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Des Abends eisige Stille

Des Abends eisige Stille

Titel: Des Abends eisige Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hill
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haben … und mehr. Was er da vorhatte, war nicht legal, aber in welchem Ausmaß, konnte er nicht sagen. Doch es war die Tatsache, dass er wieder eine Arbeit hatte, nachts unterwegs war und sich mit den anderen gegen die schlafende Welt stellte, was diesen Nervenkitzel auslöste. Es fiel ihm schwer, sich das einzugestehen.
    Hier und dort brannte Licht in einem Schlafzimmerfenster. Ein Minicab fuhr an ihm vorbei, und er drückte sich instinktiv in die Büsche. Auf dem Ödland bei den Schienen sah er einen Fuchs, der vor ihm davonhuschte, die Rute gesenkt, die Augen schimmernd. Andy mochte den Geruch der Nacht.
    Die Apprentice Road war weiter entfernt, als er in Erinnerung hatte. Er erreichte sie erst zwanzig vor drei. Jetzt ging er langsamer, hielt sich dicht an die Hecken. Niemand zu sehen. Keine Lichter. Keine Autos.
    Es war eine lange Straße mit edwardianischen Häusern, größtenteils in Wohnungen umgewandelt, und dazwischengequetscht ein oder zwei Doppelhäuser aus den Sechzigerjahren. Dann sah er den Wagen, fast am Ende der Straße. Ein Jaguar, außerhalb des Lichts der Straßenlaternen geparkt. Nur das Auto. Kein Mensch.
    Andy näherte sich vorsichtig. Blieb stehen. Wartete. Strich mit dem Finger über das Handy in seiner Tasche.
    Er stand vielleicht vier Minuten da, fast ohne zu atmen. Nichts. Niemand. Er ging zum Jaguar. Der Wagen war leer, aber auf dem Fahrersitz lag eine Straßenkarte. Vorsichtig berührte Andy den Türgriff, bereit wegzurennen, falls der Alarm losgehen sollte, doch nichts geschah. Die Tür war unverschlossen.
    Er beugte sich ins Auto und schob die Karte zur Seite. Darunter lagen die Schlüssel. Als er sie nehmen wollte, summte sein Handy, erschreckte ihn, klang laut wie eine Sirene in der schlafenden Straße. Er zog es heraus. Das Display leuchtete seltsam grün.
    Flugpl. 4 Meil n. Dunstn, Hangar 5.
    Andy sah sich um. Kein Licht, kein Geräusch, aber jemand war da draußen, jemand hatte genau gewusst, wann er in den Jaguar stieg. Er spürte, wie sich Schweiß um seinen Kragen bildete.
    Er wartete. Nichts. Keine weitere Nachricht.
    Er kannte den Flugplatz. Als Kinder hatten sie da herumgelungert. Er hatte geglaubt, dort sei längst alles bebaut.
    Er setzte sich zurecht und stellte den Sitz ein. Im Auto roch es wunderbar, nach kaltem Leder. Als er den Schlüssel ins Zündschloss steckte, leuchtete das Armaturenbrett in einem tiefen, beruhigenden Blau auf. Der Schalthebel war mit Leder bezogen und kurz, passte genau in Andys Handfläche. Er ließ den Motor an. Seit fünf Jahren hatte er kein Auto gefahren, aber es kam ihm wie fünf Minuten vor, und das Schnurren des Motors erregte ihn. Ein Jaguar war etwas Besonderes. Das Innere war makellos. Das Auto war erst dreitausend Meilen gefahren. Er löste die Handbremse und fuhr langsam und leise, ohne die Scheinwerfer einzuschalten, zum Ende der Straße. Wunderbar.
    Die Hauptstraße lag verlassen da. Andy machte die Scheinwerfer an und schloss den Sicherheitsgurt. Drei Meilen, dann auf die Umgehungsstraße, die zweite links und weiter auf der gewundenen Landstraße zum Flugplatz. Sein Herz klopfte. Er gab Gas, und der Jaguar schoss vorwärts.
    Auf der Hauptstraße begegnete er ein paar Lastern, aber die Umgehungsstraße war leer, und nachdem er abgebogen war, sah er nur noch eine Eule und ein Stück weiter ein Kaninchen in seinem Scheinwerferlicht auftauchen. Dann hatte er die mit Schlaglöchern übersäte Fahrspur zum Flugplatz erreicht. Hier schien sich nicht viel verändert zu haben. Er verlangsamte das Tempo. Nichts. Keine Fahrzeuge, kein Licht, niemand.
    Am entfernten Ende standen immer noch die Wellblechhütten mit den gewölbten Dächern. Andy fuhr langsam daran vorbei, wendete und fuhr zurück über das offene Gelände; dabei surrte wieder sein Handy. Dämliches Ding, wie ein körperloser Wächter.
    Er hielt an und nahm das Handy vom Beifahrersitz.
    Leg Autoschl untr Karte
    Er fuhr neben den zweiten Hangar, Nummer 5, machte die Scheinwerfer und den Motor aus und wartete. Wartete eine Viertelstunde lang. Niemand kam. Alles war dunkel und still. Er stieg aus und hielt die Tür des Jaguars auf. Er sollte das Auto also hier stehenlassen. Und dann? Zu Fuß nach Hause gehen?
    Ja, zu Fuß.
    Verdammte Scheiße.
    Er schob die Schlüssel unter die Straßenkarte, knallte die Tür zu und marschierte in die Dunkelheit. Zum Teufel, er dachte nicht daran, das noch einmal für Lee Carter oder sonst wen zu tun. Er würde sich ja die Sohlen

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