Des Abends eisige Stille
Handtasche und verließ das Zimmer. Sie sprach nicht mit Simon, weder dort noch an der Tür, lief die Treppe hinunter, ohne sich umzuschauen. Nach einem Augenblick hörte er das Anlassen eines Autos, das weit unten auf dem Kies wendete und davonschoss.
Das Zimmer kam wieder zur Ruhe, als sei Staub aufgewirbelt worden und fiele jetzt leise herunter, um sich unsichtbar auf die Sessel zu legen, auf denen sie gesessen hatten, das Tablett mit dem Kaffeegeschirr, das Bild, das sie betrachtet hatte.
Simon schloss die Augen. Er roch ihr Parfüm, wusste aber nicht, was es war. Er hatte ihr nie etwas so Persönliches geschenkt, ihr nur Blumen oder eine Flasche Wein mitgebracht.
Erleichterung wärmte ihn. Er ging zum Schrank und goss sich einen zweiten Whisky ein. Sein Essen würde inzwischen ungenießbar sein, und er hatte sonst nichts in der Wohnung. Aber der Appetit war ihm ohnehin vergangen.
[home]
32
W er, zum Teufel, schickt dir denn ein Päckchen?« Michelle warf ihm die braune Schachtel zu, als er in die Küche kam.
Andy fing sie auf und drehte sie zweimal um. Sein Name stand gedruckt auf dem Aufkleber, mit der richtigen Adresse. » CIM communications.com« lautete der Absender.
»Ich hoff nur, da ist keine verdammte Bombe drin.«
»Red doch keinen Quatsch.«
»Und was ist es dann?«
»Woher soll ich das wissen?«
»Hast du was erwartet?«
Hatte er nicht. Michelle beobachtete ihn genau. »Mach’s auf.«
»Ich wollte gerade gehen.«
Aus dem Vorderzimmer dröhnte die Schlussmelodie von
Coronation Street
.
»Ich kann das Geleier nicht ausstehen … waaw, waaw, waaw …« Michelle lief aus der Küche. Drei Sekunden später hatte sich die Melodie in Schüsse verwandelt.
Andy nahm die braune Schachtel und verließ rasch das Haus, bevor sie ihm nachkommen und verlangen konnte, mehr zu erfahren.
Der einzige Ort, wohin er das Ding mitnehmen konnte, war das Ox, und das war voller Menschen für ein Darts-Finale, aber Andy fand einen Platz an der Klotür, holte sich ein kleines Bier und musterte das Päckchen und die Leute um sich herum. Doch diejenigen, die nicht um die Dartscheibe standen, saßen vor dem Fernseher und schauten zu, wie Chelsea ein Tor gegen Arsenal schoss.
Mit der Spitze seines Haustürschlüssels riss er das Päckchen auf. Zwischen dem Verpackungsmaterial lag ein neues Handy. Vorsichtig nahm er es heraus und wog es in der Hand. Es war sehr klein und sehr leicht. Silberfarben. »Cool«, hätte sein Neffe gesagt.
Andy wusste, woher es kam, und es fühlte sich in seiner Hand an wie eine tickende Bombe.
Langsam trank er sein Bier. Die Schachtel enthielt ein Ladegerät, eine Bedienungsanleitung und einen Garantieschein. Sonst nichts.
Von den Zuschauern des Dartspiels hallte ein Begeisterungsschrei herüber.
Er wagte nicht, an der Tastatur herumzufummeln oder herauszufinden, wie das Handy funktionierte. Er wollte es nicht haben. Es anzunehmen, bedeutete eine Verpflichtung gegenüber Lee Carter und seinem Job, und von Tag zu Tag wuchsen Andys Bedenken.
Er dachte ans Gefängnis. Allmählich verstand er, warum ehemalige Insassen versuchten, wieder in den Bau zu kommen. Nicht, dass er das tun würde, niemals. Aber die Welt war schwierig. Die Freiheit war schwierig. Nichts war so, wie er es erwartet hatte, alles war, nachdem sich der Reiz, draußen zu sein, abgenützt hatte, entweder ein Schock oder eine Enttäuschung. Er fühlte sich ziellos und war frustriert. Er wollte, dass etwas weiterging … das Leben, vermutlich. War das hier das Leben? In der Dulcie-Siedlung rumzuhängen, Stunden damit zu verbringen, sich in Kneipen wie dieser an einem kleinen Bier festzuhalten, auf engstem Raum mit seinem Neffen zu schlafen, dessen Turnschuhe stanken?
Er packte das Handy wieder ein, trank das Bier aus und schaute hinüber zur Dartscheibe. Langweilig. Andy hatte das alles im Gefängnis gespielt. Darts, Tischtennis, Poolbillard … Und Darts verdiente den Preis für das Allerlangweiligste von allem.
Die Pfeile flogen und trafen die richtigen Segmente der Korkscheibe, zack, zack, zack. Ein weiterer Jubelschrei.
Andy ging hinaus in den Nieselregen, das Päckchen in seiner Innentasche verstaut.
Zwei Tage lang geschah nichts. Als er eine Stunde lang allein im Haus gewesen war, hatte er die Bedienungsanleitung durchgelesen und das Handy aufgeladen, versteckt unter seinem Feldbett. Dort würde es niemand finden. Michelle schien hier oben nie sauberzumachen, bezog nur die Betten von Zeit zu Zeit neu und
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