Des Abends eisige Stille
nachzuprüfen.«
»Ist das nicht bereits geschehen?«
»Nur in Lafferton und Bevham … Vielleicht könnten wir es landesweit machen?«
»Gibt zu viele. Damit können Sie heute nicht mehr anfangen.«
»Okay, Chef.«
»Ich fahr morgen früh gleich ins Krankenhaus, dann zu Mrs. Angus. Machen Sie Schluss für heute, Nathan.«
»Okay. Chef, es ist wirklich gut angekommen, dass der Chief Constable da war, alle haben gesagt, volle Punktzahl.«
Simon lächelte. »Ich werde es weitergeben. Gute Nacht, Nathan.«
»Für Sie auch, Chef.«
Sie aßen den Lammauflauf und öffneten eine zweite Flasche Rotwein, redeten aber kaum. Todesfälle und ein beinahe gelungener Selbstmordversuch hingen über ihnen.
Cat ging vor zehn ins Bett, mit dem schlafenden Baby auf dem Arm.
Chris hielt die Flasche hoch.
»Nein danke.«
»Na gut. Gott, was für eine Woche. Nie war mir mehr danach, alles zusammenzupacken und zu Ivo nach Australien zu ziehen. Wir haben darüber gesprochen, weißt du, Cat und ich.«
Simon schaute seinen Schwager an, versuchte einzuschätzen, ob er es auch nur halb ernst meinte. Simon würde das niemals ertragen können. Wie sollte er dann hierbleiben, mit seinen alternden Eltern, seinem immer mürrischer und übellauniger werdenden Vater und allen, die er liebte, entweder tot oder Tausende von Meilen entfernt? Er hatte Ivo einmal in Melbourne besucht und es dort schrecklich gefunden – der einzige Mensch, hatte sein Bruder amüsiert gesagt, dem es je so gegangen war. Es den anderen nachzutun, wäre für ihn also keine Option. Sein Leben, so sorgfältig entworfen und genau so, wie er es liebte, schien plötzlich in Gefahr, über ihm zusammenzubrechen.
David
H
ier ist es am schlimmsten.
Ich bin wirklich, wirklich hungrig.
Und ich bin auch wirklich durstig.
Mein Arm tut weh.
Warum musste ich es sein?
Es ist kalt.
Ich zittere am ganzen Körper.
Ich möchte nur …
Nein, nicht …
Bitte …
Nicht …
Bit …
Ma …
[home]
36
I ch kann das nicht«, sagte Marilyn Angus. »Auf die schlimmste aller Nachrichten warten, ständig warten, und es kommt keine Nachricht. Ich kann das nicht, aber ich
tue
es. Was ist bloß los mit dir?«
Ihre Stimme war nur ein Flüstern. Sie saß neben Alans Bett, zwischen den piepsenden Apparaten, und hasste ihn. Was mit David passiert war, hatte sie beide auseinandergerissen, während alle erwarteten, es würde sie einander viel näher bringen; Marilyn hätte das vorher auch erwartet. Stattdessen hatte es ihr einen Ehemann enthüllt, den sie nicht kannte oder kennen wollte – einen, der in ihren Augen ein Feigling war. Jeden Morgen noch vor sieben zur Arbeit zu verschwinden und bis spät in die Nacht im Krankenhaus zu bleiben, die Fälle anderer zu übernehmen, seine Dienstbereitschaft rund um die Uhr – sie fühlte sich von ihm nicht nur im Stich gelassen, sondern betrachtete es als Feigheit. Das hier war ebenfalls Feigheit. Seine Handgelenke waren bandagiert, an seinem Arm hing ein Tropf, die Monitore überwachten jede Funktion seines Körpers, und sie verabscheute ihn. Das war das beängstigendste Gefühl ihres Lebens. Sie kannte diesen Mann nicht, ihren Ehemann, Lucys Vater. Davids Vater.
Sein Kopf war von ihr abgewandt. Er hatte nicht mit ihr gesprochen, seit sie mit der Polizistin hergekommen war. Kate kümmert sich mehr um mich als du, dachte sie, starrte auf sein bandagiertes Handgelenk.
»Ich weiß nicht, wie ich mit dir reden soll«, sagte Marilyn. »Ich weiß nicht mehr, was in deinem Kopf vorgeht. Ich verstehe nicht, wie du das tun konntest.«
»Nein«, erwiderte er so leise, dass sie ihn kaum hören konnte.
»Wenn David heute nach Hause gebracht worden wäre, wenn …«
»David ist tot.«
Die Worte kamen aus seinem Mund und hingen in der Luft, schwer und voll schwarzer Galle. Sie ängstigten sie. Wenn sie die Hand ausgestreckt hätte, dann hätte sie die Worte berühren können, und sie wären in ihren Körper eingedrungen, in ihren Blutkreislauf und ihren Glauben. Sie öffnete den Mund, fand aber keine Worte, weder giftige noch gläubige.
»Ich habe operiert. Habe auf den Monitor geschaut und gesehen, wie sich die Sonde im Gehirn des Patienten bewegte, und da wusste ich es einfach. Frag mich nicht, warum ausgerechnet in dem Moment. Ich weiß es nicht. Ich schaute hin und sah, dass David tot war, und danach gab es keine Möglichkeit für mich weiterzuleben.«
»Ist das alles?«
Er bewegte den Kopf. Aus seinem Gesicht war alle Farbe
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