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Des Drachens grauer Atem

Des Drachens grauer Atem

Titel: Des Drachens grauer Atem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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Frauen auf dem gerodeten Feld bereits bei der Aussaat waren. In einer Reihe standen sie dort und legten die Samen in die Erde. Einige von ihnen hatten ihre Säuglinge in Tragetüchern auf den gebeugten Rücken. Die Kinder waren daran gewöhnt, auf diese Weise tagsüber getragen zu werden; sie schliefen meist. Wachte eines auf und weinte, dann hockte sich die Mutter auf den Boden und stillte es.
    Lo Wen arbeitete mit einer Kreuzhacke am letzten Abschnitt des Wassergrabens. Als er Wilkers entdeckte, setzte er die Hacke ab und verschnaufte. Er blickte auf den Arm des Professors. „Na, es scheint alles gut zu werden, wie?"
    „Wenn ich noch ein paar Wochen bleibe, kann ich ein bisschen mitarbeiten." Wilkers staunte darüber, dass die Höhenluft ihm offenbar gut bekam, denn er verspürte selbst nach solchen Anstiegen wie jetzt keine Atembeschwerden.
    Lo Wen deutete auf den bereits fertigen Teil des Grabens und meinte: „Sieht gut aus, nicht wahr? Wir haben Glück, es gibt auf der Strecke, die Sinhkat ausgesucht hat, nicht sehr viel Geröll."
    In der Tat ließ sich der Graben hier leichter anlegen als an einigen anderen Stellen, wo Felspartien mit Rinnen überbrückt werden mussten, die aus halbierten Bambusstangen gefertigt worden waren. Wilkers wollte noch etwas darüber sagen, das es ein Glück war, während der trockenen Jahreszeit Wasser; den Quellen ableiten zu können, doch er kam nicht dazu, denn in diesem Augenblick peitschte westlich des neuen Feldes am Rand der Felsen eine Salve MPi- Schüsse auf.
    Die Dorfbewohner, die am Wassergraben arbeiteten, ließen erschrocken ihre Werkzeuge fallen und warfen sich auf die Erde. Die Frauen auf dem Feld folgten ihrem Beispiel. Niemand wusste, was er machen sollte. Noch nie hatten die in der Gegend umherstreifenden Banditen auf Dorfbewohner geschossen.
    Vom Anfangsstück des Wassergrabens war Muchathien vorsichtig auf die Felsen zu gekrochen, von wo die Schüsse gekommen waren. Sinhkat folgte ihm. Der ehemalige Soldat hatte nicht nur die Schüsse gehört, er hatte auch, als er herumfuhr, eine Bewegung am Rande der Felsen erspäht. Jetzt aber blieb dort alles ruhig. Langsam erhob sich Muchathien, bis er sehen konnte, dass unmittelbar vor den Felsen, die wie eine schräge Wand aufstiegen mit wenigen Durchgängen und dunklen Schluchten, ein Mensch lag. Muchathien blickte lange hinüber, aber nichts rührte sich. Vielmehr stellte er fest, dass dieser bewegungslose Mann seine Waffe weggeworfen hatte, die Maschinenpistole lag einige Meter von ihm entfernt im Gras.
    Geduckt schlich Muchathien näher, immer auf der Hut, dass der Fremde sich plötzlich aufrichten und auf ihn schießen konnte. Aber je näher er der regungslosen Gestalt kam, desto besser erkannte er, dass ihm von diesem Mann keine Gefahr mehr drohte. Er stand auf und winkte Sinhkat. Auch Wilkers sah das Zeichen und lief über das neu angelegte Feld zu Sinhkat und Muchathien. Der Tote trug eine der bei den Schan-Banditen üblichen amerikanischen Dschungeluniformen. Die Jacke war mit verkrustetem Blut bedeckt. Muchathien drehte ihn auf den Rücken. „Das ist Nautung!"
    Er musste von Westen her gekommen sein, durch die Felsenschluchten, und musste die Leute gesehen haben, die am Wassergraben arbeiteten. Er hatte wohl nicht mehr die Kraft gehabt, sich anders bemerkbar zu machen als durch eine Serie Schüsse. Danach war er gestorben. Wilkers öffnete seine Uniformjacke und sah, dass er zwei Schusswunden in der Brust hatte, die nur notdürftig verbunden waren. Er vermutete, dass die Lunge getroffen war. Wie mochte der Mann es bis hierher geschafft haben? Wilkers erinnerte sich jetzt an das Gesicht. Es war der Mann, zu dem ihn Lo Wen geführt hatte, als die Banditen den Sprengstoff holten, den die DC-3 gebracht hatte.
    Lo Wen war näher getreten. „Ist er tot?"
    Wilkers richtete sich auf und nickte.
    „Dann haben die Ranguner Truppen seine Bande zersprengt", meinte Lo Wen. „Es scheint, der Sprengstoff von Mister Warren hat auch nicht mehr geholfen."
    Sinhkat vermutete, der Mann habe sich nach einem Gefecht verletzt davonmachen können und sei in Richtung Muong Nan geflohen, vielleicht um hier Unterschlupf zu suchen.
    „Zu spät", sagte Wilkers.
    Muchathien zuckte die Schultern und stellte ungerührt fest: „Einer weniger." Er durchsuchte die Taschen der Uniform des Toten, aber er fand nur ein paar Kleinigkeiten, nichts, was über die letzten Tage seines Lebens Aufschluss geben konnte. Im Magazin der Maschinenpistole

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