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Des Abends eisige Stille

Des Abends eisige Stille

Titel: Des Abends eisige Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hill
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nicht, aber dann würde ich es ein bisschen mögen.
    Wenn Sie mir Ihren Namen sagen.
    Di Roncos Vater war ein berühmter Popstar. Er war in einer weltberühmten Rockband.
    Er ist ein Ass.
    Di Roncos Vater.
    Er bringt uns zum Lachen.
    Einmal haben wir uns vor Lachen in die Hose gemacht.
    Mir gefällt es hier wirklich nicht.
    Aber sie werden kommen. Ich glaube, ich kann sie sogar schon hören. Ich höre, dass ein Auto kommt.
    Haben Sie das Auto gehört?

[home]
    18
    I ch glaube«, sagte Marilyn Angus und nahm ihre Brille ab, »dass ich verrückt werde. Ich glaube, wenn das noch fünf Minuten weitergeht, werde ich verrückt.«
    Sie hatten versucht, ganz normale Dinge zu tun. Alles sollte so normal wie möglich laufen, und wenn auch nur um Lucys willen, wobei an Lucy absolut nichts Normales war; sie wollte so dicht wie möglich neben ihrem Vater oder ihrer Mutter sitzen, während sie das gleichzeitig zu verbergen suchte, und sie kaute ihre Fingernägel, die sie mit so viel Mühe hatte wachsen lassen, bis auf die Nagelhaut ab.
    Sie hatten versucht, Abendessen zu kochen und es zu essen, und das meiste davon lag, kalt geworden, im Mülleimer. Sie hatten versucht, E-Mails zu beantworten, Fernsehen zu schauen und Uno und Scrabble zu spielen.
    »Wozu machen wir das? Das machen wir sonst nie. Nur an Weihnachten.« Lucy war aufgestanden und weggegangen, hatte die Worte erstarrt mitten im Spiel auf dem Brett liegenlassen.
    Sie hatten den Fernseher angeschaltet und das schreckliche, aufgezeichnete Lachen wie dämonisches Gackern in den Ohren gehabt und den Apparat wieder ausgeschaltet.
    Sie hatten Gin und Wein und Tee eingeschenkt, die Gläser standen noch voll herum. Nur die Teetassen waren geleert worden, immer und immer wieder.
    »Ich nehme ein Bad«, verkündete Marilyn Angus. »Ruft mich, wenn …«
    Lucy rutschte von ihrem Stuhl, als ihre Mutter das Zimmer verließ, und schlich hinter ihr die Treppe hinauf. Marilyn Angus ging ins Badezimmer, schloss und verriegelte aus Gewohnheit die Tür hinter sich. Lucy setzte sich draußen auf den Boden, legte den Arm an die Türfüllung.
    Der Dampf stieg auf, roch nach Freesien. Marilyn wünschte, sie hätte keinen Badezusatz ins Wasser getan. Es schien ihr nicht richtig. Ihr Badewasser sollte pur sein, nach nichts duften, sollte bußfertig sein. Sie ließ kaltes Wasser nachlaufen, damit es nicht so heiß war, nicht so luxuriös und genussvoll wirkte. Sie durfte nichts genießen, bis …
    Was mit David passierte, wo David sein konnte, wer bei ihm war, was zu ihm gesagt und ihm angetan wurde, war da, kam aus den Startgattern und raste auf der Rennbahn in ihrem Kopf herum, immer und immer wieder. Sein Gesicht war vor ihr, und manchmal sah sie Teile seines Körpers, seine dünnen, zerbrechlich wirkenden Handgelenke, seine Zehen, sein Ohr mit der kleinen Blumenkohlkrause obendrauf. Beim Gedanken, dass Teile seines Körpers verletzt oder geschändet, ja auch nur berührt, auch nur betrachtet wurden von jemandem, der ihm etwas antun wollte, wurde ihr übel, und sie musste sich rasch über das Waschbecken beugen, aber es kam nichts heraus, obwohl sie hineinstarrte und schwarze Galle zu sehen erwartete, wirbelnd im laufenden Wasser, die Galle, mit der ihr Magen angefüllt war.
    Nichts zu wissen. War es wahr, dass Nichtwissen das Schlimmste dabei war? Sie musste jemanden fragen, der so etwas durchgemacht hatte. Die Namen dieser Menschen, bekannt aus den Zeitungen, dem Fernsehen und dem Radio, hallten in ihrem Kopf wider. Sie musste mit einem von ihnen sprechen, irgendeinem, um zu fragen, ob das Nichtwissen das Schlimmste war, oder ob, wenn Dinge bekannt wurden, diese Dinge der größte Horror von allem waren und das Nichtwissen gar nichts gewesen war, ein im Vergleich besänftigender, gelassener, paradiesischer Zustand.
    Sie würde Kate fragen, die Polizistin, die ihnen zugeteilt worden war und jetzt tatsächlich mit ihnen lebte, obwohl Marilyn es vorgezogen hätte, sie nicht um sich zu haben. Kate war ihr weder sympathisch noch unsympathisch, sie wollte oder brauchte sie einfach nicht und sah die Notwendigkeit für ihre permanente, aufdringliche Anwesenheit nicht ein. Sie würde Kate fragen. Kate konnte ihr Adressen, Telefonnummern besorgen, nicht wahr, auf dem Revier würde es Computer geben, die mit anderen Computern kommunizierten und die Telefonnummern jener Leute, mit denen sie sprechen musste, durch den Äther schicken konnten.
    Es spielte keine große Rolle, welches Elternteil oder

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