Des Christliche Teutschen Herkules [...] Wunder-Geschichte
einander auff dem Gange oben unter dem Dache begegneten / da das Fräulein zur Tühr hinauß / und er hinein treten wolte; Weil er nun in tieffen Gedancken ging / und nirgend auff acht hatte / stieß er sich an ihren Leib /ehe er sie sahe. Wie nun mein Herr / sagte sie darauf; gehet man in so verwickelten Gedanken? wunschete ihm hiemit einen guten Morgen / und fragete / wie er nach gestriger schwerer Arbeit geruchet håtte. Er aber schämete sich des Fehlers / hielt demütig umb Verzeihung an / mit angehängter Bitte / sie wolte doch sein LiebesLeiden beobachten / und die hochgewünschete Hülffe ihm nicht versagen / nachdem sie in der Taht spürete / daß er seiner Sinnen nicht mehr mächtig /und vor Liebe blind währe. Dieses brachte er mit so traurigen Geberden vor / daß sie ihren Trost ihm nicht versagen wolte / und ihm zur Antwort gab: Mein herzgeliebter Herr und Vertrauter; warum solte ich ihm einige gebührliche Hülffe versagen / da er deren benöhtiget währe / und solche von meiner Wenigkeit herrühren könte? angesehen er mir viel eine grössere wiederfahren lassen / als zu vergelten mir nicht möglich seyn wird. Nicht wolle er / bitte ich / ein solches Mißtrauen in mich setzen / sondern nachdem ich ihm Herz und Willen übergeben / hat er alles mein Vermögen in seiner Gewalt / und zu seiner Vergnügung /so weit eine Braut ihrem Verlobeten schuldig ist oder seyn kan / so gar / daß an meinem ergebenen Gehorsam er nicht ohn Sünde zweifeln würde. Solte aber mein höchstwerter Schaz / wie ich nicht hoffen wil /dasselbe schon an mich begehren wollen / was jungfråuliche Zucht verletzen könte / alsdañ bitte ich von grund meiner ihm untergebener Seele / er wolle seiner hohen Vernunfft die Meisterschafft über die Liebesreizungen und Begierden gönnen / und nicht ursach geben / daß man schier heut oder morgen anders als keusche Zucht von uns sagen solte. Ich bin die Eure /und sonst keines andern / es gehe mir drüber wie es wolle; aber diß gelobe ich an diesem nüchtern morgen / daß in eheliche Volstreckung ich nicht gehehlen wil / biß entweder er meiner lieben Eltern Willen erlanget / oder mich in seiner Gewarsam ausser meines Vaters Wohnung hat. Verspricht nun mein Herr / hierin einzuwilligen / und diesem zuwider mich auf nichts zu nöhtigen / so wil alsbald mit ihm ich mich an einen geheimen ort verfügen / in vertrauen zu berichten /was ich diese Nacht wunderbahrer weise erfahren /und zu Fortsetzung unsers Vorhabens ihm nicht länger verschweigen kan. Ladisla erkennete hieraus ihr ehrliebendes keusches Herz / gab der Vernunfft Raum / und verhieß ihr begehren ohn arge List einzugehen; dessen sie sehr erfrewet ward / weil sie vor Liebesgewalt sich befürchete; ging mit ihm auff ein abgelegenes Gemach / und begehrete vorerst / jhr die eheliche Träue zu schwöre / welches er willig leistete / und mit abermahliger übergabe eines sehr köstlichen Ringes bekråfftigte. Darauff taht sie ein solches hinwiederum / mit versprechen / ehe den Tod zu wählen / als einen andern Bråutigam anzunehmen. Erzählete hernach alles / was ihre Eltern mit einander auff dem Bette /und hernach die Mutter mit ihr absonderlich geredet /auch wessen sie sich erkläret hätte. Aber / sagte sie /mein vermeynter Schaz Fulvius hat sich schon eingestellet / die Eheverlöbniß / oder wol gar das Beylager zu volzihen / welches ich aber mit dieser Hand abzuwenden entschlossen bin / ich treffe dañ sein oder mein eigen Herz mit dem kalten Eisen; jedoch vor Wagniß des äussersten / müssen wir der Vernunfft gebrauchen / und werde ich anfangs meine schlechte Liebe zu ihm / und die lebhafftere zu euch / jhm durch Geberden und Worten zuerkennen geben / ob die hoffnung ihm dadurch könte abgeschnitten werden; würde er sich aber dessen über mich beschweren dürffen / wil ich eine solche Erklärung fasse / welche weder mir selbst unehrlich / noch ihm behäglich seyn sol; nur eins tuht mir leid / daß mein Herr Vater / dem ansehen nach / schon zimlich weit mit ihm muß eingestiegen seyn / und ich daher gezwungen werde / in diesem stük mich seinem gehorsam zu entbrechen /welches ohn sonderliche beleidigung zu tuhn / ich noch gute hofnung habe; zum wenigsten muß sein angelegtes Beylager noch auf etliche Wochen verschoben werde / da wir dann inzwischen unser bestes in acht zu nehmen unvergessen seyn wollen. Ladisla erschrak der Zeitung von herzen / und fürchtete nichts so sehr / als von der eile überfallen zu werden: dem übrigen meynete
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