Des Abends eisige Stille
eines Fernsehers durch.
»Was, zum Teufel, ist das denn?«
Geoff knipste seine Taschenlampe an. Der Vorgarten war nicht mit Blumen geschmückt, nicht mit alten Fahrrädern oder Kinderwagen vollgepackt, sondern mit Radkappen … mehreren Dutzend Radkappen, die sorgfältig am Zaun und an der Mauer lehnten, als wäre es eine Ausstellung.
»Scheint sie zu züchten«, sagte Geoff.
Die Türklingel spielte »Auld Lang Syne«.
»Brent Parker? Ich bin DS Nathan Coates, das ist DC Geoff Price.«
»Habt euch ja Zeit gelassen.«
Wieder war es der Geruch, aber einer, den er noch nie zuvor gerochen hatte und der ihn erstickte. Nathan stand an der Tür des kleinen, heißen, muffigen Wohnzimmers und versuchte den Geruch zu lokalisieren, ihn einzuordnen. Ein elektrischer Ofen mit drei Heizschlangen lief auf vollen Touren, der Fernseher dröhnte, und an der Wand stand ein gewaltiges, neonfarbenes Terrarium.
Und der Geruch.
»Würde es Ihnen was ausmachen, den auszustellen, Sir?«
Parker schlenderte zum Fernseher.
Er war ein großer Mann, beleibt, mit dickem Kopf, einem schwarzen Pferdeschwanz, Händen so groß wie Teller, Fingern wie ein Bananenbüschel. Nathan schaute ihm ins Gesicht. Die Augen waren klein, hinter tiefen Lidern und Fleischfalten verborgen, und die Haut darunter war weich und schwabbelig.
»Ich wär schon fast selber gekommen. Um es hinter mich zu bringen.«
»Aufs Revier?«
Parker setzte sich, machte aber keine Anstalten, sie auch dazu aufzufordern.
»Na ja, ihr wärt doch sowieso hier aufgetaucht.«
»Wären wir?«
»Klar. Ein Kind wird vermisst. Ich nehm an, ihr habt ihn noch nicht gefunden?«
»Warum haben Sie erwartet, dass wir zu Ihnen kommen?«
»Verarsch mich nicht, Junge, ich bin genug verarscht worden. Ein Kind wird vermisst, ich bin aktenkundig wegen Kindern. Ist doch klar.«
»Wo waren Sie am Dienstagmorgen, Mr. Parker, so gegen acht?«
»Im Bett.«
»Allein?«
»Wer will mich denn schon?«
»Sonst noch jemand im Haus?«
»Nur Tyson.«
»Ihr Hund.«
»Nee.«
»Verarschen
Sie
mich nicht, Mr. Parker. Das kann ich nicht leiden.«
»Ich weiß, wer du bist. Dinky Coates’ Junge … Warst ein richtiger Rotzbengel.«
»War sonst noch jemand hier, der bezeugen kann, dass Sie um die fragliche Zeit am Dienstag im Bett waren?«
»Frag Tyson.«
Nathans Blick folgte dem Wurstfinger des Mannes. Auf der anderen Seite des Zimmers, auf einer glänzenden Anrichte, stand ein weiteres Terrarium, aus dem ein seltsamer Lichtschimmer kam.
Der Geruch.
Geoff Price ging hin und blickte hinein.
»Haben Sie eine Genehmigung für diesen Python?«
»Brauch keine Genehmigung.«
»Glauben Sie, Sie tun ihm einen Gefallen, wenn Sie ihn in diesen Glaskasten sperren?«
»Soll ich ihn rausholen und rumkriechen lassen?«
»Haben Sie ein Auto?«
»Ab und zu.«
»Ich nehme nicht an, dass Sie einen Jaguar XKV fahren?«
Parker schnaubte vor Lachen, wobei Spucke aus seinem Mund in Nathans Richtung sprühte. »Klar doch, was sonst.«
»Haben Sie diesen Jungen je gesehen?«
»Lass stecken, ich kenn das Plakat, ich weiß, wie er aussieht.«
»Haben Sie ihn gesehen?«
»Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Kann ihm täglich auf der Straße begegnet sein. Genau wie ihr.«
»Hören Sie …«
»Nein,
du
hörst gefälligst zu, Coates. Du hörst zu. Ich weiß, was ich getan habe, und ich hab dafür gesessen und eine Therapie gemacht, und ich bin wieder draußen, es ist vorbei, ich bin sauber, nur euer blöder Verein kann’s einfach nicht vergessen … Ich weiß, wo ich bin, ich steh auf eurer verdammten Liste, und da werd ich bleiben, bis ich im Verbrennungsofen vom Parkside-Krematorium brutzle, aber ich hab den Jungen nicht gesehen, ich hab ihn nicht mitgenommen, das hatte ich schon und hab’s nicht noch mal vor, hab nicht vor, auch nur in die Nähe von so einem dämlichen Kind zu kommen, nie wieder. Wenn’s dich interessiert, ich bin bei einer Ehevermittlung, such mir eine Frau, die für Tyson und mich sorgt, euch das Maul stopft. Los, verschwindet. Haut ab, bevor ich den Deckel von seinem Terrarium nehme.«
Parker stand im Flur mit dem Rücken zur offenen Küchentür. Durch einen Spalt erblickte Nathan ein weiteres Terrarium auf dem Kühlschrank, das rot glühte. Parker selbst roch auch, ein ekliger Geruch stieg ihnen in die Nase, als sie auf dem Weg hinaus dicht an ihm vorbeimussten. Er packte Nathan kurz am Ärmel.
»Hast wohl nicht sorgfältig genug in den Unterlagen nachgeschaut, was, du
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