde. Ich bewältige es durch hysterische Anfälle im Bad und Verängstigung meiner Tochter, die sowieso schon völlig verängstigt ist. Ich werde damit fertig. Ich werde nicht damit fertig. Wie können Sie das von uns erwarten?«
    »Ich

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