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Des Abends eisige Stille

Des Abends eisige Stille

Titel: Des Abends eisige Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hill
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eingefallen.«
    »Das reicht nicht, um ihn festzunehmen, aber es reicht für einen weiteren Besuch bei ihm.«
    »Was, jetzt?«
    »Nein, nein, machen Sie es morgen als Erstes. Es reicht nicht, um mitten in der Nacht an Türen zu hämmern.«
    »Na gut.« Nathan klang enttäuscht.
    Cat stand am Herd, wartete darauf, dass der Kessel kochte.
    »Entschuldige.«
    »Nein, ich sollte da nicht schlafen, davon krieg ich Krämpfe. Tee?«
    »Nein danke. Ich übernehm das Sofa. Geh du nach oben.«
    »Das Gästebett ist gemacht. Hier unten kannst du nicht richtig schlafen. Halt dich an deinen eigenen Rat.«
    Simon stand auf und streckte sich.
    »Was hast du gemacht?«
    »Dich und Mephisto gezeichnet.«
    Cat lächelte.
    »Wie fühlst du dich?«
    »Erschöpft. Ich will, dass dieses Baby kommt.«
    »Chris bleibt aber lange weg.«
    »Wir brauchen diese Vertretung. Er kann das nicht alles alleine schaffen, die meisten Nächte Bereitschaft, und tagsüber ist auch so viel los.«
    »Habt ihr noch niemanden gefunden?«
    »Der eine, der sich beworben hat, will jetzt doch nicht. Heute hat Chris von einer Frau gehört, die vielleicht interessiert ist … War zwei Jahre in Neuseeland und meint, es könnte ihr hier gefallen, aber sie möchte es erst ausprobieren. Mehr weiß ich noch nicht. Wir können nur beten.«
    »Ich dachte, alle wollten Hausarzt werden.«
    »Ach, das war mal so. Die Zeiten haben sich geändert.«
    »Ich geh hoch … Wenn sie mich aufs Revier rufen, werde ich versuchen, keinen Lärm zu machen.«
    »Das machst du doch nie. Außerdem bin ich daran gewöhnt, dass Chris aufsteht und Sam mit seinen Alpträumen in unser Bett kommt. Er hat den Kopf voll mit David Angus. Ich werde nicht gut damit fertig, Si … Ich belüge ihn, und er weiß, dass ich lüge. Sie reden in der Schule darüber, Chris sagt, Sam wirft sich ins Auto und verriegelt die Tür. Er wollte gestern nicht mit den Simpkins fahren, Chris musste ihn selbst hinbringen.«
    Simon trat zu ihr und nahm sie in die Arme.
    »Ich kann nicht aufhören, an den kleinen Jungen zu denken.«
    »Ich weiß.«
    »Wie wirst du damit fertig?«
    »Cat, du behandelst Kinder, die an Krebs sterben, hast junge Patienten, die bei dämlichen Unfällen umkommen, und Babys mit Meningitis. Geh genauso damit um.«
    »Das hier ist schlimmer.«
    »Vielleicht.« Simon ging zur Tür, fuhr sich über sein blondes Haar mit einer Geste, die Cat so gut kannte. Er tat das, wenn er erschöpft war oder überbesorgt, aufgewühlt durch seine Arbeit oder durch etwas in ihm selbst, über das er nicht sprechen wollte.
    Sie schaltete das Küchenlicht aus. Auf dem Sofa streckte der Kater Mephisto eine Pfote aus, knetete die Luft mit seinen Krallen und rollte sich wieder zum Schlafen zusammen.

[home]
    20
    D er Papagei, den Shirley Sapcotes Großtante ihr vererbt hatte, war Churchill genannt worden, aber Shirley hatte ihn gleich am Tag seiner Ankunft in Elvis umgetauft. Sie hatte ihm beizubringen versucht, »Blue Suede Shoes« statt »Never Surrender« zu sagen, hatte ihn damit aber so sehr verwirrt, dass er jetzt fast immer stumm blieb, nur gelegentlich einen Zug nachahmte, der durch einen Tunnel fuhr. Er saß in seinem Käfig auf dem kleinen Tisch unter dem Fenster, starrte sie unheilverkündend an, sein schmollendes Schweigen schlimmer als seine Stimme.
    Der Bungalow war einer von sechs in einer einzelnen Reihe roter Backsteinhäuschen hinter der Ivy Lodge. Shirley hatte ihr Glück kaum fassen können, als die Arbeit, die ihr so gut gefiel, ihr auch noch eine neue, saubere, behagliche Unterkunft bot, nach all den Jahren in muffigen möblierten Zimmern und billigen Miniapartments in schlecht umgebauten Häusern am Kanal. Die Bungalows waren auf einem Stück Land hinter dem Pflegeheim errichtet worden, wo einst unbewohnbar gewordene Fertighäuser für Ausgebombte gestanden hatten, und hatten sich als Segen für die Heimbetreiber erwiesen, Angestellte zu finden und zu halten. Doch nicht viele blieben so lange wie Shirley. Sie hatte nicht vor auszuziehen, bis sie in Rente ging, und vielleicht selbst dann noch nicht …
    Hinter den Bungalows standen Bäume. Shirley konnte vom Bett aus die Eichhörnchen beobachten, die die Stämme hinauf- und herunterrannten und von einem zum anderen sprangen wie Zirkusartisten, und nachts konnte sie den Eulen lauschen.
    Sie hatte den Papagei nicht gewollt, aber da ihre Großtante ihr auch zweitausend Pfund und ein Crown-Derby-Teeservice hinterlassen hatte, hätte ihr Gewissen es

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