Des Abends eisige Stille
zu nah, doch sie hätte es nicht ertragen können, wenn ihr Bruder wegzog.
»So hab ich das nicht gemeint.«
»Ich weiß.«
»Aber die Sache mit Diana hat mir trotzdem einen Stich versetzt.«
»Spar dir das. Diana ist hart im Nehmen.«
»Hm.«
»Onkel Simon, was wäre das meiste, was ein Kidnapper je kriegen würde? Wie viel wäre ein neunjähriger Junge wert, wäre er Hunderte von Pfund wert, wenn er gekidnappt wird, oder Tausende von Pfund?«
Cat und ihr Bruder wechselten entsetzte Blicke, und Simon stand sofort auf, hob Sam hoch, warf ihn sich über die Schulter und wirbelte ihn herum. Sam begann zu lachen.
»Ich sag dir was, Samuel Christopher Deerborn …«
»Was? Was?«
»Ich werd dich in die Badewanne werfen …«
»Mich auch, mich auch, mich auch.« Hannah rannte herein und warf sich gegen Simons Beine. Cat blieb mit dem schlafenden Baby sitzen, während die drei die Treppe hinaufstürmten.
Er war genauso damit umgegangen, wie Chris es für gewöhnlich tat, hatte Sam abgelenkt und einen Tumult verursacht, aber sie wusste, dass das Verschwinden von David Angus ihrem Sohn Tag und Nacht nicht aus dem Kopf ging und sich nie wieder verflüchtigen würde. Das Verschwinden des Jungen hatte alles verändert. Jedes Kind, jede Mutter, jeden Vater. Alle.
Um halb neun schliefen die Kinder; Cat und Simon beschlossen zu essen.
»Deck den Tisch, Si – der Auflauf wird im Ofen warm bleiben. Ich hab Felix zweimal gestillt, seit ich das letzte Mal gegessen habe, und mir wird allmählich etwas schwummerig.«
»Machst du dir Sorgen?«
»Um Chris? Nein … er ruft nicht immer an … Es wird einen Notfall gegeben haben, um den er sich kümmern muss.«
»Anstrengend.«
Simon holte Weingläser und trug die Flasche zum Tisch.
»Für mich nicht, ich trinke Wasser. Wie haben es unsere Eltern gestern überstanden?«
»Schwer zu sagen. Waren sehr verschlossen … Vielleicht aus Trauer, aber wohl eher aus Erleichterung. Dad hat es mehr mitgenommen, als ich erwartet hätte.«
»Er hat sie oft besucht. Hat stundenlang bei ihr gesessen. Haben mir die Mädchen aus der Ivy Lodge erzählt.«
Simon goss sich ein großes Glas Rotwein ein und trank einen tiefen Schluck. »Sie war natürlich keine Bedrohung. Konnte ihn nicht stärker enttäuschen, als sie es zu Beginn getan hatte, im Gegensatz zu mir.«
»Ach, hör doch auf, Si.«
Simon zuckte die Schultern.
Sie waren beim Essen, als Chris zehn Minuten später mit grauem Gesicht hereinkam. Er trat direkt an den Tisch, goss sich ein Glas Wein ein und trank es halb aus, bevor er sagte: »Für den Rest der Nacht hab ich alle Anrufe zum ärztlichen Bereitschaftsdienst durchgestellt, ich bin völlig fertig.« Er wandte sich an Simon. »Hast du es schon gehört?«
»Was?«
»Alan Angus hat versucht sich umzubringen.«
»Großer Gott.«
»Durch irgendein Wunder kam ein Assistenzarzt in Angus’ Büro, um eine Krankenakte zu holen, als der sich gerade die Pulsadern aufschnitt. Angus wusste natürlich, wie man das macht, daher wäre ihm nicht viel Zeit geblieben. Aber das Krankenhaus meint, er wird es überleben.«
Cat schob ihren Teller weg, doch Chris füllte sein Glas erneut und ging zum Herd, um sein Essen zu holen.
»Ich rufe besser auf dem Revier an.« Simon war auf dem Weg zum Haustelefon, als sein Handy klingelte.
»Nathan? … Ich hab es gerade vor einer Minute erfahren.«
»Mike Batty ist dort, Chef … Er und ich waren vorher bei Angus gewesen. Sind noch mal alles durchgegangen. Ich hab ihm gesagt, dass er nicht verdächtigt würde, ich hab gesagt, wir würden nur noch mal alles von Anfang an durchgehen, er kann einfach nicht gedacht haben, dass wir seine Aussage in Frage stellen. Ich hab ihm überhaupt nicht zugesetzt, Chef, absolut nicht.«
»Niemand wird Ihnen die Schuld geben.«
»Hat verdammtes Glück gehabt, das sag ich Ihnen, dass ihn jemand gefunden hat, sonst ist in den Büroräumen um die Zeit keiner mehr unterwegs, normalerweise.«
»Ich weiß. Wo sind Sie?«
»Wo immer Sie mich haben wollen, Chef.«
»Gut, dann sehen Sie nach Marilyn Angus.«
»Nee, die ist im Krankenhaus, ich steh jetzt davor. Soll ich mit ihr reden?«
»Nein, in dem Fall lassen Sie sie heute Abend in Ruhe. Sie hat genug durchgemacht. Und Sie fahren nach Hause.«
»Chef, direkt bevor ich wegen Angus angerufen wurde, hab ich noch mal alles durchgesehen. Da bin ich wieder über den silbernen Jaguar gestolpert. Dachte, es könnte sich lohnen, das noch mal
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