Des Christliche Teutschen Herkules [...] Wunder-Geschichte
verführischen Bilde (so nennete er den Engel) folge leisten würde solte mit seiner Straffkeule ich Zeit meines lebens geschlagen werden. Er währe derselbe wahre Gott / welcher bisdaher den Teutschen Königen und Fürsten wieder alle ihre Feinde Schuz geleistet /und des Landes Freyheit erhalten håtte. Kaum kunte er diese Dräuungen ausreden / da ging vorgedachter Engel auff ihn loß mit einem feurigen Schwert / vor welchen er sich im geringsten nicht schützen kunte /sondern unter zitternder Furcht davon lauffen muste. Gleich hierüber erwachete ich / hörete meine Pferde wrinschen und kratzen (dann ich schlieff im Mahrstalle) empfand anfangs etwas grausen wegen des teuflischen Gespenstes / aber bald darauff eine herzliche Freude / mich auff des Engels Trostund beystand verlassend / daher ich des lieben tages mit grossem verlangen erwartete / welcher kaum hervor ragete / da ich meine Kleider anlegete und mich auff die Gassen hinaus machete / die eine ab / die andere auff ging / wie mirs vorkam / der gewissen Hoffnung / Gott würde mir den durch seinen Engel verheissenen Lehrer zuschicken; stund auch nicht lange an / daß ein alter und hagerer Mann / ehrbahres ansehens mir auffsties /welcher unter einem langen Mantel ein zimlich grosses Buch verborgen trug. Diesen grüssete ich freundlich / und fragete ihn / was vor ein Buch das währe; dann der Mantel schlug ihm ohngefehr vorne auf / dz ich dasselbe eigentlich sehen kunte. Er aber nach geschehenem Wiedergrusse antwortete mir; Lieber Sohn / wer seid ihr / uñ warumb fraget ihr darnach? Ich bin ein Leibeigener Knecht / antwortete ich / wie meine Kette ausweiset / und durch blossen ungluksfal aus Fürstlichen Stand in dienstbarkeit gerahten; habe sonst vor diesem auch meine Lehrer gehabt / und liesse mich noch gerne in allem guten / sonderlich in göttlichen Sachen unterrichten / hoffe auch schier einen solchen anzutreffen / der meinen Begierden / die nach der erkäntnis des wahren Gottes streben / ein genügen tuhn werde; massen ich dessen versichert bin /daß / wann ich nur dessen Erkäntnis haben möchte /wolte ich durch unablässiges Gebeht schon bey demselben erlangen / daß ich aus der Knechtschaft wieder in freien Stand gesetzet würde. Der alte sahe mich an als in höchster verwunderung / weiß nicht was ihm an mir gefallen möchte / und gab mir zur Antwort: Schönster ädler jungling / ich halte euch in warheit mitten unter eurer knechtischen Kette vor einen solchen / und wunsche euch des almächtigen wahren und einigen Gottes Gnade zu eurem Gottseligen vorhaben / kan auch inbetrachtung eures äusserlichen wesens /nicht gläuben / daß ihr aus Spot oder verachtung solches redet; darumb folget mir unvermerket nach /dann dieses (auff sein Buch zeigend) ist des Himmels Schlüssel / und die einige geöfnete Pforte zur heilsamen erkäntnis des wahren Gottes / der allein Gott ist; dann alle Götter der Heyden sind falsche Götzen /aber der HErr / der einige / ewige almächtige Gott hat den Himmel gemacht / und uns denselben zum ewiglichen Sitze erworben. O mein lieber Vater / antwortete ich; des Himmels Schlüssel ist mir hint diese Nacht im Gesichte verheissen / und zweifele nicht / eben ihr seid derselbe / welcher ihn mir mitteilen sol. Der Alte boht mir einen Kuß / und sagete: Lieber Sohn / nehmet von mir an den Kuß des Friedes / uñ folget mir nach / der Himmels Schlüssel sol euch mitgeteilet /und das Geheimnis der erkäntnis Gottes zur Seligekeit offenbahret werden. Ich wahr hierzu gar willig / und ließ mich von ihm in ein Hauß führen / da wir miteinander auff ein Gemach allein gingen / und er anfing mich zu unterrichten / was zur erkäntnis des wahren Gottes zu wissen und gläuben nöhtig ist; und als ich ihn fragete / woher ihm diese Wissenschaft und himlische Lehre kähme / davon ich noch nie etwas gehöret / auch in andern Buchern nichts davon gelesen hätte /sagte er: Dieses Buch / welches ihr bey mir auff der Gassen gesehen / hält diese göttliche Weißheit in sich / und ist das aller älteste Buch und dz allerheiligste auff der ganzen Welt / in welchem durchaus nichts falsches kan gefunden werden / sintemahl es nicht aus Menschlichem Gehirn entsponnen / sondern etlichen wenigen sehr heiligen Männern von Gott selbst eingeblasen ist / auff dessen Befehl sie auch haben schreiben / und diese Lehre zu unser unterrichtung und Seligkeit hinterlassen müssen / da zwar die Feinde der Warheit allen Mensch- und möglichen fleiß angewendet / wie sie
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